Lagarde: Sanfte Landung der Wirtschaft nicht garantiert
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Bis Mittwoch debattieren Notenbanker aus aller Welt auf dem EZB-Forum in Portugal über „Geldpolitik in einem Zeitalter der Transformation“. In ihrer mit zahlreichen Fußball-Referenzen geschmückten Eröffnungsrede am Montagabend hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde betont, dass man zwar erhebliche Fortschritte gemacht habe, der Kampf gegen die Teuerung aber noch nicht gewonnen sei.
„Im Oktober 2022 erreichte die Inflation im Euroraum mit 10,6 % ihren Höchststand. Im September 2023, als wir die Leitzinsen zuletzt angehoben haben, war sie schon um mehr als die Hälfte gesunken auf 5,2 %. Und nachdem wir die Leitzinsen neun Monate lang auf demselben Niveau belassen hatten, halbierte sich die Inflation erneut auf 2,6 %“, sagte Lagarde. „Dies veranlasste uns dazu, die Leitzinsen im Juni erstmals zu senken. Unsere Arbeit ist aber noch nicht getan, wir müssen wachsam bleiben.“
Das Ausmaß und die Dauer der Inflationsschocks sowie deren Einfluss auf die Inflationserwartungen hätten entschlossene geldpolitische Maßnahmen notwendig gemacht, betonte Lagarde. „Als wir mit unseren Leitzinserhöhungen begannen, war uns bewusst, dass wir noch weit vom erforderlichen Niveau entfernt waren. Am allerwichtigsten war folglich, dass wir die Lücke schnellstmöglich schließen. Daher war der Beginn unseres Zinspfads so steil wie nie zuvor, die ersten sechs Leitzinserhöhungen betrugen 75 bzw. 50 Basispunkte.“
Es könne nicht garantiert werden, dass die Wirtschaft wegen der geldpolitischen Straffung nicht in eine Rezession stürze und die Arbeitslosigkeit nicht deutlich ansteige, so Lagarde. „Angesichts der gewaltigen Auswirkungen des Schocks auf die Inflation ist eine ‚sanfte Landung‘ noch immer keine ausgemachte Sache. Die historischen Leitzinszyklen seit den 1970er-Jahren zeigen, dass wenn wichtige Zentralbanken die Leitzinsen bei hohen Energiepreisen anhoben, dies in der Regel mit ziemlich hohen wirtschaftlichen Kosten verbunden war.“
Die weitere Entwicklung von Inflation und Wachstum seien mit Unsicherheiten behaftet. „Es wird einige Zeit dauern, bis wir genug Daten gesammelt haben, um sicher zu sein, dass das Risiko einer über unserem Zielwert liegenden Inflation passé ist“, meinte Lagarde. „Dank des soliden Arbeitsmarkts können wir in Ruhe neue Daten sammeln, müssen dabei aber auch im Hinterkopf behalten, dass die Wachstumsaussichten weiter ungewiss sind.“ Man werde sich weiter auf Daten stützen und geldpolitische Entscheidungen von Sitzung zu Sitzung treffen.
Lagarde verwies auf Prognosen, wonach die Inflation Ende 2025 das EZB-Ziel von 2 % erreichen werde. Angesichts der Größe des Inflationsschocks sei die Verlangsamung der Teuerung bemerkenswert. „Dies spricht für den Wert der geldpolitischen Rahmen, die Zentralbanken in den letzten 30 Jahren erarbeitet und dabei den Schwerpunkt auf Preisstabilität und Zentralbankunabhängigkeit gelegt haben“, so Lagarde.
Fazit: EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat erneut betont, dass man am Inflationsziel von 2 % festhalte und der Kampf gegen die Inflation noch nicht gewonnen sei. Es sei weiterhin nicht sicher, dass ein Abgleiten der Wirtschaft in eine Rezession vermieden werden könne. Gleichwohl sieht Lagarde sowohl die Wirtschaft als auch die EZB auf dem richtigen Pfad und hat die Vorgehensweise der Zentralbank verteidigt. Am morgigen Mittwoch wird Lagarde zusammen mit Fed-Chef Jerome Powell ab 15:30 Uhr MESZ an einer gemeinsamen Diskussionsrunde auf dem Notenbankertreffen teilnehmen.
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