Kommentar
10:43 Uhr, 09.02.2018

Merkels Apokalypse…

Wer noch einen Funken Hoffnung gehabt hatte, dass das politische Personal in Deutschland von ehrenwerten Motiven getrieben wird, der wurde in dieser Woche eines Besseren belehrt...

Die eigentliche Bedeutung des Wortes „Apokalypse“ dürfte den meisten Menschen unbekannt sein. Der Begriff kommt aus dem Griechischen und bedeutet wörtlich übersetzt so viel wie „Entschleierung“: Man zieht einen Vorhang zur Seite und dahinter kommt die wahre Erscheinung des bislang Verhüllten zum Vorschein.

Die Wahrheit zum Beispiel…

Die Kanzlerin war in dieser Woche so freundlich, einen Schleier zu lüften, der ihr Antlitz ohnehin nur noch notdürftig verhüllt hatte. Denn viele ahnten bereits, welch hässliche Fratze dahinter sichtbar werden würde:

Mit Blick auf die Einigung bei den GroKo-Verhandlungen hatte Ralf Schuler das Ergebnis für Tichys Einblicke mit einem einzigen und geradezu denkwürdigen Satz zusammengefasst. Unter der Überschrift „Denkzettel als Regierungsauftrag – ein Missverständnis“ stellt Schuler fest, Achtung, jetzt kommt´s:

Immerhin konnte die Union 100 Prozent ihres Programmes durchsetzen: Angela Merkel bleibt Kanzlerin“.

Das hat gesessen.

Wie könnte man mit wenigen Worten treffender zusammenfassen, was in diesem GroKo-Vertrag ausgehandelt wurde? Nämlich: Die SPD erhält die zentralen Ministerien, insbesondere das Finanzressort, während die Union vollständig entkernt wird und jetzt geradezu mit leeren Händen dasteht.

Und wozu das Ganze?

Damit Angela Merkel Kanzlerin bleiben kann.

Am Mittwochabend dürfte daher auch dem letzten Merkel-Unterstützer klargeworden sein, worum es seiner Angebeteten in Wahrheit geht: Der geschäftsführenden Bundeskanzlerin geht es nicht um Deutschland, auch nicht um die Unions-Parteien und schon gar nicht um die SPD - und erst recht nicht geht es ihr um "Flüchtlinge" .

Dieser Frau geht es einzig und allein um ihren komfortablen Sessel im Kanzleramt.

Es könnte der Anfang vom Ende in einem Drama gewesen sein, das nun seinem Höhepunkt entgegenstrebt. Denn während sich Angela Merkel bereits anschickt, weitere vier Jahre ihr Unwesen zu treiben, haben das letzte Wort jetzt die Mitglieder der SPD.

Mit Blick auf die kommenden vier Wochen, Anfang März soll abgestimmt werden, kann man prognostizieren, dass die Umfragewerte der GroKo-Parteien massiv in den Keller rauschen werden.

Besonders deutlich dürfte die SPD abgewatscht werden. Denn was sich deren vermeintlicher Heilsbringer Martin Schulz in den vergangenen Wochen geleistet hat, das spottet jeder Beschreibung:

Der Mann, der noch vor ein paar Wochen getönt hatte, er werde „niemals“ in ein Kabinett unter der Führung Angela Merkels eintreten, bewirbt sich jetzt als Außenminister und Vizekanzler - und lässt bei der Gelegenheit aus purem Egoismus mal eben den Parteifreund und langjährigen Weggefährten Sigmar Gabriel über die Klinge springen.

Ursprünglich sollte der bis dato führende SPD-Vorsitzende in der Disziplin des gebrochenen Wortes wohl sogar Finanzminister werden, doch diese Blamage konnte die Union offenbar gerade noch verhindern. In der EU wird man das bedauern.

Nicht aber in Deutschland: Die in der Nachkriegsgeschichte beispiellosen Vorgänge dieser „Regierungsbildung“ werden die Menschen hier zu Lande angemessen zu würdigen wissen. Die SPD dürfte sich daher in den Umfragen jetzt zügig der 14 Prozent Marke nähern – und wäre damit nur noch drittstärkste politische Kraft hinter der AfD.

Diese Perspektive wird auch manches SPD-Mitglied ins Grübeln bringen.

Doch so eine kalte Dusche hat ja auch etwas Gutes: Manchem wird da der Kopf wieder zurechtgerückt. Denken Sie nur an die vergangene Börsenwoche mit dem 1.500-Punkte-Abtaucher beim Dow Jones am Montag und der nächsten beschwingten Talfahrt gleich darauf am Donnerstag.

Verklärte Blicke verflüchtigen sich da sehr schnell und zuverlässig.

In der Politik ist das nicht anders: Sollte die SPD in einigen Wochen tatsächlich bei 14 Prozent der Wählerstimmen aufschlagen, wird es keine GroKo geben.

Eine Minderheitsregierung oder Neuwahlen sind daher vermutlich schon sehr viel näher, als viele sich das heute vorstellen können.

Und dann wird endlich auch der letzte Vorhang fallen, in Merkels Apokalypse…

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Zum Autor:

Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG. Weitere Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de

68 Kommentare

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  • nodey88
    nodey88

    Es ist vollkommen, aber auch wirklich vollkommen unlogisch zu sagen, Merkel ginge es nicht um Deutschland, weil es ihr darum geht, Kanzlerin zu bleiben. Immerhin will sie ja gerade als Kanzlerin etwas für Deutschland tun. Würde sie das Kanzleramt anderen überlassen, obwohl sie meint, dass sie es selber besser kann, dann wäre ihr Deutschland egal.

    Und bitte, Kompromisse zwischen Parteien sind ganz selbstverständlich notwendig, wenn nicht eine Partei die absolute Mehrheit hat - diese Dauerkritik von vielen Miesepetern à la "Die Partei weicht von ihrem Programm ab, was für eine Schande" ist total absurd.

    PS.: Ist korrekte Schreibweise mit zwei Bindestrichen in einem Kompositum bei Godmode Trader eigentlich verboten? Lange keine korrekte Schreibweise wie "14-Prozent-Marke" mehr gelesen.

    02:01 Uhr, 11.02.2018
  • hotte38
    hotte38

    Klasse Artikel. Was nicht vergessen werden sollte: Frau Merkel hat das Demokratieverständnis der ehemaligen DDR. Das jedoch ist der CDU egal, Hauptsache man sitzt an den fetten Pfründen der BRD.

    21:22 Uhr, 10.02.2018
  • Sonnenschein
    19:14 Uhr, 10.02.2018
  • jich
    jich

    Genial geschrieben !

    14:56 Uhr, 10.02.2018
  • Sonnenschein
    Sonnenschein

    Parteiinterne Absprachen und Ergebnisse können eine ultra-kurze Lebensdauer haben. Man kann sich auf nichts mehr verlassen, nicht einmal mehr auf einen Ministerposten ... ;-)

    "12:37 Uhr: Während Noch-SPD-Chef Martin Schulz nach seiner öffentlichen Erklärung zum Verzicht auf den Posten des Außenministers offenbar abgetaucht ist, rechnet nun seine Schwester Doris Harst mit der SPD-Spitze ab. Die SPD habe sich im Umgang mit ihrem Bruder als eine „echte Schlangengrube“ erwiesen, sagte Harst, die selbst seit Jahrzehnten SPD-Mitglied ist, der „Welt am Sonntag“. Jetzt sagten „Politiker mit Führungsverantwortung: ,Martin ist an allem Schuld.’“, kritisiert Harst.

    „Andrea Nahles, Olaf Scholz und andere“ machten ihren Bruder nun zum „Sündenbock für alles“, sao Harst weiter. Dabei könnten sie „Martin dankbar sein, nicht nur, weil er in ihrem Sinne Sigmar Gabriel abserviert hat“. Nun werde ihr „übel, wenn ich höre, wie Herr Stegner sich äußert und wenn Juso-Chef Kühnert sagt, nachdem die Personalie Schulz vom Tisch ist ...’“, sagte Harst weiter. Damit werde deutlich, dass ihr Bruder „nur belogen und betrogen“ worden sei. Ihr Bruder habe die „Schlangengrube" völlig unterschätzt. Nach seiner Zeit als Spitzenpolitiker in Brüssel und Straßburg sei das nichts für ihn.

    Hektische Telefonate: Als SPD-Spitze Schulz zum Verzicht auf Außenministerium drängt, reagiert der verärgert

    10.23 Uhr: Nach dem Verzicht des SPD-Vorsitzenden Martin Schulz auf das Amt des Außenministers in einer neuen großen Koalition kommen nun Details an die Öffentlichkeit, wie es schließlich zu der Entscheidung kam. Wie der "Spiegel" berichtet, habe sich Schulz daheim in Würselen befunden, als die Debatte um seine Person immer größere Ausmaße annahm. Besonders die Aussagen von Sigmar Gabriel hätten ihren Teil dazu beigetragen. Der Unmut an der SPD-Basis und besonders im größten Landesverband Nordrhein-Westfalen über seinen geplanten Wechsel wuchs. Dies drohte zu einer großen Belastung beim Mitgliederentscheid zu werden.

    Kurz vor dem Schulz-Aus habe es hektische Telefonkonferenzen der Parteiführung und des Präsidiums mit dem Noch-SPD-Chef gegeben. Die generelle Stimmung: Schulz dürfe nicht Außenminister werden, andernfalls sei eine Zustimmung beim Mitgliedervotum in Gefahr. Schulz habe verärgert darauf reagiert, schließlich habe die SPD-Spitze die Entscheidung kurz zuvor noch mitgetragen. Kurz darauf habe er dann jedoch eingewilligt."

    https://www.focus.de/politik/d...

    13:01 Uhr, 10.02.2018
  • watuffli
    watuffli

    D'accord, Herr Hoose!

    Ein verlässliches Politikerwort ist heuer so schwer gewonnen, wie im Winter eine warme Sonnen.

    Der messianische Schulz bestätigt das überzeugend. Seine ölige Rhetorik hat die Partei in Hoffnung und Illusionen gewiegt, dann aber in schwere Predouille gebracht. Mir scheint, dass Glaubwürdigkeit weniger eine politisch-relevante Kategorie ist als vielmehr eine Chiffre für politische Irreführung der Bürger. Das hat Schulz nicht exklusiv (die Kanzlerin lässt grüßen). Was bedeuten schon dürre Versprechen, wenn es um Macht geht und üppige Ämter winken.

    Das Fußvolk der SPD ist wahrlich nicht zu beneiden. Ich wähne es auf dem Weg nach Skylla und Charybdis. Wofür es sich letztendlich auch immer entscheidet, Verluste an Profil und Wählerzustimmung sowie wachsende innerparteiliche Zerrissenheit scheinen unabwendbar.

    Parteitaktisch gesehen liegt die Neuauflage der GroKo natürlich im Interesse der Kanzlerin. Es ist die sichere Pforte zur heiß begehrten Verlängerung ihrer "Regentschaft". Insofern erwies sich M. Schulz als treuer Schleppenträger.

    Zugleich offenbart das GroKo-Geschiebe - und das ist das eigentlich Besorgniserregende - ein Menetekel für unser Land, für die Demokratie: Es zeigt nämlich, wie leicht es mitunter Demagogen fällt, sich mit wohlfeilen Losungen an die Spitze sozialer Bewegungen zu stellen und diese zu dominieren.

    11:22 Uhr, 10.02.2018
  • Kaputtnick
    Kaputtnick

    Ich glaube das viele Mutti unterschätzen sie hat der SPD genau die Ministerien gegeben in denen es die nächsten Jahre brutal krieseln wird, ist damit wiedermal fein raus, und hat damit einen perfekten Sündenbock für des Volkeszorn.

    09:49 Uhr, 10.02.2018
  • netzadler
    netzadler

    im Prinzip geht der Koalitionsvertrag in die richtige Richtung. Es geht mir aber auf den sack, dass man keine Ideen hat und immer nur Kommissionen bildet und die Dinge tot diskutiert. Rente, Krankenversicherung, Wohnungsbau etc hätten längst abgeräumt sein können. Irgendwer meckert immer, na und ?

    Leider wartet die Welt nicht auf uns.

    08:14 Uhr, 10.02.2018
    1 Antwort anzeigen
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Die Monate nach der Bundestagswahl 2017 sind für die Blockparteien zu einem Spießrutenlauf um den Machterhalt geworden. Das uneheliche Kind der schwarzen Witwe, die AFD, hat dafür gesorgt, daß aus der gemütlichen Kuschelrunde der an Allmachtsphantasien leidenden Altparteien, ein böse zerstrittener Haufen von Politclowns wurde, geeint und getrieben nur noch von dem Wunsch, weiterhin die Geschicke dieser Republik im Sinne einer DDR 2.0 zu bestimmen und ganz nebenbei, sich die eigenen Taschen randvoll zu füllen, ganz vorne dabei in dieser Disziplin: Der Chef der Rothäute „Häuptling gespaltene Zunge“. Heute wurde er jedoch von den eigenen Kriegern sozusagen skalpiert und in die Verbannung geschickt. Das unwürdige Schauspiel um Macht und die damit verbundenen Insignien, hat mit dem Abgang von Schulz einen ersten Höhepunkt erreicht und aus dem heiligen Martin wurde ein gefallener Engel.

    So schnell kann es gehen im Haifischbecken der Politik. Aus dem Trio der Mächtigen wurde über Nacht ein Duo: „Der mit dem Wind dreht“ und die schwarze Witwe. Da die schwarze Witwe bekanntlich keine Gefangenen macht, sollte sich der Superminister in spe warm anziehen.

    Die nächsten Wochen dürften knistern vor Spannung. Wird es dem Komplott der vereinigten Wahlverlierer tatsächlich gelingen, unter sträflicher Missachtung des Wählerwillens nochmals die Macht zu ergreifen? Es wäre ein Offenbarungseid für unsere Parteien-Demokratie und es wäre der Anfang vom Ende für die SPD und die CDU als Volksparteien.

    Aber vielleicht gibt es ja noch Hoffnung, für die einst von Kohl postulierte geistig-moralische Wende, seine CDU oder besser gesagt, das was von ihr übrig blieb, hätte es bitter nötig. Die einst stolze Volkspartei ist zu einem devoten Kanzlerinnen-Wahlverein verkommen, inhaltsleer und ohne Rückgrat und Visionen, ganz so wie die Chefin.

    Der junge Juso-Chef Kühnert hat seinen Sozenclub heftig aufgemischt, er besitzt Mut und Charakter, der Mann hat Eier und er hat glaskar erkannt, daß die SPD auf dem besten Weg ist, Selbstmord zu begehen, wenn sie so weitermacht, wie in den vergangenen Jahren.

    Auch die CDU kann sich nur erneuern wenn jemand in die Rolle des Königinnen-Mörders schlüpft und Merkel samt ihren treu ergebenen Vasallen vom Thron stösst, es wäre eine Herausforderung für einen CDUler mit Visionen, für jemanden, der von der Ameise zum Adler werden will.

    00:04 Uhr, 10.02.2018
    2 Antworten anzeigen