Kommentar
13:38 Uhr, 03.11.2014

Interview mit Robert Hartmann, Geschäftsführer pro aurum

Robert Hartmann ist Gründer und Geschäftsführer des Münchner Edelmetallhandelshauses pro aurum. Er rät Anlegern, sich angesichts des größten Geldexperiments in der Geschichte abzusichern: Mit ausgewählten Aktien und Edelmetallen.

Erwähnte Instrumente

  • Gold
    ISIN: XC0009655157Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (JFD Brokers)
  • Silber
    ISIN: XC0009653103Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (JFD Brokers)

„Risikoaufschlag von Gold ist aktuell sehr gering“

Herr Hartmann, die Zahl der Krisen nimmt in diesem Jahr ein beachtliches Ausmaß an, doch im Goldpreis schlägt sich das nicht oder nur gering nieder. Warum sollten sich Anleger derzeit Gold und andere Edelmetalle ins Portfolio legen?

Das Vertrauen der institutionellen Investoren in die Notenbanken ist heute unerschütterlich. Angesichts der Ereignisse seit dem letzten Tief am Aktienmarkt in 2009 auch völlig zu Recht. Wann immer es an den wichtigen Aktienbörsen steil bergab ging, zauberten Bernanke & Co gewaltige Rettungsaktionen aus dem Hut. Daher wanderte das Großkapital in den vergangenen Jahren im Wesentlichen zwischen den von den Zentralbanken „geschützten“ Aktien- und Anleihemärkten hin und her.

Diesen Schutz genießt Gold nicht. Im Gegenteil. Die Notenbanken haben kein Interesse an einem stark steigenden Preis des gelben Metalls, würde dieser ja ein mangelndes Vertrauen in die Fähigkeiten der politischen und wirtschaftlichen Führung bedeuten. Wir leben im größten Geldexperiment der Geschichte. Niemand weiß, ob das am Ende auch gut ausgeht. Daher braucht jeder Anleger eine Versicherung in Form von Gold für das angesparte Kapital im Portfolio. Die Vorteile liegen auf der Hand: Gold ist nicht wie Papiergeld beliebig vermehrbar und unterliegt auch keinem Zahlungsversprechen eines Staates.

Gold reagiert auf Krisen, die mit Finanz- und Handelssystemen zu tun haben. Die Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten sind in diesem Sinne weniger relevant. Die Ebola-Epidemie hingegen könnte sich zu einer Megakrise auswachsen – dann auch mit Auswirkungen auf die weltweiten Finanzsysteme. Auch die Eurokrise ist in den vergangenen Wochen mit Wucht zurückgekehrt: Die Konjunkturprognose für den Euroraum verdunkelt sich, zudem werden die massiven Probleme von Ländern wie Italien und Frankreich offensichtlich. Gold wird wieder verstärkt als Krisenwährung betrachtet werden.

Tatsächlich bereitet die EZB eine massive Ausweitung der Geldmenge vor, um die weiterhin schwache Konjunktur im Euroraum zu stützen. Inwiefern könnte Gold profitieren?

In den vergangenen Jahren haben die Notenbanken mit ihrer extrem lockeren Geldpolitik die Anleger in den Aktienmarkt getrieben. Edelmetalle erscheinen immer dann weniger attraktiv, wenn andere Anlageklassen deutlich besser performen. Demzufolge war der Aktienmarkt der größte Gegenspieler von Gold und Silber. Edelmetalle werden wieder profitieren, wenn sich die Inflation bei den Vermögenswerten, die wir jetzt schon haben, auf die Verbraucherpreise niederschlägt. Das wird passieren, wenn das Vertrauen in die Lösungsfähigkeit der Regierungen und Notenbanken auf ein solch tiefes Niveau sinkt, dass das Vertrauen in die Papierwährungen untergraben wird.

Haben Sie eine Erklärung dafür, warum viele Deutsche krisenresistent geworden sind und offenbar großes Vertrauen in die Aktienmärkte und Notenbanken setzen?

Einen generellen Optimismus im Hinblick auf die Kapitalmärkte sehe ich nicht. Die deutschen Privatanleger laufen nicht scharenweise in den Aktienmarkt. Die Aktienquote war in Deutschland zu Zeiten des Neuen Marktes auf dem Höhepunkt, damals hielt fast jeder zehnte Deutsche Wertpapiere.

Mittlerweile liegt die Quote wieder bei mageren sieben Prozent – im Vergleich zu den USA ist das extrem niedrig. Die Deutschen sind über Lebensversicherungen und Altersvorsorge-Verträge zu 80 Prozent in Geldwerte wie Anleihen investiert. Das ist in Niedrigzinsphasen das eigentliche Problem, denn die Sparer verlieren von Jahr zu Jahr Vermögen. Und derzeit sehe ich nicht, dass die Realzinsen aus dem negativen in den positiven Bereich drehen werden.

Wie schätzen Sie die nächsten Jahre für den Edelmetallmarkt ein?

Beim Goldpreis bewegen wir uns nur noch knapp oberhalb der Förderkosten. Der Risikoaufschlag der Goldnotierung ist aktuell also sehr gering. Das Niveau zwischen 1.100 Dollar und 1.200 Dollar pro Feinunze sehe ich deshalb mittelfristig als Kaufniveau. Kurzfristig kann es aber auch unter dieses Preisband gehen. Kurse unter 1.100 Dollar würden allerdings nur kurz Bestand haben, da hier wesentliche Teile der Goldförderung eingestellt werden müssten. Sollte das Vertrauen der Anleger in die Notenbanken eines Tages schwinden, wird der Goldpreis extrem schnell steigen und neue Höchstkurse erreichen.

Wie sollten sich Anleger positionieren?

Viele Investmentklassen sind derzeit in Richtung einer Blasenbildung unterwegs, allen voran Anleihen, aber auch Immobilien und einzelne Aktien. Die Edelmetalle haben dagegen vor drei Jahren ihr Hoch gemacht, inzwischen ist Gold meines Erachtens im unterbewerteten Bereich angekommen. Grundsätzlich sollten Anleger Klumpenrisiken meiden. Die Strategie muss lauten: teilweise raus aus zinstragenden Anlagen und rein in ausgewählte Aktien und Edelmetalle.

Die Fragen stellte Helge Rehbein.

Dieses Interview lesen Sie in der soeben erschienenen Sonderpublikation "Gold und Sachwerte" der BörseGo AG. Sie können die Publikation HIER kostenlos herunterladen.

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