Fundamentale Nachricht
12:01 Uhr, 03.01.2022

Emerging Markets Aktien: Aus Gegenwind wird Rückenwind

Die Kapitalmarktexperten von Jupiter Asset Management ziehen ein Resümee aus dem vergangenen, herausfordernden Jahr im Kontext der Corona-Krise und geben einen Ausblick auf das Investmentjahr 2022. Nick Payne beschäftigt sich mit den Aussichten für Aktien aus den Schwellenländern.

Das Jahr 2022 könnte als das Jahr der Wiederbelebung des Handels in den Schwellenländern in Erinnerung bleiben – wenn sich ihre Volkswirtschaften von den Covid-bedingten Einschränkungen stark erholen. Während die meisten Industrieländer ihre Bevölkerung rasch gegen Covid geimpft und ihre Wirtschaft wieder geöffnet haben, hinken die Schwellenländer noch hinterher. Wenn die Impfprogramme der Schwellenländer aufholen, werden sich ihre Volkswirtschaften schnell wieder öffnen, was ihre Aktienmärkte stark unterstützen könnte.

Südostasien erholt sich langsam

Die südostasiatischen Länder schneiden in der Covid-Resilienz-Rangliste von Bloomberg am schlechtesten ab. Indonesien, Malaysia, Thailand, Vietnam und die Philippinen liegen seit mehreren Monaten im unteren Drittel. Ihre Exporte wurden durch Covid stark beeinträchtigt, und ihre Einnahmen aus dem Tourismus haben sich verflüchtigt. Aber sie beginnen sich wieder zu erholen. Die Einkaufszentren in Indonesien haben sich wieder gefüllt. Thailand, dessen Wirtschaft in normalen Zeiten zu 18 Prozent vom Tourismus abhängt, hat Anfang November nach 18-monatigen Beschränkungen wieder für Touristen geöffnet. Vietnam öffnete seine größte Insel Ende November wieder für Touristen, nachdem die Grenzen fast zwei Jahre lang geschlossen waren und ein umfangreiches Impfprogramm durchgeführt wurde.

Wenn die Impfungen in den Schwellenländern schneller voranschreiten, werden sich die lokalen Volkswirtschaften erholen und die Investitionsstimmung dürfte sich verbessern – und die Lücke in der Aktienmarktentwicklung wird sich unserer Ansicht nach verringern. Im Jahr 2021 haben die Aktienmärkte der Schwellenländer im Vergleich zu denen der Industrieländer insgesamt schlechter abgeschnitten, was vor allem auf China zurückzuführen ist. Im Gegensatz dazu hat Indien, das wir seit langem bevorzugen, in diesem Jahr im Durchschnitt besser abgeschnitten als die entwickelten Märkte. Indien verfolgte einen weniger restriktiven Ansatz als China und machte die Wiederöffnung seiner Wirtschaft zur Priorität. Das indische BIP-Wachstum im Jahr 2021 war wesentlich stärker als das chinesische, und dies wird sich wahrscheinlich auch 2022 fortsetzen.

Gegenwind in China wird sich umkehren

China litt 2021 unter drei Hauptproblemen, die sich unserer Meinung nach 2022 abschwächen könnten: eine sich verlangsamende Wirtschaft, Probleme im Immobiliensektor und eine strengere Regulierung. China hat eine der weltweit schärfsten Maßnahmen gegen Covid ergriffen, was das Wirtschaftswachstum verlangsamt hat. Im dritten Quartal lag das BIP-Wachstum bei 4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – Anfang 2021 rechneten Experten noch mit über 8 Prozent. Wir sind der Meinung, dass immer mehr hochrangige chinesische Politiker über die Konjunkturabschwächung besorgt sind und dass China 2022 die Geldpolitik lockern könnte, während die Industrieländer angesichts der Inflation wahrscheinlich eine Straffung vornehmen werden.

Die Schwellenländer haben im Allgemeinen nicht in dem Maße wie Europa und die USA "Helikopter"-Geld (erhöhte Staatsausgaben und Konjunkturprogramme) eingesetzt und werden daher unserer Ansicht nach 2022 nicht in demselben Maße unter einer Lockerung der Geldpolitik oder einer fiskalischen Belastung leiden wie die Industrieländer. Der Gegenwind könnte sich in Rückenwind verwandeln.

Allerdings müssen wir anerkennen, dass sich das Wachstumsmodell in China dauerhaft verändert hat. Wir sollten von China keine BIP-Wachstumszahlen von 8 Prozent mehr erwarten. Ein BIP-Wachstum zwischen 4 und 5 Prozent wäre für eine so große Volkswirtschaft – die zweitgrößte der Welt – immer noch hervorragend. Das künftige Wachstum in China dürfte solider ausfallen. Es wird höchstwahrscheinlich mit weniger Schulden einhergehen, weniger von Immobilieninvestitionen abhängen und stärker auf den Verbraucher ausgerichtet sein.

Der Schritt Chinas hin zu einer strengeren Regulierung im Jahr 2021 ist vielfach missverstanden worden. Es wäre übertrieben, darin einen Rückzug in eine Art maoistische Dystopie zu sehen. Wir verstehen ihn als Teil von Chinas Streben nach "allgemeinem Wohlstand". Die chinesische Regierung will weg vom Wachstum um jeden Preis, hin zu einem qualitativ besseren Wachstum und einer stärkeren Einbeziehung aller Teile der Gesellschaft. Dies kommt verbraucherorientierten Unternehmen sehr zugute.

Die makroökonomische Analyse kann bei Investitionen in Schwellenländern nur bedingt weiterhelfen. Unser Ansatz besteht darin, in den Schwellenländern nach den allerbesten Qualitätsunternehmen zu suchen, die sich durch ein beständiges Franchise und anhaltende Gewinne auszeichnen – gestützt durch starke Wettbewerbsvorteile. Qualitätsunternehmen sind widerstandsfähig und weniger abhängig von der allgemeinen Wirtschaftslage. Wir betrachten Aktien als Geschäftsmodelle und halten sie langfristig. Wie der berühmte Investor Howard Marks sagte: "Die Performance hängt nicht davon ab, was wir kaufen oder verkaufen, sondern davon, was wir halten. Unsere Haupttätigkeit ist das Halten". Wir sind der Meinung, dass der große Vorteil von Qualitätsunternehmen in den Schwellenländern darin besteht, dass sie über eine lange Startbahn für starkes Wachstum verfügen, während diese Startbahn in den Industrieländern in vielen Fällen schon so gut wie zu Ende ist.

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