Kommentar
12:49 Uhr, 28.11.2022

Neue Finanzkrise im Anmarsch?

Die Finanzmärkte zeigen Aufwärtstrend, zahlreiche Experten erwarten, dass die drohende globale Rezession in milden Bahnen verlaufen dürfte. Und doch häufen sich zugleich auch Warnungen von Stabilitätswächtern auf der ganzen Welt, dass eine neue Finanzkrise aufziehen könnte.

Die Deutsche Bundesbank hat in ihrem jüngsten Finanzstabilitätsbericht eine düstere Sicht der Lage offenbart. Trübe Wachstumsaussichten, eine hohe Inflation sowie steigende Zinsen und Risikoaufschläge könnten das Finanzsystem ernsthaft schädigen, hieß es darin. Die finanzielle Lage der Unternehmen habe sich verschlechtert, Insolvenzen würden aller Voraussicht nach zunehmen und die privaten Haushalte hätten an Kaufkraft verloren, wurde Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch zitiert. „Diese Faktoren belasten das Finanzsystem“, sagte sie. Buch bereitet vor allem das ungute Potpourri verschiedener Risiken im Finanzsystem Sorgen, wie etwa den Krieg Russlands gegen die Ukraine, geopolitische Risiken für die Lieferketten und die Folgen des Klimawandels.

Ähnlich besorgt äußerte sich jetzt auch die Monetary Authority of Singapore (MAS), die Notenbank des kleinen, aber bedeutenden Stadtstaats Singapur an der Südspitze der malaiischen Halbinsel. Die kurzfristigen Risiken für die globale Finanzstabilität hätten sich verschärft, da die Volkswirtschaften mit strengeren finanziellen Bedingungen, erhöhten Inputkosten und einem verlangsamten Wachstum zu kämpfen hätten, schrieb die MAS in einem aktuellen Bericht. Wichtige Finanzierungsmärkte seien mit einem erhöhten Risiko von Funktionsstörungen konfrontiert, was zu kaskadenartigen Liquiditätsbelastungen bei Finanzinstituten (Non-bank financial institutions) führen könnte, führte die MAS weiter aus. Eine Verschlechterung der Finanzlage von Unternehmen und Haushalten könnte die Qualität der Aktiva der Banken schwächen.

Dass sich die Krise zuspitzen könnte, zeigt auch der Composite Indicator of Systemic Stress der Europäischen Notenbank (EZB). Der Krisenindikator zeigt Ausschläge wie zu Hochzeiten der Corona-Pandemie und notiert in der Nähe zu seinen Niveaus zu Zeiten der Finanz- und Euro-Schuldenkrise.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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