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16:44 Uhr, 25.10.2021

Klimawandel: Risiko und Chance für Anleger

Der Klimawandel ist laut Steen Winther Blindum, Chef-Investmentstratege und Leiter Strategic Research bei Nordea, zu einem bedeutenden Risikofaktor für die Weltwirtschaft geworden, wobei einzelne Volkswirtschaften und Regionen unterschiedlich stark betroffen sind.

„Die Beeinträchtigung der Weltwirtschaft durch den Klimawandel dürfte sich langfristig negativ auf die Erträge aus Aktien und Anleihen auswirken“, sagt Steen Winther Blindum, Chef-Investmentstratege und Leiter Strategic Research bei Nordea. Anleger sollten dies bei der Vermögensallokation berücksichtigen. Zugleich biete der Klimawandel jedoch auch Anlagechancen.

„Unsere Analyse deutet darauf hin, dass die physischen Kosten des Klimawandels und die Kosten für Maßnahmen zur Begrenzung des Klimawandels bis zur Mitte des Jahrhunderts zu Nettokosten für die Weltwirtschaft führen könnten. Dies macht es sehr wahrscheinlich, dass auch die Wertentwicklung von Vermögenswerten (einschließlich Aktien und Anleihen) durch den Klimawandel beeinträchtigt wird“, sagt Steen Winther Blindum.

Doppelte Beeinträchtigung der Weltwirtschaft
Studien legen einen Zusammenhang zwischen Temperatur und Produktivität nahe, wobei letztere als reales Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt gemessen wird. „Die Auswirkungen des Klimawandels hängen stark von der aktuellen Durchschnittstemperatur in der jeweiligen geografischen Region ab“, erläutert Blindum. Die Produktivität von Ländern mit einer aktuellen Durchschnittstemperatur von über 15°C werde durch einen Anstieg der Durchschnittstemperatur beeinträchtigt. So dürfte beispielsweise ein Land mit einer derzeitigen Durchschnittstemperatur von 15°C bei einem Temperaturanstieg von 1°C ein um 0,57 Prozentpunkte geringeres jährliches Produktivitätswachstum verzeichnen. Länder mit einer durchschnittlichen Temperatur von weniger als 15°C seien hingegen weniger oder nur unwesentlich von einem Anstieg der Durchschnittstemperatur betroffen.

Zudem belasten die Kosten für die Maßnahmen zur Begrenzung der Erderwärmung die Weltwirtschaft. „Wenn die globale Temperatur bis zum Ende dieses Jahrhunderts auf etwa 2°C über dem vorindustriellen Niveau gehalten werden soll, müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Weltwirtschaft in eine kohlenstoffarme Wirtschaft umzuwandeln, und diese Maßnahmen sind kostspielig“, sagt Blindum. Dennoch führt aus Sicht des Experten kein Weg daran vorbei: „Wenn keine Abschwächungsmaßnahmen ergriffen werden, können die Länder zwar die Kosten dafür in den nächsten dreißig Jahren einsparen, aber sie werden schließlich höhere Kosten in Form eines dauerhaft um circa 3,5 Prozentpunkte niedrigeren Bruttoinlandprodukts zu tragen haben, da die Temperatur dann bis Ende 2100 weiter auf etwa 4°C über das vorindustrielle Niveau ansteigen dürfte. Gerade langfristig-orientierte Investoren sollten deshalb ein großes Interesse daran haben, dem Klimawandel Grenzen zu setzen.“

Unterschiede bei einzelnen Ländern und Regionen
Einzelne Länder dürften nach Einschätzung Blindums unterschiedlich stark von den finanziellen Folgen des Klimawandels betroffen sein. Die US-Wirtschaft könnte durch eine Kombination aus relativ hohen physischen Kosten sowie hohen Kosten für die Schadensbegrenzung beeinträchtigt werden. „Auch Länder, die entweder eine sehr CO2-intensive Produktion aufweisen oder anderweitig von fossilen Brennstoffen abhängig sind, könnten erheblich in Mitleidenschaft gezogen werden“, so der Nordea Experte. Dazu gehören Länder wie China, Australien, Brasilien und Russland.

Grundsätzlich dürften die Schwellenländer aus Sicht Blindums stärker von den Folgen des Klimawandels betroffen sein – sowohl in Bezug auf die physischen Kosten als auch auf die Kosten für die Eindämmung des Klimawandels – was sich in deutlich geringeren Renditeerwartungen niederschlägt. „Indien und China beispielsweise gehören zu den Ländern, die am meisten CO2 emittieren, und auch die dortige derzeitige Durchschnittstemperatur wirkt sich negativ für diese Länder aus“, erläutert Blindum. „Die Region Guangdong im Süden Chinas beispielsweise, die 10,9 % des chinesischen BIP erwirtschaftet, hat eine Durchschnittstemperatur von 22,2 °C. Sie dürfte erheblich vom Klimawandel betroffen sein.“

Solange die globalen Temperaturen auf einem Niveau von etwa zwei Grad über dem vorindustriellen Niveau gehalten werden, dürften die europäischen Länder und insbesondere Nordeuropa im Vergleich die finanziellen Folgen des Klimawandels weniger stark zu spüren bekommen. Dies gehe auf die Kombination zweier Faktoren zurück: Erstens sei die derzeitige Durchschnittstemperatur in Europa ausreichend niedrig, so dass ein leichter Temperaturanstieg die Produktivität sogar erhöhen könnte; zweitens seien die Kosten für den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft in diesen Ländern im Allgemeinen geringer, da deren Branchenmix vergleichsweise wenig von Kohlenstoff abhängig sei. „Allerdings scheinen die Klimaveränderungen in der Nähe der Pole schneller voranzuschreiten, wodurch Europa und insbesondere Nordeuropa doch stärker negativ von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sein könnten als bislang angenommen“, sagt der Experte.

Fazit:
„Die Weltwirtschaft ist nicht immun gegen den Klimawandel“, stellt der Investmentstratege fest. „Die physischen Kosten des Klimawandels sowie die Kosten für die Verhinderung eines weiteren Temperaturanstiegs werden die Renditen von Vermögenswerten wahrscheinlich bis mindestens Mitte des Jahrhunderts beeinträchtigen.“ Dies werde sich auch auf die Preise der Vermögenswerte auswirken. „Es dürfte zu Preisanpassungen kommen“, sagt Blindum. „Die Frage ist: Welche Vermögenswerte sind betroffen und um wie viel werden sich deren Preise anpassen?“

Der Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft bringe jedoch nicht nur Risiken mit sich, sondern auch Investitionschancen, insbesondere im Technologie-Bereich. „Unternehmen, die innovative Produkte und Dienstleistungen anbieten, die den Übergang zu einer kohlenstoffarmen und hocheffizienten Zukunft unterstützen, dürften vom Umbau der Weltwirtschaft profitieren“, betont Blindum. „Zusätzlich zur Messung unseres Klimarisikos müssen wir daher auch unser Engagement in den Klimalösungen messen, die den Übergang vorantreiben, wie erneuerbare Energien, kohlenstoffarme Gebäude und Energieeffizienztechnologien. Viele dieser Chancen materialisieren sich bereits heute.“

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