Mit Aktien und Edelmetallen der Krise trotzen?
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Post-Lockdown-Welt, Value versus Growth, Deglobalisierung – die drei großen Fragen für 2021 von Mark Nichols und Mark Heslop, Co-Leiter der European Growth-Strategie bei Jupiter Asset Management
Das Jahr 2020 hat deutlich gezeigt, wie riskant es ist, sich zu sehr auf Wirtschaftsprognosen oder Markterwartungen zu verlassen. Wir verwenden bewusst keine Zeit darauf, Prognosen zur Entwicklung der Wirtschaft oder künftigen Indexbewertungen anzustellen. Stattdessen konzentrieren wir uns auf Unternehmen, Geschäftsmodelle, langfristige Trends und Wachstumschancen. Schließlich sind herausragende Unternehmen besser aufgestellt als schlecht geführte oder von der Masse kaum zu unterscheidende Unternehmen, wenn es darum geht, erfolgreich durch alle Phasen des Konjunkturzyklus (Auf- und Abschwünge) zu navigieren. Unsere persönliche Einschätzung des allgemeinen Wirtschaftsausblicks im kommenden Jahr ändert nichts an unseren Überzeugungen zu den langfristig attraktivsten Unternehmen, die wir auf lange Sicht in unseren Portfolios halten wollen.
Investoren werden sich in den nächsten Monaten mit drei großen Fragen konfrontiert sehen:
- Wie wird sich die Welt nach Aufhebung der Lockdowns verändern?
Viele – ja, die meisten – Aktivitäten werden nach dem Lockdown kaum anders aussehen als vor Covid-19. Die Menschen werden wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren, wieder in Restaurants und Bars gehen und ihren Urlaub im Ausland verbringen. Aber wir alle, genauso wie die Unternehmen, haben in den vergangenen zwölf Monaten viel über uns gelernt. Einige von uns sind in der Lage, auch zu Hause produktiv (und kosteneffizient) zu arbeiten. Produkte und Dienstleistungen online einzukaufen ist einfacher, als ein Geschäft aufzusuchen. Und wir kommen auch gut ohne Bargeld in unseren Brieftaschen aus. Diese und andere Trends hatten schon vor der Krise eingesetzt, sind durch diese aber nochmals beschleunigt worden. Dadurch wird der Druck auf die Unternehmen steigen, vorausschauend zu handeln, um im Wettbewerb nicht zurückzufallen. In diesem Umfeld sollten Investoren auf branchenführende Unternehmen setzen, die am besten aufgestellt sind, um sich an neue Gegebenheiten anzupassen und die damit verbundenen Chancen zu nutzen.
Noch größere Auswirkungen dürften die Maßnahmen haben, mit denen die Regierungen auf die Krise reagieren. Eine hohe Arbeitslosigkeit und enorme Anhäufung von Schulden sind zwei Altlasten des Jahres 2020, die uns noch länger beschäftigen dürften. Daher rechnen wir mit mehreren weiteren Jahren geldpolitischer Stimulusmaßnahmen (billigen Geldes) und enormer Infrastrukturinvestitionen, die vor allem in die Schaffung einer grüneren Wirtschaft fließen dürften. Von den Unternehmen – vor allem den ungeliebten ‚Umweltsündern‘ und den hoch politisierten Technologieunternehmen – könnte verlangt werden, dass sie helfen, die Staatskassen wieder aufzufüllen.
- Wer wird vorne liegen – Value oder Growth? Und wie geht es an der Zinsfront weiter?
Die erste dieser Fragen – Value oder Growth? – wird an den Märkten aktuell heiß diskutiert, ist unserer Ansicht nach aber eher unbedeutend. Value (Unternehmen, deren Aktien relativ günstig erscheinen) und Growth (Unternehmen mit einem vergleichsweise hohen Umsatzwachstum) schließen sich nicht zwangsläufig aus. Wir suchen nach Unternehmen, deren Potenzial für langfristig positive Cashflows vom Markt unterschätzt wird und die daher unterbewertet sind. Außerdem setzen wir auf Unternehmen mit Wachstumspotenzial, weil sie die beste Aussicht auf Wertsteigerungen für Aktionäre bieten. Im Mittelpunkt der „Value versus Growth“-Debatte stehen gewöhnlich das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) einer Aktie und die Frage, wie dieses sich mit seinem historischen Durchschnitt vergleicht. Wir halten das KGV für eine unzureichende Bewertungskennzahl, weil es die unterschiedlichen Wachstumsaussichten und die unterschiedliche Kapitalintensität von Unternehmen genauso wenig berücksichtigt wie Veränderungen des risikolosen Zinses.
Die wichtigere Frage lautet, ob die Zinsen steigen werden und was das zur Folge hätte. Wir machen keine Vorhersagen, teilen aber die folgenden Beobachtungen.
- Die steigende Arbeitslosigkeit und die Überkapazitäten in den globalen Volkswirtschaften dürften die Wirkung der Zentralbankmaßnahmen zur Ankurbelung der Inflation mindern.
- Damit die Regierungen ihre rasch anschwellenden Schuldenberge bedienen können, werden die Kreditkosten niedrig bleiben müssen.
- Ein Umfeld steigender Zinsen wäre vermutlich ein Signal für eine lebhaftere Wirtschaftsaktivität und Inflation. Das könnte die Preissetzungsmacht der Unternehmen insgesamt stärken. Auch dann aber werden undifferenzierte Produkte weiter über den Preis konkurrieren müssen und kaum attraktive Margen liefern. Disruptive Kräfte werden weiter disruptiv wirken und den „Zombie“-Unternehmen könnte der Geldhahn zugedreht werden.
In einem von steigenden Zinsen gekennzeichneten Umfeld würde sich die relative Attraktivität der Unternehmen verändern, die wir in unseren Portfolios halten wollen. Die Unternehmen an sich wären aber die gleichen.
- Sorgen geopolitische Spannungen für eine zunehmende Deglobalisierung?
Wir sind davon überzeugt, dass eine größere Fragmentierung der Weltwirtschaft negative Folgen für den weltweiten Wohlstand hätte – durch Ineffizienzen in Lieferketten, Dopplungen von Kapazitäten und einen ineffizienten Kapitaleinsatz. Geopolitische Sorgen über den zunehmenden Einfluss Chinas und die langfristigen Perspektiven des europäischen Projektes werden die politische Tagesordnung weiter beeinflussen und könnten zu weiteren protektionistischen Maßnahmen führen. Mit einem Ende des globalen Handels rechnen wir aber nicht.
Obwohl die Unternehmen, in die wir investieren, ihre Produkte und Dienstleistungen mehrheitlich außerhalb ihres Heimatmarktes verkaufen, dürften die meisten von ihnen relativ gut vor kurzfristigen politischen Eingriffen geschützt sein. Vor allem zeichnen sich diese Unternehmen durch differenzierte Produkte aus, die von ihren Kunden sehr geschätzt werden. Darüber hinaus findet die den internationalen Umsätzen zugrundeliegende Fertigung zu einem Großteil im Inland statt. In den Fällen, in denen Lieferketten stärker zurück in den Heimatmarkt verlagert werden müssen, halten wir es für sinnvoll, auf Unternehmen zu setzen, die über die nötige Preissetzungsmacht verfügen, um eine etwaige Kosteninflation weiterzureichen.
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