Kommentar
13:00 Uhr, 09.08.2007

Interview mit Gerald Appel, dem Erfinder des MACD - Es funktioniert!

Das Moving Average Convergence/Divergece System (MACD) ist ein Indikator, der sowohl oszillatorische als auch trendfolgende Elemente enthält, von der Aussage her aber eindeutig zu den Trendfolgern zählt. Die sogenannte MACD-Linie ist die Differenz zweier exponentiell gewichteter Moving Averages (gleitende Durchschnitte, GD), die um eine Nulilinie oszilliert. Aus dieser Kurve wird ein weiterer GD ermittelt, den man als Trigger (Signallinie bezeichnet). Signale werden generiert, wenn die MACD-Linie und der Trigger sich kreuzen.

Das folgende Interview wurde in den vergangenen Ausgaben des Tradersjournals (TJ) veröffentlicht.

TJ: Mr. Appel, der MACD-Indikator ist einer der beliebtesten Indikatoren unter Tradern. Sie sind der Entwickler dieses Indikators. Wie verwenden Sie persönlich den MACD?

Gerald Appel: Der MACD eignet sich hervorragend, um langfristige Wendepunkte im Markt auszumachen. Das sind die Punkte bei denen der MACD weit unterhalb der Nulllinie ein Kaufsignal generiert.

TJ: Wie entsteht für Sie also ein Signal?

Gerald Appel: Die wichtigsten Signale sind für mich die Kaufsignale unterhalb der Nulllinie. Der MACD –Indikator schwankt mit zwei Linien unterhalb eben dieser Nulllinie. Schneidet der MACD-Linie die Signallinie von unten nach oben, und das in der Spanne unterhalb der Null, so entsteht ein Kaufsignal. Für ein Verkaufssignal schneidet der MACD die Signallinie von oben nach unten, oberhalb der Nulllinie. Und bei meinem Börsenhandel achte ich besonders auf die Kaufsignale die auf längerfristigen Charts auftreten.
TJ: Sie verwenden den MACD also gar nicht für kurzfristiges Trading?

Gerald Appel: Nein, die beste Anwendungsfunktion des MACD ist es Umkehrsignale am Tages- und Wochenchart auszumachen. Wobei die Signifikanz des Signals verstärkt wird, wenn das Kaufsignal weit unterhalb der Null-Linie generiert wird.

TJ: Wann kamen da die großen Einstiegssignale?

Gerald Appel: Das beste Signal ist wohl das Einstiegssignal nach dem Crash von 1987. Auch vor dem Crash wäre man anhand des MACD rechtzeitig gewarnt gewesen. Doch auch kurz nach dem Boden von 2003 in den Aktienmärkten, generierte der MACD ein solches Kaufsignal. In Abbildung 1 sehen Sie auch, dass dies am Tageschart im DAX hervorragend funktioniert.

TJ: Das sieht ja wirklich fabelhaft aus! Natürlich gibt es auch Fehlsignale?

Gerald Appel: Natürlich ist es auch beim MACD von absoluter Wichtigkeit auch hier immer mit einem Stopp-Loss zu arbeiten. Nicht jedes Signal kann und wird ein Gewinner werden. Wenn Sie sich in Abbildung 2 den Wochenchart des DAX ansehen, dann werden Sie schnell erkennen, dass das erste Signal etwas zu früh aufgetreten ist. Man hätte von dem zweiten, perfekten Signal im Jahr 2003 nicht mehr voll profitieren können, hätte man sein Risikomanagement beim ersten Trade nicht schon im Griff gehabt.

TJ: Das heißt, die eigentliche Kreuzung der Nullllinie interessiert sie gar nicht?

Gerald Appel: Nein, nicht als Signalgeber. Die Schnittpunkte der beiden Linien ist für mich interessant. Dabei handle ich unterhalb der Nulllinie nur Long-Signale, und oberhalb der Nulllinie nur Short-Signale.

TJ: Sie verwenden den MACD also für langfristig relevante Einstiegspunkte. Worauf sollte man bei den Parameter-Einstellungen achten? Sind sie für den Handelserfolg von Relevanz?

Gerald Appel: Man sollte beachten, dass in Aufwärtsphasen die Volatilität an den Märkten nur halb-, wenn nicht sogar nur ein viertel so hoch ist, wie sie es in Abwärtsphasen ist. Ich verwende auf meinen Charts also meistens zwei Indikatorenfenster, die gleichzeitig eingeblendet sind. Ein MACD wird mit schnellen Parametern, der andere mit kurzen berechnet. Dabei ist der schnelle der MACD dessen Verkaufssignale ich beachte. Die Volatilität ist in Aufwärtstrendphasen eben geringer.

TJ: Und den schneller berechneten MACD verwenden Sie ausschließlich für die Verkäufe?

Gerald Appel: Richtig. Der kurzfristige MACD generiert meine Kaufsignale, und der langfristige MACD generiert meine Verkaufssignale. So ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass man in Aufwärtstrends immer wieder von kleinen, hochvolatilen Korrekturen aus dem Markt gespült wird – und damit im Endeffekt dem Trend nachlaufen muss.

TJ: Handeln Sie nach dem Einstiegssignal gleich das erste Ausstiegssignal?

Gerald Appel: Nein, in starken Trendphasen ist es auch legitim das erste Verkaufssignal zu ignorieren. Doch das zweite, die zweite Kreuzung der MACD Linien oberhalb der Null-Linie ist definitiv ein Verkaufssignal.

TJ: Sind Sie also immer im Markt positioniert? Entweder Long oder Short?

Gerald Appel: Nein, nein. Ich treffe meine Handelsentscheidungen ja auch nicht ausschließlich aufgrund des MACD-Indikators. Der MACD-Indikator ist nur eine weitere Unterstützung bei der Entscheidungsfindung. Obwohl ich schon sagen muss, dass der MACD in meinem Weg zu einer Handelsentscheidung eine wichtige Rolle zugesprochen werden kann.

TJ: Raten Sie Tradern den Indikator mit anderen Indikatoren zu paaren?

Gerald Appel: Es kann helfen einen weiteren Indikator hinzuzufügen. Einen Indikator wie den CCI beispielsweise. Der CCI ist ja nichts weiter als ein klassischer Channel-Oszillator. Stellen Sie sich vor, dass ein ganz normaler gleitender Durchschnitt auf den Chart gelegt wird. Nun erhält dieser Durschnitt „Bänder“ – sprich einen kleinen Versatz der fortan als Unterstützung und Widerstand dient. Der CCI zeigt Ihnen immer an, wo sich die Kurse gerade innerhalb dieser Bänder befinden. Mehr tut der CCI-Oszillator nicht. Diese Information kann für trendwendene Signale allerdings sehr hilfreich sein.

TJ: Wichtig ist doch bei der Analyse darauf zu achten nicht zu viele Indikatoren aus der gleichen Familie zu nehmen?

Gerald Appel: Das ist schon richtig. Es wird nicht viel bringen den MACD mit Momentum-Indikatoren zu paaren. Die Verlaufskurve von Indikatoren der gleichen Natur, wie es der Rate-of-Change und der MACD beispielsweise sind ist häufig sehr ident. Es kann trügerisch sein zu glauben, dass ein Signal im ROC den MACD bestätigt – dabei sieht man letztenendes auf ein und dasselbe Signal.

TJ: Noch einmal zu den Parameter-Einstellungen. Ich liege wohl richtig in der Annahme, wenn ich sage, dass es hier keine „heiligen“ Zahlen gibt.

Gerald Appel: Ich verwende auch nur 12-26-9, das sind die Standardeinstellungen. Für Kaufsignale kann der MACD aber manchmal auch etwas feiner eingestellt sein.

TJ: Welchen Tipp würden Sie angehenden Tradern mit auf den Weg geben?

Gerald Appel: Haltet euch am Anfang von kurzfristigem Trading fern. Der MACD eignet sich bestens um die großen Wendepunkt im Markt auszumachen.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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