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14:15 Uhr, 09.07.2020

Libyen bereitet Wiedereröffnung eines wichtigen Export-Drehkreuzes vor

Die potenziell kurz bevorstehende Rückkehr libyschen Öls auf den globalen Markt dürfte die OPEC+-Gruppe unter Druck setzen, ihre vereinbarte Selbstbeschränkung weiter umsetzen zu können.

London (Godmode-Trader.de) - Die staatliche libysche Ölgesellschaft National Oil Corporation (NOC) hatte für die Ölterminals in Hariga, Brega, Zueitina, Es Sider und Ras Lanuf Anfang dieses Jahres eine sogenannte Force Majeure-Erklärung herausgegeben, nachdem Streitkräfte, die der Libyschen Nationalen Armee (LNA) des ostlibyschen Machthabers General Khalifa Haftar angehören, Libyens Ölexportterminals und Ölfelder besetzt hatten. Die NOC führte damit ‚Höhere Gewalt‘ als Grund dafür an, dass sie Verträge vorübergehend nicht einhalten kann. Mit den Blockaden gebe es Produktionsausfälle von 1,3 Mio. Barrel täglich, was Einnahmen von bis zu 77 Mio. US-Dollar entspreche, hieß es seinerzeit.

Die Blockade der Häfen befindet sich nun im siebten Monat Nun aber verhandeln die Parteien über die Wiedereröffnung der Ölterminals und die Wiederaufnahme der Ölproduktion, die auf nur noch 100.000 Barrel pro Tag (bpd) gesunken war. Die Ölgesellschaft „fordert alle libyschen Parteien auf, das Unternehmen zu unterstützen und einem Tanker, der im Ölhafen von Es Sider in Bereitschaft steht, den Beginn der Verladung von Rohöl aus dem dortigen Lager zu gestatten.

Die NOC forderte auch, dass ausländische Söldner und bewaffnete Gruppen den Hafen von Es Sider sofort verlassen. „Es besteht die dringende Notwendigkeit, die Produktion so bald wie möglich wieder aufzunehmen, um die Schäden an der libyschen Ölinfrastruktur zu beheben und die lebenswichtigen Vermögenswerte der NOC vor einer weiteren Verschlechterung und einem Zusammenbruch zu schützen“. betonte die NOC. Anfang dieser Woche hatte die Ölgesellschaft davor gewarnt, dass sich die libysche Ölproduktion in den kommenden Jahren weiter halbieren könnte, wenn die Blockade nicht bald aufgehoben werde.

Bis jetzt in diesem Jahr hat Libyen wegen der Blockade seiner Häfen und der Ölförderung Einnahmen in Höhe von 6,5 Mrd. Dollar verloren, sagte der NOC-Vorsitzende Mustafa Sanalla diese Woche. Das Land müsse zudem Kosten für die Überholung und Sanierung von bis zu 260 Bohrlöchern sowie für die Wartung und Reparatur der Anlagen auf den Ölfeldern tragen, fügte er hinzu.

Die potenziell kurz bevorstehende Rückkehr libyschen Öls auf den globalen Markt dürfte die OPEC+-Gruppe unter Druck setzen, ihre vereinbarte Selbstbeschränkung weiter umsetzen zu können, um das Angebot knapp zu halten. Derzeit drosselt die Allianz im Kollektiv 9,7 Mio. bpd, ab dem 1. August sinkt der Wert auf 7,7 Mio. bpd. Sollte sich die Förderung ausweiten, ist neuer Druck auf die Ölpreise vorprogrammiert.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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