Kommentar
08:20 Uhr, 04.11.2014

Japan: was ist von der Verzweiflungstat zu halten?

Während die Börsen die QE Ausweitung in Japan feiern muss man sich im Big Picture so langsam die Frage stellen, ob Japan noch zu retten ist.

Die Ausgangslage vor Beginn der Anleihenkäufe war in den USA und Japan grundverschieden. Während es in den USA (anfangs zumindest) darum ging das Finanzsystem zu retten, konnte davon in Japan keine Rede sein. Die Wirtschaft wuchs nicht schnell, dafür aber gemächlich. Es reichte für eine Arbeitslosenrate von 4% oder weniger. Da kann man kaum von großer wirtschaftlicher Not sprechen.

So unterschiedlich die Ausgangslagen waren, so ähnlich sind die Ziele: Belebung der Wirtschaft durch Inflation. In den USA hat sich die Wirtschaft letztlich auch ohne große Inflation wieder gefangen. QE, könnte man meinen, hat zwar nicht das bewirkt, was es sollte, funktioniert hat es dennoch. In Japan funktioniert gar nichts. Wenn die Erfahrung in den USA eines gezeigt hat, dann sicherlich, dass Anleihenkäufe allein keine Inflation erzeugen. Inflation ist ein Nachfragephänomen. Die Idee der US und der japanischen Notenbank war: wir erzeugen Inflation, was den Konsum belebt. In den USA hat sich der Konsum wieder belebt – auch ohne Inflation. Es waren vermutlich andere Faktoren als die Anleihenkäufe allein, die die US Wirtschaft wieder auf Kurs gebracht haben.

Die Bank of Japan hält vehement an der Grundidee fest. Dass das funktionieren wird ist äußerst fraglich. Theoretisch ist die Idee bestechend. Steigt die Inflation, dann geben Konsumenten ihr Geld lieber aus als es zu sparen. In Japan wird die Wirtschaft von enormen Staatsausgaben maßgeblich getragen, während die Bürger sparen. Mit höheren privaten Konsumausgaben könnte sich der Staat wieder etwas sanieren. Letztlich würde es um eine Verschiebung der Ausgaben vom Staat zum Bürger gehen. Das erzeugt aber unterm Strich nicht unbedingt mehr Nachfrage. Um mehr Nachfrage zu erzeugen müssten Bürger mehr ausgeben während der Staat weiter Schulden macht.

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Wie man es dreht und wendet, die Rechnung geht nicht auf. Es ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb die Notenbank zusammen mit der Regierung die Bürger dazu drängen möchte die Konten leerzuräumen. Die private Sparquote ist in Japan noch immer hoch, sinkt aber seit Jahren deutlich. Einige Ökonomen gehen davon aus, dass die Sparquote in 15 bis 20 Jahren bei 0% ist oder sogar negativ. Das ist der normale Effekt einer immer älter werdenden Bevölkerung. Ersparnisse werden im Alter tendenziell abgebaut. Da diese Altersgruppe immer größer wird, lastet das auf der Gesamtsparquote.

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Kurzfristig haben die Maßnahmen der BoJ etwas bewirkt. Die Währung ist schwächer geworden, die Inflation zog etwas an. Nun sinken die Importpreise (vor allem Rohstoffe). Die Inflation ist wieder rückläufig – und das seit Monaten, rechnet man die Steuererhöhung aus den Daten heraus.

Die BoJ kann mit ihrer Geldpolitik die Nachfrage nicht anschieben. Das funktioniert nicht, solange um das gedruckte Geld nicht reale Güter gekauft werden. Sie kann nur die Währung schwächen. Das geht nur, wenn sie die monetäre Basis immer weiter ausweitet. Irgendwann ist dann aber den Punkt gekommen, an dem es eine sehr schwierige Gratwanderung wird. Überspannt sie den Bogen, dann kollabiert die Währung von heute auf morgen, weil das Vertrauen weg ist. Schaltet die Notenbank einen Gang zurück, dann riskiert sie ebenfalls die „Erfolge“ der bisherigen Politik wieder zu verlieren. Das Dilemma ist groß und mir fällt es wirklich schwer zu glauben, dass es ein gutes Ende haben wird.

Selbst wenn die Japaner auf einmal anfangen ihre Konten leerzuräumen, dann verschiebt sich das Problem nur. Werden Ersparnisse aufgebraucht, dann muss früher oder später der Staat wieder für die alternde Bevölkerung in die Bresche springen. Die Schulden würden wieder stark steigen.

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1 Kommentar

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  • netzadler
    netzadler

    eines der interessantesten makrothemen

    ich lese ihre Kommentare gern, Kompliment für ihren schreibstil

    für mein dafürhalten analysieren sie die zusammenhänge sehr treffend

    ich tippe ganz stark auf den währungskollaps. aktuell ist der rohstoffkollaps für die Handelsbilanz der Japaner günstig, gefährdet aber natürlich das inflationsziel.

    nochmals 20% Abwertung des Yen würde natürlich auch schon was bringen, wobei das dann für andere technologieexporteure zu starken Bauchschmerzen führt.

    ich wage auch zu behaupten, dass Japan über ein paar ökonomische Interessen hinaus aufgrund seines auftretens als brutale menschenverachtende imperialmacht in den vergangenen beiden Jahrhunderten eigentlich keine freunde in der welt hat, die ihm in höchster not ohne Eigennutz als verbündete beistehen würden

    die demografie bringt langfristig den Tod, das scheint aus heutiger sicht unausweichlich,

    den Japanern müsste schon eine quantensprungähnliche Erfindung gelingen

    10:19 Uhr, 05.11. 2014

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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