Keine Angst vor Zinsfalken!
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Es scheint, als hätte es die jüngsten Krisen gar nicht gegeben. Trotz atomarer Bedrohung, Spannungen in Nahost und europäischer Schuldenkrise machen die Notenbanker in Europa wieder Geldpolitik wie zuvor. Gar die alten Warnungen, niedrige Zinsen könnten neue Investmentblasen heraufbeschwören, sind wieder ausgemottet worden. So war es gerade erst wieder bei EZB-Mitglied Yves Mersch zu hören. Es verdichten sich die Anzeichen, dass die Europäische Zentralbank im April die Zinsen erstmals seit 2008 wieder anhebt, auch wenn die Folgen der japanischen Krise noch völlig unbekannt sind. Auch wenn Portugals Zukunft noch in den Sternen steht. Während des Berichtszeitraums wurden die Portugiesen sogar mehrmals von Rating-Agenturen abgestraft. Prompt forderte der Markt noch höhere Anleihezinsen von dem schuldengeplagten Land.
Die Börsianer sind gleichfalls wieder zur Tagesordnung übergangen. Sie lassen sich von all den schlechten Nachrichten rund um den Globus nicht mehr sonderlich beirren. Nicht zuletzt, weil die Akteure längst eingestiegen sind, viele von ihnen schon vor der jüngsten Welle der Risikoaversion. In dieser Woche konnte der DAX sogar noch einmal einige neue Anhänger für sich begeistern, wie die heutige Sentiment-Befragung der Börse Frankfurt unter heimischen, mittelfristig orientierten Investoren zeigt: Das Bullenlager erfährt einen Zuwachs von 3 Prozent.
Den neuen und alten Bullen kann auch das hawkishe Getöse der Notenbanker nichts anhaben. Eine Zinserhöhung werten sie derzeit eher als Zeichen der wirtschaftlichen Stärke. Ähnliches gilt für die USA: Auch hier sprechen neuerdings auffällig viele Zentralbanker von drohender Inflation. Sogar sonst so taubenhafte Geldpolitiker kleiden sich mit den Federn der Zinsfalken: St.-Louis-Fed-Chef James Bullard kann sich vorstellen, die massiven Staatsanleihekäufe der US-Notenbank einzudämmen auf 500 statt 600 Mrd. USD. Das bedeutet zwar, dass die Märkte mit deutlich weniger Liquidität als bislang gedacht überschwemmt werden und damit eines der beliebtesten Aktienkaufargumente wegfällt. Das Gros der Investoren dies- wie jenseits des Atlantiks lässt sich jedoch selbst davon nicht abschrecken.
Dass man all diese Nachrichten auch anders interpretieren kann, zeigt sich an der Reaktion der vormals neutral eingestellten Akteure, die nicht an eine Position gebunden sind. War das Lager der Abwartenden in der letzten Woche noch so prall gefüllt wie seit vergangenem Juni nicht mehr, so haben sich 7 Prozent der Vermögensverwalter nun verabschiedet. Aber eben nicht nur ins Bullenlager. Stattdessen setzen 4 Prozent auf eine neuerliche Schwäche des deutschen Leitindex.
Der DAX selbst konnte auf Wochensicht immerhin weiter an Boden gutmachen. Doch er wird wohl kaum ungehindert zu neuen Höhen stürmen. Da viele Akteure dem DAX auch während der letzten Korrektur die Treue gehalten und sogar noch zugekauft haben, warten noch einige gestrandete Long-Positionen darauf, glattgestellt zu werden. Widerstand ist programmiert. Eine Konsolidierung ist das wahrscheinlichste Resultat - für mehr benötigt der DAX langfristige Schützenhilfe.
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