Kommentar
14:18 Uhr, 13.06.2014

Kurskonsolidierungen als zwischenzeitliche Wolken an einem freundlichen Aktien-Himmel

Erwähnte Instrumente

  • EUR/USD
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    Kursstand: 1,3532 $ (FOREX) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung

Die EZB schreibt sich mit ihren letzten Zinssenkungen, ihrem unerwartet umfangreichen Liquiditätspaket und - nicht zuletzt - ihrem klaren Bekenntnis für zukünftig noch mehr geldpolitische Offensivkraft klar die Konjunktur- und Finanzmarktstabilisierung auf ihre Fahnen.

Zunächst wird die EZB im September und danach im Dezember euroländischen Banken zunächst zweckgebundene Langzeitkredite zur zielgerichteten Ankurbelung der euroländischen Kreditvergabe zur Verfügung stellen. Das Ergebnis des Banken-Stresstests im Oktober dürfte ohnehin sein, dass die Banken auch in der Euro-Südzone in punkto Eigenkapitalausstattung mehr theoretischen Spielraum bei der Vergabe von Krediten an den Privatsektor haben.

Dies allein wird aber nicht den Durchbruch bei den Kreditausleihungen bringen. Daher wird die EZB den Banken erneut entgegenkommen müssen und ihnen vermutlich zum Jahresende hin Kreditaltlasten und damit Ausfallrisiken abkaufen. Die dazu notwendigen Kreditverbriefungen scheinen bereits in Vorbereitung zu sein. Die Banken hätten wieder „Platz“ für neue Kredite.

Den befürchteten Desinflationstendenzen in Euroland scheint immerhin die globale Rohstoffpreisentwicklung entgegenzuwirken. Denn die seit 2010 rückläufigen Rohstoffpreise erholten sich in den vergangenen Monaten zunehmend.

Dennoch wird die EZB ein wachsames Auge auf die Preisentwicklung haben und im Bedarfsfall nicht zögern, weitere unkonventionelle Liquiditätsmaßnahmen zu ergreifen.

Risikoaversion bei Schwellenländern nimmt ab

Die global expansive Geldpolitik - die US-Notenbank wird im nächsten Jahr nur sehr vorsichtig Zinserhöhungen vornehmen und die EZB sowie die Bank of Japan haben mit ihren Liquiditätsoffensiven erst begonnen - hat in Kombination mit einer Abebbung der jahresanfänglichen Konjunkturturbulenzen in den Schwellenländern wieder für eine deutliche Entspannung an den dortigen Kapitalmärkten geführt. Nach deren Konsolidierung bis Februar haben die Aktienmärkte der Schwellenländer - gemessen am MSCI Emerging Markets Index auf Euro-Basis - seither um rund 15 Prozent zugelegt. Vor allem die merklich gesunkene Volatilität verdeutlicht die sinkende Risikoeinstellung der Finanzinvestoren gegenüber den Emerging Markets.

Zinspolitik der EZB kommt auch Emerging Markets zugute

Zu einer Re-Investitionshaltung pro Schwellenländer scheint auch die Geldpolitik der EZB beizutragen. Der nun negative Einlagenzinssatz für bei der Notenbank geparktes Geld lässt Banken zum einen nach alternativen Anlageopportunitäten Ausschau halten. Zum anderen dient der Euro aufgrund der „japanisierten“ Niedrigzinsverhältnisse auch als Carry Trade-Währung. Dabei verschulden sich Anleger zu den historisch tiefen Zinsen in Euro und investieren in höher rentierlichen Schwellenländern. Hiervon profitieren jene Staaten, die aufgrund ihrer Abhängigkeit von Güterimporten wie Energie und ausländischem Kapital zur Finanzierung heimischer Infrastrukturprojekte besonders unter dem Kapitalabfluss zu Jahresbeginn zu leiden hatten: Indien, Brasilien, Türkei und Südafrika.

Diese Liquiditätszuflüsse werden stimuliert durch die wiedergefundene Stärke der Währungen der Schwellenländer gegenüber dem Euro, die ab etwa März 2014 eingesetzt hat. Und wenn - wie zu erwarten - die Euro-Abwertung durch die EZB weiter vorangetrieben wird, werden die Carry Trades aufgrund zusätzlicher Währungsgewinne noch attraktiver.

Dieses aufgehellte Stimmungsbild der Emerging Markets zeigt sich auch bei ihren Staatsanleihen. So engen sich die Risikoaufschläge fünfjähriger brasilianischer, türkischer oder südafrikanischer zu deutschen Staatsanleihen wieder ein.

Zweiklassengesellschaft der Schwellenländer löst sich auf

Die Rückbesinnung auf die grundsätzlichen Wachstumspotenziale der Schwellenländer begünstigt nicht zuletzt die Aufhebung der zweigeteilten Entwicklung ihrer Aktienmärkte.

Nachdem die Parlamentswahlen in Indien eine wirtschaftsliberale Regierung hervorgebracht haben, steht der attraktive indische Produktionsstandort wieder im Fokus der Anleger. Indien ist zum eindeutigen Outperformer unter den Schwellenländern geworden. Für den südkoreanischen Aktienmarkt, dessen Industrie- und Technologieunternehmen eine ernste Konkurrenz zu denen der westlichen Welt darstellen, machen sich die Standortqualitäten in Folge der stetigen Wirtschaftsreformen bezahlt. Das gilt ebenso für Malaysia, das seinen Status als Zentrum für Technologie- und Chemieunternehmen im südostasiatischen Raum festigt. In China sind die hard landing-Ängste dank von der Regierung vorgezogener Infrastrukturprojekte in den Hintergrund getreten.

Thailand profitiert trotz Militärregierung von seinem kostengünstigen Produktionsstandort. Und russische Aktien haben ihre dramatischen Kursverluste aufgrund der in den Hintergrund getretenen Ukraine-Krise nahezu wieder aufgeholt.

Brasilianischen Aktien kommt die Rohstoffpreiserholung seit Mitte März zugute. Zudem ist davon auszugehen, dass die brasilianische Notenbank ihre Zügel nicht weiter anziehen wird. Auch hoffen die Finanzmärkte auf einen wirtschaftsfreundlichen Regierungswechsel im Herbst. Und selbst türkische Aktien feiern trotz der nach wie vor angespannten innenpolitischen Lage ein Comeback.

Aktuelle Marktlage und Charttechnik

Mit dieser konjunkturellen Beschleunigung in den Schwellenländern, die auch durch eine eindeutige Stabilisierung in den USA ergänzt wird, erhält der DAX starke fundamentale Unterstützung. Ein sich abschwächender Euro hilft der Exportwirtschaft zusätzlich. Nicht umsonst prognostizieren einige Konjunkturforschungsinstitute hohe Wirtschaftswachstumsraten für Deutschland.

Mit dem kürzlichen Erreichen der Marke von 10.000 Punkten hat der DAX eine Schallmauer durchbrochen, die auf viele Anleger wie ein psychologischer Widerstand wirkt. Höchststände werden vielfach mit Unbehagen betrachtet, da ihnen historisch wie beim Platzen der Dotcom- und Immobilienblase massive Kurseinstürze folgten. Jedoch muss festgehalten werden, dass die vorgenannten Aktienhaussen durch vorhergehende Zinserhöhungen der Notenbanken schließlich ihr Ende fanden. Davon ist im aktuellen Szenario zur weiteren Abwendung von Finanz- und Konjunkturkrisen aber nicht auszugehen. Vor diesem Hintergrund kann man also sagen, dass 10.000 Punkte im DAX auch nur ein Punkt mehr als 9.999 Punkte sind.

Dass der DAX zuletzt unter diese fünfstellige Marke fiel, ist dem Konflikt im Irak und der Sorge vor einem deutlich ansteigenden Ölpreis geschuldet, der im Extremfall die Weltkonjunktur schwächen könnte. In der Annahme, dass es nicht zu einer Eskalation im Nahen Osten kommt, ist aber mit einer baldigen Beruhigung zu rechnen. Die aktuelle Aktienkonsolidierung ist insofern als gesund einzustufen.

Überhaupt, im Gegensatz zum bekannten DAX-Performance-Index hat der reine DAX-Kurs-Index - also ohne Dividenden - sein Allzeithoch noch nicht erreicht. Sein Hoch hatte der Kursindex am 7. März 2000 bei 6.266,15 Punkten. Aktuell steht er über 1.000 Punkte tiefer bei 5.067,61. Dies sollte die Anlegerpsychologie wieder etwas entspannen.

Im Übrigen zeigt sich beim Vergleich von Performance- und Kursindex erneut die Attraktivität von Dividenden. Während seit 1988 der durchschnittliche Kursgewinn beim DAX 6,36 Prozent beträgt, kommen über die Dividende noch einmal 2,7 Prozent hinzu.

GRAFIK DER WOCHE: Vergleich des DAX-Kurs- und -Performance-Index

Charttechnisch bis Jahresende mindestens 10.500 Punkte drin

Aus charttechnischer Sicht ist der DAX nach der jüngsten Rallye überkauft und dürfte deshalb zunächst um die Marke bei 10.000 pendeln. Nach einer längeren Seitwärtsphase um diese Marke dürfte der DAX bis zur oberen Begrenzung des seit Juni 2013 bestehenden Aufwärtstrendkanals vorstoßen und damit bis Jahresende mindestens die Marke bei 10.500 Punkten ansteuern.

Auf der Unterseite liegt die erste Unterstützung an der Haltelinie bei 9.800 Punkten. Hier bietet auch eine offene Kurslücke zwischen 9.822 und 9.779 Halt.

Und was passiert in der nächsten Woche?

In den USA stabilisiert sich der Einkaufsmanagerindex der Philadelphia Fed nach dem unerwarteten Rückgang im letzten Monat wieder und auch die Industrieproduktion legte im Mai wieder zu. Die US-Baubeginne als auch -genehmigungen dürften den Aufwärtstrend der vergangenen Monate aufrechterhalten. Insofern werden die Anleger auf der nächste Woche anstehenden US-Notenbanksitzung verstärkt nach Anhaltspunkten über die Beibehaltung des nahezu Nullzins-Niveaus suchen. Fed-Chefin Yellen wird sie vorerst nicht enttäuschen.

In Deutschland dürften sich die ZEW Konjunkturaussichten nach der deutlichen Eintrübung der letzten Monate wieder stabilisieren.

HALVERS WOCHE: Staatsanleihen der Euro-Peripherie - Das gibt`s nur einmal, das kommt nicht wieder, das ist zu schön, um wahr zu sein...

Anlässlich seines Rettungsversprechens, zur Not unbegrenzt Staatsanleihen der Euro-Länder aufzukaufen, hat EZB-Notenbankpräsident Mario I. am 26. Juli 2012 eine der erfolgreichsten Anlagestrategien der letzten Jahre in Gang gesetzt. An jenem Tag wurde der oberste Grundsatz der modernen Portfoliotheorie, wonach Staaten nicht Pleite gehen können, mit heiligem geldpolitischem Schwur bekräftigt. Mit Marios geldpolitischer Gnade war die Euro-Staatsschuldenkrise vom Tisch.

Und dann ging sie los, die Euro-Staatsanleihen-Mania. Große internationale Rentenanleger, die die üblich verdächtigen Rentenmärkte der USA oder Deutschland abgeerntet hatten und - ähnlich wie Durstige in der Wüste nach der Oase - nach renditestarken Alternativen suchten, hatten in Euro-peripheren Staatsanleihen endlich das Objekt ihrer Begierde gefunden. Denn wenn Mario der Große Euro-Staatsanleihen mit geldpolitischer Absolution vom Ausfallrisiko erlöst, gibt es keinen Grund, sich die prächtigen Anleihenrenditen entgehen zu lassen. Im Sommer 2012 gab es für 10-jährige Staatspapiere in Portugal 11 Prozent, in Spanien und Italien immerhin noch satte sieben und sechs Prozent. Höhere Renditen ließen sich ansonsten eigentlich nur noch in Bananenrepubliken finden. Da brauchte sich niemand mehr nur mit deutschen Renditen von unter zwei Prozent abzufinden. Die Euro-Peripherie rief und wie alle Vögel im Mai waren auch alle Rentenanleger da.

Bei Euro-Staatsanleihen zahlt die EZB den freien Mittagstisch

Banken wurde diese Anlagestrategie mit lukrativen Einkaufspreisen noch schmackhafter gemacht. Das nötige Anlagegeld erhielten sie damals unbegrenzt zu 0,75 Prozent - heute würde man von einem Hochzinsland sprechen - von der geldpolitischen Mutter Natur, der EZB. Angelegt in besagten Staatstiteln konnten Banken nicht nur eine gigantisch positive Zinsdifferenz - im Einkauf liegt der Gewinn - zwischen gut fünf und 10 Prozent einstreichen. Mit entsprechendem Volumen dahinter klingelten ihre Kassen wie beim Kaufhof im Weihnachtsgeschäft. Über bis heute auf 0,15 Prozent gesunkene Notenbankzinsen - sie gehen noch einmal runter - wurden die Einkaufspreise noch einmal reduziert. Als Sahnehäubchen oben drauf brauchten Banken noch nicht einmal Eigenkapital für diese Staatspapiere zu unterlegen, die ja per Definition „risikolos“ sind. Lassen wir das einfach mal so stehen. Wie auch immer, welche Bank und auch welche Versicherung und welcher Vermögensverwalter hätten sich bei diesem risikolosen renditestarken großen Fressen nicht so richtig satt gegessen?

Nicht zuletzt machte der Euro die Sache so richtig schmackhaft: Während es für Euro-Anleger ohnehin kein Währungsrisiko bei Staatstiteln aus Portugal & Co. gab, bekamen ausländische Investoren als Dessert auch noch markante Währungsgewinne geschenkt. Denn stand der Euro zum US-Dollar im Juli 2012 noch bei 1,20, wertete er bis März 2014 bis 1,40 auf. Das waren in der Spitze 16 Prozent Euro-Gewinn. Allerdings war das waisenkindhaft gegenüber den Investoren, die sich in japanischen Yen verschuldeten, um in der Euro-Anleihen-Peripherie beherzt zuzugreifen. Seit Mitte Juli 2012 bis März 2014 hatte der Euro über 50 Prozent! gegenüber dem Yen gewonnen. Anleger-Herz was willst Du mehr?

So schön es auch sei, irgendwann ist alles vorbei

An den Finanzmärkten gibt es keine Einbahnstraßen. Diese Anlagestrategie ist endlich, ja macht sich selbst kaputt. Denn irgendwann sind die Kursgewinne von Staatsanleihen der Euro-Südzone durch die Anleihe-Hausse, die die Anleihe-Hausse nährt, so ausgelutscht wie eine Leckmuschel kurz bevor die Zunge auf Plastik trifft. Auf ein deutsches Renditeniveau werden Staatstitel aus Italien, Spanien oder Portugal selbst in Marios Euro-Wunderland nicht sinken.

Beschleuniger dieser Entwicklung - sozusagen die Backhefe - ist der Euro. Über die im internationalen Notenbankvergleich schwindende Zinsattraktivität der EZB hat der Euro gegenüber US-Dollar und japanischem Yen bereits seit Anfang Mai an Stärke verloren.

Und damit geht es ans Eingemachte: Vor allem für Euro-Extraterrestrische Anleger droht bei weiterer Euro-Schwäche die Schubumkehr bei den Anleihenrenditen. Kein Investor will zuschauen, wie seine dicken und dicksten Buchgewinne bei Staatsanleihen - in Fußballsprache - der Seleção, der Azzurri oder von La Furia Roja schmelzen wie Capri-Eis in der Sommerhitze. Wer zu spät kommt, den bestraft das Finanz-Leben. Und hat erst einmal die Anleihen-Flucht eingesetzt, ist es wie beim Dominoeffekt.

Um die schöne heile Welt der zinsgünstig finanzierten Euro-Schuldenunion nicht hässlich werden zu lassen, wird unser Mario nicht zögern, den Auslöser seiner schon prall geladenen Bazooka zu bedienen. Dann wird Draghi tatsächlich Staatsanleihen wie beim Sommerschlussverkauf aufkaufen, um die Renditen unten zu halten. Eine Euro-Staatsschuldenkrise 2.0 wird es nicht geben. Die Happy Hour der Euro-Anleihen bleibt uns erhalten. Wenn es nicht passt, wird es eben passend gemacht.

Die Anlage-Herde zieht weiter und grast auf anderen Anlage-Weiden

Und was machen die Euro-Staatsanleihen-Flüchtigen? Sie werden sich anderen Vermögensklassen widmen, die auch schöne Töchter oder Söhne haben. Und was könnte das für welche sein? Nun, sie müssen den Anlageraum gar nicht verlassen. Denn wenn der Euro geldpolitisch abwertet, ist das der fruchtbare Nährboden für exportsensitive Aktien der Eurozone. Daher erwarte ich weiter eine gute Aktien-Performance in Spanien, Italien oder Portugal. Allerdings werden DAX und MDAX im zweiten Halbjahr 2014 ihre im bisherigen Jahresverlauf relative Aktienschwäche in Euroland ablegen. Denn als im Vergleich noch zyklischere, noch exportorientiertere Aktienindices profitieren sie von der konjunkturstützenden Geldpolitik der EZB am meisten. Ihre fundamentalstarke Kost wird vielen Anlegern dann wieder besonders gut schmecken. Zwischenzeitliche Rücksetzer im Sommer ändern an dieser Einschätzung nichts.

Ende des Jahres steht der DAX bei mindestens 10.500 und der MDAX bei 18.500 Punkten.

Also, auch wenn Euroland in punkto seiner Staatsanleihen an Geschmack verliert, bietet es bei seinen Aktien eine wohlschmeckende Alternative.

VOLKSWIRTSCHAFTLICHE PROGNOSEN AUF EINEN BLICK

KAPITALMARKT AUF EINEN BLICK

Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank AG

Rechtliche Hinweise/Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenskonflikten der Baader Bank AG:

http://www.baaderbank.de/disclaimer-und-umgang-mit-interessenskonflikten/

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