Nach der Brexit-Abstimmung: Wo sind die sicheren Währungshäfen?
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New York (GodmodeTrader.de) - Theresa Mays schwere Niederlage ist keine Überraschung. Das zeigt schon die Reaktion der Devisenmärkte: Das Pfund schwankte gestern und über Nacht nur leicht. Nach dem Abstimmungsergebnis wurde die Währung etwas stärker, blieb aber im bisherigen Korridor, wie Howard Cunningham, Portfolio Manager im Anleiheteam von Newton IM, einer Boutique von BNY Mellon IM, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.
Die EU habe Recht mit der Feststellung, dass das Risiko eines ungeordneten Brexits gestiegen sei. Gleichzeitig habe sich aber auch das Risiko eines weicheren oder „No Brexits" erhöht, und derzeit wiesen die Märkte einer der letztgenannten Optionen eine größere Wahrscheinlichkeit zu. Das einzige Ergebnis, dessen Wahrscheinlichkeit gesunken sei, sei die Verabschiedung des Deals von May, heißt es weiter.
„Zunächst wird es in Großbritannien aber eine bedeutungslose Abstimmung geben: ein Misstrauensvotum gegenüber der Regierung. Die Democratic Unionist Party (DUP) hat bereits gesagt, dass sie die Regierung unterstützen wird. So wird noch mehr Zeit verschwendet. Ein Misstrauensvotum zu überstehen, wäre gut für das Pfund und wahrscheinlich leicht positiv für die britischen Staatsanleihen (Gilts) – daher der Aufschwung des Pfunds nach dem ersten Rückgang gestern“, so Cunningham.
Da das Pfund Sterling seiner Ansicht nach unterbewertet ist und die Bilanz der bisherigen Ergebnisse wohl am ehesten gemischt ausfällt, nimmt Cunningham gegenüber der Währung eine neutrale Position ein.
Im unwahrscheinlichen Fall, dass der Misstrauensantrag angenommen werde, werde dies nur zu Verwirrung und Unsicherheit führen (das Pfund schwächen, aber kurzfristig britische Staatsanleihen unterstützen). Es gebe weder die Gewissheit, dass eine der großen Parteien eine Mehrheit gewinne, noch gebe es Klarheit darüber, was die Brexit-Politik einer der Parteien wäre oder wie realistisch sie wäre. Großbritannien möge 60 Millionen Bürger haben, aber die 27 Mitgliedstaaten der EU hätten 400 Millionen mehr, und auch ihre Ansichten zählten, heißt es weiter.
„Theresa Mays Angebot, eine breitere Gruppe von Abgeordneten zu konsultieren, könnte positiv aufgefasst werden und zu einer weichen Version des Brexit führen, die erneut das Pfund unterstützen würde. Gut möglich allerdings, dass der Markt diese Chance überschätzt. Unvermeidlich erscheint, dass Großbritannien einen Aufschub des Austrittsdatums beantragt, um Zeit für ein weniger chaotisches Ergebnis zu gewinnen. Eine Brexit-Verzögerung gilt seit einigen Wochen als wahrscheinlich und sollte daher die Märkte nicht unbedingt in Aufruhr versetzen. Unterdessen wird sich in der britischen Wirtschaft bestenfalls nicht viel bewegen, bis Klarheit besteht“, so Cunningham.
Vielleicht erkenne die EU an, dass der bedrohliche und potenziell endlose Charakter des "Irish Backstop" das Einzige ist, was Brexit-Anhänger und -Gegner vereine und stimme einem zeitlich begrenzten Backstop zu. Das könnte genügend Abgeordnete davon überzeugen, ein überarbeitetes Abkommen zu unterstützen anstatt einen No-Deal-Austritt zu riskieren. Durch das Ausmaß von Mays Niederlage dürften die Chancen hierfür jedoch geringer geworden sein, heißt es weiter.
„Darüber hinaus müssen die britischen Bürger über eine realisierbare Vorgehensweise entscheiden, zum Beispiel:
- die eigenen roten Linien aufzugeben und statt des Modells ‚Kanada plus‘ auch das Modell ‚Norwegen plus‘ (oder ‚EU minus‘) in Erwägung ziehen.
- ein zweites Referendum durchzuführen – vielleicht Plan B von Labour, falls sie das Misstrauensvotum verlieren.
- die Vorbereitung auf einen ‚sauberen Bruch‘ mit unserem wichtigsten Handelspartner – wohl wissend, dass dies kurzfristig erhebliche Schäden verursachen wird.
- einen Regierungswechsel und eine radikal andere Wirtschaftspolitik, auch in Verbindung mit einer der anderen Varianten“, so
Die Möglichkeiten 1 und 2 würden wahrscheinlich positiv für das Pfund und negativ für Gilts sein. Variante 3 hätte den gegenteiligen Effekt. Die vierte schaffe mehr Unsicherheit und wäre wahrscheinlich sowohl für Währung als auch Anleihen negativ, heißt es weiter.
„Kurzfristig erwarten wir eine etwas steilere Zinskurve, da der Zeitpunkt etwaiger Zinserhöhungen in weitere Ferne rückt, während die Risikoprämien aufgrund der Unsicherheit weiter nach oben steigen werden. In der Zwischenzeit kann sich die Unsicherheit über den Euro – aufgrund des verlangsamten Wirtschaftswachstums sowie politischen Drucks in Frankreich und Italien – verstärken und Nachfrage nach Bundesanleihen aufrechterhalten. Wir haben unsere Allokation in europäischen Währungen daher vom Euro weg und hin zu den „sicheren Häfen“ Schweizer Franken und norwegischen Kronen diversifiziert“, so Cunningham.
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