CO2-Emissionen, Digitalisierung, Demographie & Produktivität: Vier Megathemen für europäische Aktien
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Erwägungen bei der Auswahl attraktiver Anlagekandidaten können von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sein. Ein Blick auf die kurzfristige Zinspolitik oder aktuelle geopolitische Turbulenzen reicht dafür nicht aus. Stattdessen machen wir uns ein Bild davon, wie sich das wirtschaftliche Umfeld in den nächsten fünf, zehn oder sogar 20 Jahren verändern könnte. Wenn wir über das gesamtwirtschaftliche Umfeld sprechen, geht es uns in der Regel um breite strukturelle Trends (wie den demographischen Wandel oder die technologische Disruption) und ihre Auswirkungen auf die Unternehmen in unserem Anlageuniversum. Wir suchen Antworten auf wichtige Fragen wie: Welche Unternehmen sind am besten aufgestellt, um von den von uns identifizierten strukturellen Wachstumstrends zu profitieren? Welche Unternehmen können an diesen Trends partizipieren, ohne Zugeständnisse beim Preis machen zu müssen?
Die strukturellen Wachstumstrends, die in unseren derzeitigen Überlegungen im Vordergrund stehen, lassen sich in vier Hauptthemen unterteilen, denen wir nicht nur 2022, sondern auf Jahre und Jahrzehnte hinaus eine entscheidende Bedeutung beimessen.
1) CO2-Emissionen: Beschleunigte Gebäudesanierung treibt Nachfrage nach energieeffizienten Baustoffen
CO2-Emissionen sind ein zweischneidiges Schwert. Das zunehmende Klimabewusstsein der Verbraucher und die Klimapolitik führen zu strengeren Vorschriften und höheren Finanzierungskosten für kohlenstoffintensive Unternehmen und treiben so ihre Geschäftskosten in die Höhe. Zudem könnten ‚Klimasünder‘ den Zorn der Verbraucher zu spüren bekommen. Auf der anderen Seite erfordert die ‚Net Zero‘-Agenda enorme Investitionen und eine Umstrukturierung zahlreicher Branchen und Infrastrukturen und eröffnet immense Chancen für Lösungsanbieter. Europa ist Heimat einiger weltweit führender Unternehmen und Technologien mit bedeutendem Wachstumspotenzial.
Dassault Systemes zum Beispiel gehört zu den führenden Anbietern von Software für Designanwendungen und das Produktlebenszyklus-Management. Mit intelligenten Lösungen für eine schnelle und kosteneffiziente Markteinführung unterstützt das Unternehmen seine Kunden in Branchen wie der Automobilindustrie, der Luft- und Raumfahrt, der Verpackungsindustrie und dem Bauwesen bei der Entwicklung und Vermarktung energieeffizienterer Produkte. Oder denken wir an die Umstellung vom Verbrennungsmotor auf Elektrofahrzeuge in der Automobilindustrie. Durch die Umstellung auf ein neues Antriebssystem ändern sich Gewicht und Fahrverhalten des Fahrzeugs dramatisch. Das erfordert den Einsatz anderer Materialien, um die gleichen (oder bessere) Leistungs- und Sicherheitsmerkmale zu erreichen. Dassault ist ein wichtiger Wegbereiter dieser technologischen Transformation.
Ineffiziente Gebäude sind eine wesentliche Quelle von Treibhausgasemissionen. Daher erwarten wir, dass eine auf mehrere Jahre hinaus beschleunigte Gebäudesanierung die Nachfrage nach energieeffizienten Baustoffen ankurbeln wird. Die modernen Dämmstoffe von Kingspan und die automatisierten Jalousien und Markisen von Somfy sind Beispiele für zwei Lösungen, die dadurch sehr gefragt sein dürften. Allerdings werden sich nicht alle grünen Lösungsanbieter als gutes Investment erweisen. Wie bei allen Technologien ist es nicht leicht, die langfristigen Gewinner herauszupicken: Bei einigen fehlt es vielleicht an Investitionen oder Talenten, während andere zu austauschbare Produkte haben und nicht die erwarteten Erträge liefern.
2) Digitalisierung: Halbleiter werden immer wichtiger
Die Digitalisierung ist kein neuer Trend. Wir sehen jedoch mehrere Triebkräfte, die dafür sprechen, dass das Potenzial in diesem Bereich noch nicht ausgeschöpft ist. Digitale Lösungen für Verbraucher und Unternehmen verbessern das Nutzererlebnis und erhöhen die Effizienz. Das gilt für den Einzelhandel genauso wie für den Gesundheitssektor oder das Bankwesen – eigentlich für fast jede Branche. Eine noch stärkere Durchsetzung digitaler Lösungen hängt vor allem von der Schnelligkeit der Datenübertragung und der Rechenleistung der Geräte ab. 5G (und bald schon 6G) macht immer kleinere Chips, künstliche Intelligenz, Augmented Reality, autonome Fahrzeuge und das Internet der Dinge realisierbar. Um die unersättliche Nachfrage nach diesen digitalen Lösungen zu bedienen, bedarf es jedoch einer erheblichen Steigerung der Halbleiterchip-Produktion. In Verbindung mit dem zunehmenden Wunsch des Westens nach technologischer Unabhängigkeit stimmt das positiv für die Zukunft der Halbleiterindustrie. Mit heimischen Unternehmen wie ASML, Atlas Copco, VAT Group und Comet Group ist Europa gut aufgestellt, um von diesem Trend zu profitieren.
3) Alternde Bevölkerungen: Mehr Effizienz im Gesundheitswesen
Die Bevölkerung auf der ganzen Welt altert. Das ist positiv für den Einzelnen, aber eine gesellschaftliche Herausforderung. Steigende Gesundheitskosten bringen die Industrieländer schon jetzt an ihre Grenzen, die Arbeitsmärkte schrumpfen und die Konsumgewohnheiten ändern sich. Wie die anderen Themen auch werden diese Trends Gewinner und Verlierer hervorbringen. Wenn die ausufernden Gesundheitskosten nicht eingedämmt werden können, könnte der Steuerzahler der größte Verlierer sein.
Personalisierte Medizin und umfassendere diagnostische Tests werden zu mehr Effizienz in unseren Gesundheitssystemen beitragen. Komplexe biopharmazeutische Arzneimittel haben die Patientenergebnisse in den letzten zehn Jahren bereits wesentlich verbessert und werden wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren ein erhebliches Wachstum erfahren. Das nächste bahnbrechende Medikament zu identifizieren ist schwierig. Medizinische Ausrüster und Dienstleister wie Lonza oder Sartorius dürften aber in jedem Fall von diesem Trend profitieren.
4) Produktivität: Kostensenkung im Fokus der Unternehmen
Die demografische Entwicklung ist relativ gut vorhersehbar und dürfte in den nächsten Jahren durch einen zunehmenden Vermögensaufbau und sinkende Geburtenraten bestimmt sein. Überall auf der Welt führt dies zu steigenden Löhnen, höheren Lebenshaltungskosten und einem immer größeren Bedarf für Produktivitätssteigerungen in den Unternehmen. Oder anders ausgedrückt: Durch den anhaltenden Anstieg der Arbeitskosten besteht für die Unternehmen ein ständiger Anreiz, die Kosten zu senken. In Zeiten schnelleren Wachstums sollte eine höhere Produktivität liquide Mittel freisetzen, die reinvestiert werden können, um besser an diesem Wachstum zu partizipieren. In einem schwierigeren wirtschaftlichen Umfeld rücken die Kosten stärker in den Mittelpunkt, da es für die Unternehmen in diesem Umfeld schwieriger wird, ihre Bilanzqualität aufrechtzuerhalten und ihre Schulden zu bedienen. Der Schweizer Anbieter von Bankensoftware Temenos ist ein gutes Beispiel: Das Unternehmen bietet Lösungen, die die Betriebskosten seiner Kunden senken und zugleich ihre Wettbewerbsposition und ihre Fähigkeit verbessern, den immer strengeren regulatorischen Vorgaben zu entsprechen.
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