Kommentar
09:00 Uhr, 04.02.2015

Notenbanken außer Rand und Band

Die Ereignisse überschlagen sich seit Anfang 2015. So langsam muss man den Eindruck bekommen, dass hier etwas komplett außer Kontrolle gerät: die Notenbanken.

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Jüngstes Beispiel ist die australische Notenbank. Diese hat heute den Leitzins auf das Rekordtief von 2,25% gesenkt. Zugegeben, von einem Rekordtief von über 2% kann man in Europa nur träumen. Dennoch hat der Schritt hohe Symbolwirkung. Australien folgt mit seiner Entscheidung anderen Notenbanken, die in den letzten Wochen ihre Zinsen gesenkt haben. Dazu gehörten unter anderem Indien, China, Kanada, Singapur, Korea, Schweiz und Dänemark.

Der australische Aktienmarkt reagiert entzückt. Der Leitindex steigt auf ein neues Hoch. Der Index bleibt noch immer unter den Allzeithochs von 2008 zurück. Es ist aber ein wohlbekannter Freudenschrei. Die Notenbank lockert ohne Not und schwups gibt es neue Kauflust. Die Zinssenkung macht es möglich, obwohl dafür wahrscheinlich keine Notwendigkeit bestand. Australien wächst nach wie vor mit einer Jahresrate von über 2%. Seit 1993 gab es kein negatives Wachstum mehr (Grafik 1).

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Das Wachstum hatte sich zuletzt etwas abgeschwächt. Das lag vor allem an geringeren Investitionen der Rohstoffunternehmen. Mit fallenden Rohstoffpreisen investieren die großen Firmen wie Rio Tinto BHP Billiton deutlich weniger. Daran wird auch die Zinssenkung von 25 Basispunkten nichts ändern. Dafür kann der Kurs der Lockerung für Vermögenspreisblasen sorgen. Es wäre nicht das erste Mal, dass in Australien eine Immobilienblase entsteht.

Darauf kommt es momentan anscheinend nicht an. Es gilt einzig und allein: Geldpolitik lockern! Ob das notwendig ist oder nicht, das ist vollkommen gleichgültig. Keine Notenbank will der Bank of Japan und der EZB hinterherhinken. Die Währungen sollen geschwächt werden. Das wiederum soll die Inflation antreiben. In Australien ist dabei auch das kein Problem. Nach Definition der EZB herrscht dort Preisstabilität. Ebenso kann die australische Notenbank tun, was sie will, sie hat keinen Einfluss auf Rohstoffpreise und die machen nun einmal einen Großteil der Inflation aus.

Australiens Wirtschaft ist stark von der Rohstoffförderung und dem Rohstoffexport abhängig. Der Aktienmarkt lief zwei Jahrzehnte lang parallel zu den Rohstoffen. Seit 2 Jahren entkoppeln sie sich. Zufall? Wohl kaum. Die Notenbankpolitik sorgt für steigende Bewertung, obwohl Unternehmen weniger investieren und weniger verdienen. Das ist eine ungesunde Divergenz und macht fundamental überhaupt keinen Sinn.

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    FOREX

Derzeit ist die Reaktion von Anlegern überall auf der Welt gleich. Jede Form der geldpolitischen Lockerung wird mit einem Kursfeuerwerk belohnt. Der fundamentale Disconnect wird ignoriert. Schwache Währungen werden der Wirtschaft schon irgendwie auf die Beine helfen... In wenigen Wirtschaften ist das so unwahr wie in Australien. Und noch eines vergessen Anleger: inzwischen lockert fast jede Notenbank der Welt. Viele Schwellenländer dürften demnächst folgen, nachdem China und Indien vorgelegt haben. In der Türkei überlegt die Zentralbank eine Sondersitzung einzulegen, um eine Zinssenkung zu beschließen, obwohl erst Ende 2014 die Zinsen zum letzten Mal nach unten angepasst wurden. Nachdem nun jeder die Zinsen senkt bis der Arzt kommt sind wir mitten im Währungskrieg. Das ist keine Zukunftsvorstellung mehr. Das ist inzwischen Realität. Nur: wenn alle abwerten wollen gewinnt keiner. Im Gegenteil. Durch unnatürliche Verzerrungen wird die Gefahr immer größer, dass viele verlieren, indem sie Preisblasen riskieren. So langsam gerät das außer Kontrolle.

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13 Kommentare

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  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    ​Die Notenbanker verlieren jegliche Zurückhaltung und hauen sich ihre Währungen gegenseitig um die Ohren, um ihren jeweiligen Ländern Vorteile vermeintliche Vorteile zu verschaffen. Dabei wird eines gerne übersehen: Gewinner haben in der Finanzmarktgeschichte immer eine starke Währung und Verlierer eine schwache.

    06:39 Uhr, 05.02. 2015
  • Chronos
    Chronos

    ​Volkswirtschaften sind politisch. Der Trend Wachstum durch Schulden ist schon seit 20 Jahren eine Blase, danach kam die Umsetzung der Staatsschulden auf private Haushalte und die Verlagerung in die weite Zukunft (Raub an der Jugend). "Sinkende Schulden bedeuten in diesem System - sinkende Vermögen." stimmt mEn für China nicht. Es wird halt ein Trend geritten. Konsum statt Investitionsgüter. Ich frage mich nur wem das hilft außer den diversen Parteien in aktuellen Legislaturperioden?


    Analysten dürften es anders (kommen) sehen als das Volk, oder das was in den Medien zu lesen ist.


    http://www.rollingstone.com/politics/news/in-defen...

    "Ich wusste gar nicht, das Obama Grieche ist, ich habe als Deutscher Pegida schon seinen muslimischen Anteil verschwiegen ." Ironiemodus Aus

    12:14 Uhr, 04.02. 2015
  • schimpanse69
    schimpanse69

    Die Schulden können doch einfach verbrieft werden; dann das "Wertpapier" an einen volkswirtschaftlichen Faktor verknüpfen und schon gibt es kein Problem mehr.

    /Ironie off

    11:15 Uhr, 04.02. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Investor
    Investor

    ​Es gibt es fundamentales Problem. Unser Geldsystem ist darauf aufgebaut, daß die Schulden im System immer weiter steigen, da über die Schulden über Investionen steigender Wohlstand geschaffen wird.

    Seit der Krise 2008 führen sie Marktteilnehmer (Bürger, Unternehmen, und Staaten) ihre Schulden zurück oder nehmen zumindest keine Neuen mehr auf. Sinkende Schulden bedeuten in diesem System - sinkende Vermögen. Die Zentralbanken versuchen nun diesen Zyklus zu durchbrechen, bzw die Kredite zu beleben und treffen auf eine älter werdende Gesellschaft, die ihre Schulden reduzieren will bzw auf Unternehmen, die immer weniger Kapital brauchen, um ihre "virtuellen" Güter zu vermarkten. Hier bleibt den ZB nur Liquidität in die Märkte zu pumpen, damit das sinken der Vermögen der Gesellschaften nicht auffällt. Die mangelnde Kreditnachfrage führt dazu, daß die Liquidität überwiegend in Assets fliesst, und dort Blasen erzeugt. Die Blasen werden platzen wenn die Marktteilnehmer erwarten, das die ZB die Liquidität wieder aus den Märkten herausnehmen.

    10:46 Uhr, 04.02. 2015
    1 Antwort anzeigen
  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    ​klare Aussage ... - gute Darstellung ... - Danke !!!

    10:17 Uhr, 04.02. 2015
  • bembes
    bembes

    ​Guter Bericht !!

    Vielleicht können diesen Bericht mal die "Macher der EZB lesen. Da können diese etwas dazu lernen !!

    09:31 Uhr, 04.02. 2015
  • tschak
    tschak

    ​Danke für die klare Darstellung und einfach verständliche Zusammenfassung. Ich will es ja eigentlich garnicht sagen - aber gottseiDank gibts keine Weltkriege mehr. Dafür gibt es nun die Auseinandersetzungen "", welche über die globalen Finanzmärkte durchgezogen werden!! Das Gefäss ist aber zu heikel - um mit "sowas" zu spielen - hoffen wir, dass Alles gut geht!

    09:25 Uhr, 04.02. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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