Analyse
10:50 Uhr, 21.11.2023

MORPHOSYS - Aus +30 wurden -30 %: die Hintergründe!

Heftiger Stimmungwechsel nach Bekanntgabe der Studiendaten: Nach nachbörslich deutlichen Gewinnen crasht die Morphosys-Aktie heute. Woran liegt es?

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  • MorphoSys AG
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    Kursstand: 15,760 € (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
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  • MorphoSys AG - WKN: 663200 - ISIN: DE0006632003 - Kurs: 15,760 € (XETRA)

Gestern am späten Abend veröffentlichte das Biotech-Unternehmen Morphosys wichtige Studiendaten zum Hoffnungsträger Pelabresib. Die Aktie schoss daraufhin nach oben, in der Spitze betrug das Kursplus bei L&S über 30 %. Doch davon ist heute nichts mehr zu sehen. Aus Erleichterung wurde Angst, die Aktie notiert gegenüber dem XETRA-Schlusskurs 30 % im Minus. Was ist passiert?

Der Teufel steckt wie so oft im Detail. Klar ist: Pelabresib hat den primären Studienendpunkt SVR35 erreicht und das auch statistisch signifikant. Im Detail waren es 66 % der Patienten, die Pelabresib in Kombination mit Ruxolitinib erhalten hatten, die in Woche 24 den primären Endpunkt SVR35 erreicht haben, verglichen mit 35 % der Patienten, die Placebo und Ruxolitinib erhielten. Die SVR35-Ansprechrate hat sich fast verdoppelt (95 % CI [21,6; 39,3] bzw. p < 0,001).

Hier muss man genau auf den P-Wert achten, der die statistische Signifikanz anzeigt. Nach meinen Erinnerungen aus dem Studium (lange ist es her) sollte dieser Wert möglichst gering sein, um eine hohe statistische Signifikanz anzuzeigen. Ein kleiner P-Wert (z. B. <0,05) deutet darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der Unterschied in den Ergebnissen der beiden Patientengruppen zufällig auftritt, sehr gering ist. Als Vergleichswerte werden meist Signifikanzniveaus von 0,05, manchmal auch 0,10 oder 0,01, gewählt. Wie der P-Wert oben zeigt, gab es beim primären Endpunkt auch keinerlei Probleme, der P-Wert liegt sogar unter 0,001.

Keine statistische Signifikanz?

Bei den sekundären Endpunkten sieht es dagegen anders aus. In einem wichtigen sekundären Endpunkt wurde der TSS in Woche 24 im Behandlungsarm mit Pelabresib und Ruxolitinib um 15,99 Punkte (von 28,26 bei Studienbeginn) und im Kontrollarm mit Placebo und Ruxolitinib um 14,05 Punkte (von 27,36 bei Studienbeginn) gesenkt ( -1,94, 95 % CI [-3,92; 0,04], p = 0,0545). Morphosys spricht in der Meldung in diesem Punkt NICHT von Signifikanz, nur bei der Patientengruppe mit intermediärem Risiko lag der P-Wert <0,02. Interessant: Dieser sekundäre Endpunkt der absoluten Veränderung wurde erst vor wenigen Monaten in die Studie nach Rücksprache mit der US-Arzneimittelbehörde FDA integriert.

Bei TSS50, einem weiteren wichtigen sekundären Endpunkt der Studie, spricht Morphosys davon, dass in Woche 24 52 % der Patienten der Behandlungsgruppe mit Pelabresib und Ruxilitinib den Endpunkt erreicht hätten, verglichen mit 46 % in der Placebo-Gruppe. Der P-Wert liegt hier aber bei 0,216. Somit ist das Ergebnis nach meiner Definition oben NICHT statistisch signifikant.

Natürlich ist aktuell völlig offen, wie die FDA die Ergebnisse nun einordnet, ob TSS50 entscheidend werden kann, dass Pelabresib doch nicht zugelassen wird. Der Markt scheint sich genau auf diesen sekundären Endpunkt einzuschießen und schießt die Aktie heute ab. Die Zulassung wird nun wieder größtenteils ausgepreist. Die Analystenstimmen fallen höchst unterschiedlich aus. Die Mehrzahl erwartet aber weiter, dass die FDA grünes Licht geben wird.

Fazit: Gewisse "Schrottaktien" fallen zu sehen, lässt mich in der Regel kalt. Bei Morphosys schwingen dennoch Emotionen mit, denn das Unternehmen verfolge ich seit Ende der 90er-Jahre. Es ist einfach nur traurig, was aus dem einstigen Biotech-Vorzeigeunternehmen in Deutschland und seiner Aktie geworden ist, auch wenn stock3 das ganze Jahr über gerade die Risiken hervorgehoben hat, auch und vor allen Dingen nach dem Run der Aktie zuvor (zuletzt in diesem Artikel).

Im Prinzip stellt 2023 nun ein verlorenes Jahr da, nicht nur kurstechnisch. 2024 geht das Zittern aufgrund der unklaren Datenlage wieder von vorne los: Zulassungsantrag, mögliche Zulassung gegen Ende des Jahres oder eben doch nicht? Bis dahin dürfte der Biotech-Titel wie ein Flummiball hin- und herspringen. Auf einer Konferenz vom 9. bis 11. Dezember müssen die Verantwortlichen nun genau Stellung zu den Daten beziehen.

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Über den Experten

Bastian Galuschka
Bastian Galuschka
Chefredakteur

Bastian Galuschka ist seit über 20 Jahren an der Börse aktiv. Er entdeckte bereits zu Schulzeiten seine Leidenschaft für die Börse. Über fünf Jahre lang war der Diplom-Volkswirt als Redakteur bei einem bekannten Anlegermagazin tätig und verantwortete dort den Bereich Charttechnik. Seit März 2013 verstärkt er die Redaktion der stock3 AG. Bastian Galuschka kombiniert bei seinen Analysen gerne Fundamentaldaten mit charttechnischen Aspekten. Gerade im Smallcapbereich hat sich der Analyst über viele Jahre ein fundiertes Wissen aufgebaut. Seit Juni 2023 ist Galuschka Chefredakteur von stock3.

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