Nach dem Einbruch - what´s next?
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Im Folgenden will ich deshalb versuchen den Einbruch zu klassifizieren, und den Bogen zu ab jetzt möglichen Notenbankinterventionen zu schlagen.
Es steckt etwas im Busch
Etwa seit Juli signalisiert der Markt für Ramschanleihen, dass die Lage nicht wirklich ganz koscher ist, und zieht den etwas trägeren Aktienmarkt sukzessive, und in letzter Zeit immer schneller, auf tiefere Niveaus.
Greift das Schreckgespenst der Zinswende um sich – und ist die Eskalation der Volatilität deshalb eher als eher temporäres Phänomen einzustufen, welches vom Markt übrigens auch durchaus erwartet wurde, oder hat die Nervosität an den Märkten tiefere Gründe, auf die man sich längerfristig einstellen sollte?
Möglicherweise verhilft der Blick in die jüngere Geschichte zu mehr Klarheit, denn es noch nicht so lange her, da sorgte die Fed mit ihrem Einstieg in den Ausstieg, dem „Tapering“, für gehörigen Wirbel.
Taper Tantrums
Am 22. Mai 2013 hatte der damalige Fed-Chef Ben Bernanke vor dem US-Kongress seinen Wunsch telegrafiert, die Ankäufe von MBS und Staatsanleihen schrittweise zurückzufahren. Am 19. Juni verstärkte er diese Absicht dann auf einer Pressekonferenz anlässlich der Tagung des Offenmarktausschusses der Fed:
“The Committee currently anticipates that it would be appropriate to moderate the monthly pace of purchases later this year.”
Zu beiden Anlässen sprangen die Zinsen für High Yield-Bonds und US-Staatsanleihen im Gleichschritt an, während die Inflationserwartungen ausgedrückt durch die 5-jährige Breakeven Rate im Großen und Ganzen konstant blieben
Interpretieren kann man die Entwicklung dahin gehend, dass die Renditen sich zwar an den neuen Ausblick anpassten, das Schauspiel sich aber vor dem Hintergrund einer grundsätzlich optimistischen Zukunftshaltung entfaltete.
Wäre die heutige Situation nun, wie die damalige, rein den Unsicherheiten bezüglich der Geldpolitik geschuldet, müsste man sich in Anbetracht der aktuellen Entwicklung eher weniger Sorgen machen, und könnte den Sturm mit etwas Geduld und nervlicher Strapazierfähigkeit aussitzen, aber ist sie das überhaupt?
2008 lässt grüßen
Seit Ende Juni kennen die Zinsen für hochverzinsliche Papiere, genauso wie die Inflationserwartungen tendenziell nur eine Richtung – Süden (sprich die Renditen steigen). Im Gegensatz dazu haben sich Staatsanleihen jedoch dazu entschlossen die Korrelation zu ihren Junk-Kollegen, ähnlich wie 2008, ganz aufzugeben und markieren tägliche neue nicht mehr für möglich gehaltene Tiefs.
Diese Beobachtungen lassen den Schluss zu, dass die Explosion der Volatilität eben nicht nur dem bis vor kurzen noch greifbar gewordenen Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik geschuldet ist, sondern vielmehr einem sich beschleunigenden Deflationsszenario.
Die Zinswende – ein Haschen nach Wind
Aufgrund der schleichenden aber dramatischen Entwicklung der letzten Monate, die anfänglich nur Bond-Investoren ersichtlich war, halte ich die Zinswende mittlerweile für mindestens im Sterben liegend, wenn nicht sogar schon für de facto tot.
Weder dürfte nämlich die Fed Interesse an einer pro-zyklischen Straffung haben, noch hat die Notenbank überhaupt ein Werkzeug zur Hand, um in einem Umfeld in welchem US-Anleihen – aus welchem Grunde auch immer – Safe Haven-Status genießen, den Zins zu beeinflussen.
Auch der Markt verschiebt seine Erwartungen bezüglich der Wende, wie anhand der Future-Wetten auf die Leitzinsen abzulesen ist, täglich nach hinten, kann aber selbst aus diesem Umstand keinen nennenswerten Trost ableiten und behandelt „Bad News“ untypischerweise plötzlich als das, was sie eigentlich auch sind, nämlich „Bad News“. Woran mag das liegen?
QE 4 – keine Alternative
Die seriellen und ausgiebigen Ankaufprogramme haben nach Meinung vieler Experten dieses ursprünglich beliebte Werkzeug sehr abgenutzt, und selbst nach Ansicht der Fed praktisch jeder messbaren Wirkung beraubt.
Es ist deshalb zumindest zweifelhaft, ob eine weitere POMO-Runde noch irgendjemand vom Hocker hauen würde, geschweige denn technisch umsetzbar wäre, während die Finanzwelt immer stärker vornehmlich nach nur einem lechzt: Hochqualitativen Sicherheiten in Form von betonfesten, aber leider vom Aussterben bedrohten US-Staatsanleihen.
Meine Bauchgefühl (und Christine Lagarde) sagen mir eher, dass wir in eine Ära eintreten, in welcher die Notenbanken aufgrund der Überreizung ihres Blattes in den Hintergrund abtreten müssen, um politischen Akteuren die Möglichkeit zum (finalen) Rettungsschuss zu geben.
Sollte die Situation weiter erodieren, werden sich die Marktakteure deshalb in Zukunft vielleicht mit einer ganz neuen Palette an Alternativmaßnahmen anfreunden müssen.
Worum es sich dabei handeln könnte, ist nach dem vorbereitenden Trommelfeuer der letzten Wochen und Monate mittlerweile wahrlich kein Geheimnis mehr, und möglicherweise werden wir schon bald Zeugen von ersten staatlichen Ausgabenprogrammen.
Seit zwei Tagen werden vor meiner Tür (in Antizipation dessen?) übrigens kilometerlang die eigentlich gänzlich intakten Highways neu geteert - ich hoffe stark ich sehe nur Gespenster ;).
PS: Der heutige Donnerstag wird spannend werden, und wenn ich mich nicht irre geben ganze 5 Federal Reservler, inklusive der Chefin höchstpersönlich, eine Rede zum Besten – es lohnt sich also Jandaya einzuschalten.
Sehr guter Kommentar. Man sollte klar aussprechen, dass nun die "letzten" kreativen Ideen ausgepackt werden, um nicht sagen zu müssen: "Uns gehen die Instrumente aus" ... und die Märkte dann die final logische conclusio ziehen würden (MÜSSEN)
Sehr guter Beitrag,
Grüße
Damit Politiker Reformen angehen und eventuell ihre Wiederwahl gefährden brauchen Sie Handlungsdruck. Handlungsdruck wird aber nicht entstehen, solange die Zinsen niedrig bleiben, dann dann kann alles mit mehr Schulden finanziert werden.
In diesem Sinne sind fallende Börsen gut für die Politik, da dadurch mehr Anleger von der Börse zu Anleihen getrieben werden und dadurch mehr Schulden erleichtern.
Seit einiger Zeit fordern IWF, und bedeutende Wirtschaftswissenschaftler ein Investionsprogramm in Infrastruktur. Die Frage wird sein, ob dieses nachhaltig die Strukturprobleme lösen kann. Kurzfristig ist es sicher wirksam.
Nach meiner lesart der wirtschaftlichen Daten, ist das grundlegende Problem die weltweite Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt. Viele Firmen nutzen eine Lohnarbitrage aus, um ihre Kosten zu senken. Als Konsequenz werden immer mehr Menschen in den westlichen Ländern freigesetzt. Durch neue Technologien können Menschen weltweit in Teams eingebunden werden. Jetzt ist es möglich, daß ein chinesischer Ingenieur mit einem in Deutschland konkurriert, aber nur ca 20% verdient.
Diesen Wettbewerb können wir nur durch besondere Innovationskraft bestehen. Jetzt führt aber die Abwertung der Währungen dazu, daß es weniger Druck nach Innovationen gibt. Man ist ja künstlich wettbewerbsfähiger.
Ich hoffe nach dem Absturz ist nicht vor dem Absturz. Aber Hoffnung ist nicht der beste Ratgeber.