Fundamentale Nachricht
15:28 Uhr, 06.05.2014

OECD und Bruegel fordern Zinssenkung von der EZB

Die OECD fordert von der EZB eine Zinssenkung auf null und weitergehende Maßnahmen. Die Denkfabrik Bruegel hat sich für ein Anleihekaufprogramm im Volumen von 35 Mrd Euro pro Monat ausgesprochen.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat die EZB wegen der niedrigen Inflation aufgefordert, die Zinsen zu senken. "Der Europäischen Zentralbank raten wir, neue Maßnahmen zu ergreifen", sagte der stellvertretende Generalsekretär Rintaro Tamaki am Dienstag bei der Vorstellung des Wirtschaftsausblicks. Notwendig sei dies auch aufgrund der Konjunkturrisiken wegen der hohen Arbeitslosigkeit und der enormen Staatsschulden.

Die OECD schlägt vor, den Leitzins von derzeit 0,25 Prozent auf null Prozent zu senken. Gleichzeitig solle die Notenbank eine Strafzins für Einlagen erheben (negativer Einlagensatz). Diese Sätze sollen nach den Vorstellungen der OECD dann bis Ende 2015 beibehalten werden. Dies würde die Kreditzinsen der Banken verringern und das Wachstum ankurbeln, glaubt die Organisation. Sollte sich die Inflation trotzdem nicht dem Zielwert von knapp 2 Prozent annähern, seien weitere unkonventionelle Maßnahmen geboten. Denkbar wären laut OECD Geldspritzen für Banken, Ankäufe von Staats- und Unternehmensanleihen oder Programme zur Förderung der Kreditvergabe an die Realwirtschaft.

Die EZB sollte nach Meinung der OECD rasch reagieren, auch wenn die Inflationserwartungen derzeit noch fest verankert erscheinen. Die stabilen Erwartungen könnten auf der Annahme beruhen, dass Korrekturmaßnahmen ergriffen werden, so die OECD. Dies könnte sich jedoch abrupt ändern, wenn die Geldpolitik als untätig betrachtet wird.

Milliardenschwerer Ankauf von Anleihen

Die einflussreiche Denkfabrik Bruegel ist ähnlicher Meinung und empfiehlt der EZB den Kauf von Anleihen im Volumen von 35 Mrd Euro pro Monat. "Es war ein Fehler, dass die EZB nicht früher gehandelt hat“, heißt es in einem Arbeitspapier vom Dienstag, in dem auch auf den anhaltend schwachen Preisauftrieb in der Eurozone verwiesen wird. Viele geldpolitische Instrumente reichten nun nicht mehr aus, um die Inflation hinreichend zu beeinflussen, meinen die Bruegel-Ökonomen.

Den Kauf von Staatsanleihen einzelner Euroländer und den Erwerb vom Bankanleihen lehnt Bruegel ab. Stattdessen solle ein Korb aus Anleihen der Euro-Rettungsschirme ESM und EFSF sowie der EU und der Europäischen Investitionsbank (EIB) erworben werden. Dies habe den Vorteil, dass weder die Zinsdifferenzen zwischen den Euroländern verzerrt noch die private Kapitalaufnahme beeinflusst werden. Außerdem schlagen die Bruegel-Experten den Kauf von Unternehmensanleihen und Kreditverbriefungen (Asset Backed Securities, ABS) vor.

Zinsentscheid am Donnerstag

Nach den vorläufigen Berechnungen hat sich der Preisauftrieb in der Eurozone im April von 0,5 Prozent auf 0,7 Prozent beschleunigt. Dies ist allerdings auf einen Sondereffekt durch das Osterfest zurückzuführen. Zudem hat sich der EUR/USD-Kurs wieder der Marke von 1,40 US-Dollar angenähert. Für die EZB ist das Thema einer weitergehenden geldpolitischen Lockerung zur Stabilisierung der Preisentwicklung und der Inflationserwartungen daher immer noch brandaktuell. Die nächste Zinssitzung der EZB ist am Donnerstag, 8. Mai. Die Mehrheit der Marktteilnehmer rechnet aber nicht mit geldpolitischen Schritten der EZB.

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9 Kommentare

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  • student
    student

    So langsam kommen die Menschen drauf , dass nur eine unabhängige Notenbank das ersparte und ersrbeitete Vermögen am besten schützen kann.

    Die EZB murkst nach 10 Jahren nur noch herum...

    22:11 Uhr, 06.05. 2014
  • Simon Hauser
    Simon Hauser Redakteur

    Wenn die Bruegel-Experten nur noch stimmig erklären könnten, warum QE die Inflation steigert, dann wäre ja alles in Butter. Dazu steht leider in ihrem Papier nix, bzw. nur sehr Schwammiges/mittlerweile Widerlegtes. An Dinge wie "Rebalancing" und "Wealth Effect" glaubt ja nicht einmal mehr Yellen. Und die Renditen fallen am Rande bemerkt auch ohne QE, ohne Auswirkungen auf Kreditvergabe im Euroraum zu haben.

    21:58 Uhr, 06.05. 2014
  • 280a
    280a

    Falls unsere Herren Politiker die "echte Inflation" interessieren würde, brauchten sie nur mal eine Hausfrau fragen oder selber mal zum Billa einkaufen zu gehen. Aber es interessiert sie ja nicht wirklich, sie wollen nur den Systemzusammenbruch mit allen möglichen Mitteln so lange wie möglich hinauszögern, damit sie ihre schönen Ämter noch länger haben. Der Crash wird dann um so fürchterlicher sein, ich kann nur jedem raten Gold physisch zu halten. Da die Russen, Chinesen und Inder schon seit längerer Zeit Gold kaufen, vermute ich dass sie irgendwann das System der FED verlassen wollen und eine goldgedeckte Währung einführen werden. Dann "Gute Nacht" Euro und Dollar!

    20:31 Uhr, 06.05. 2014
  • Floyd K
    Floyd K

    Es scheint eine Inflation von "Wissens- Unternehmen" zu geben: Herr Hoose z.B. liebt die Wissensmanufaktur des Andreas Popp und die OSZE scheint die Denkfabrik Bruegel zu lieben. Denn passend zur OSZE- Meldung haben diese Denker sogleich einen (wie ich meine fürchterlichen) Vorschlag, nämlich ABS zu vermarkten.

    Da stellen sich sogleich die Fragen nach den Querverbindungen. Was wissen unsere kritischen Journalisten darüber? Wer finanziert Bruegel in welcher Höhe? Wer sind die Anteilseigner und Vorstände? Warum kommt die Meldung allein mit dieser einen unterstützenden Meinung und das zeitgleich? Wo bleiben die kritischen Anmerkungen der Wirtschaftsexperten, die diese Meldung unkommentiert weitergeben und in ihren Medien verbreiten? Kommt da noch was?? -ich fürchte nein! -

    Und dann wäre dies eine Meldung wie viele: Mit den mehr oder weniger geschickt eingeflochtenen und untergeschobenen "richtigen " Meinungen versucht man Stimmungsmache in eigener Sache. Armes Europa, armes Deutschland, arme Presse

    Das, lieber Herr Gansneder ist jetzt kein Angriff auf ihren Bericht, Sie geben ja nur weiter was da verzapft wird. Aber ich kann mir vorstellen, dass auch ihnen manchmal der Kamm schwillt angesichts solcher Nachrichten und der Nicht- Reaktionen? Oder liege ich in der grundsätzlichen Einschätzung falsch?

    18:37 Uhr, 06.05. 2014
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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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