Fundamentale Nachricht
15:45 Uhr, 08.01.2014

Inflation und Geldentwertung sind zwei Paar Schuhe!

Die offiziellen Inflationsdaten weichen enorm von der "gefühlten Inflation" ab. Das Gefühl der Verbraucher täuscht auch nicht. Denn aufgrund der Berechnungsmethoden sinkt die Kaufkraft wesentlich schneller als uns das die offiziellen Zahlen glaubhaft machen wollen.

Die Statistikämter weisen europaweit eine sehr niedrige Inflationsrate aus. Im Euroraum ist die Teuerungsrate im Dezember auf 0,8 Prozent gesunken. Diese Zahl weicht jedoch enorm von der "gefühlten Inflation" ab. Das Gefühl der Verbraucher täuscht auch nicht, wie dies teilweise behauptet wird. Denn aufgrund der Berechnungsmethoden sinkt die Kaufkraft wesentlich schneller als uns das die offiziellen Zahlen glaubhaft machen wollen. Ein Beispiel, das sicher jeder kennt: Beim Öffnen von Verpackungen muss man oft feststellen, dass diese nur zur Hälfte gefüllt sind. Vor allem Hersteller von Lebensmitteln verwenden gerne zu große Verpackungen. Dies hat zwei Gründe: Zum einen erwecken große Verpackungen den Eindruck, dass sich darin auch viel Ware verbirgt. Gleichzeitig werden damit aber auch versteckte Preiserhöhungen durchgesetzt, indem bei gleichbleibender Verpackungsgröße und gleichem Produktpreis die Inhaltsmenge verringert wird. Wenn der Preis des Produkts stabil geblieben ist, hat dieser "Trick" keinen Einfluss auf die offiziellen Verbraucherpreise. Bei der Messung der Inflationsrate wird nämlich nicht überprüft, ob der Inhalt der Verpackung verringert wurde.

Zudem wendet das Statistische Bundesamt bei der Berechnung der Verbraucherpreise die sogenannte hedonische Methode an. Bei dieser Preisberechnung werden die Qualitätseigenschaften des Guts berücksichtigt. Ein Beispiel: Wenn sich die Prozessor-Geschwindigkeit eines Computers verdoppelt, der Verkaufspreis jedoch gleich bleibt, unterstellen die Statistikbehörden einen Preisrückgang um 50 Prozent. Man bekommt für das gleiche Geld schließlich die doppelte Leistung. Durch diese Methode wird die ausgewiesene Inflation deutlich vermindert. Die Kaufkraft der Bürger steigt dadurch aber nicht, weil man für das gleiche Geld nach wie vor nur ein Produkt enthält, das dem neuesten Stand der Technik entspricht. Im Gegenzug werden übrigens Qualitätsverschlechterungen in Form einer abnehmenden Nutzungsdauer durch kurzlebiger werdende Konsumartikel nicht berücksichtigt. Dies ist teilweise der Fall, wenn günstige und minderwertige Komponenten verbaut werden. Hinzu kommt, dass sich Qualitätsmerkmale nur selten objektiv bestimmen lassen. Es handelt sich immer um eine subjektive Ermessenentscheidung des Statistikers.

Vielfach wird behauptet, dass Elektronikartikel immer günstiger werden. Das entspricht meines Erachtens nicht der Wahrheit. Günstiger werden nur Artikel, die nicht mehr dem neuesten Stand der Technik entsprechen. Man darf aber nicht die Preise von alten Modellen mit dem Neupreis vergleichen. Wenn man sich die Preise der verschiedenen iPhone-Modelle jeweils bei Markteinführung anschaut, wird man feststellen, dass die Preise stetig gestiegen sind. Abgesehen davon, dass ältere Modelle im Einzelhandel kaum noch angeboten werden, ist man als Verbraucher meist gezwungen, sich ein neueres Gerät zu kaufen, da die Anforderungen der Anwendungen stetig steigen. So sind beispielsweise die ersten Smartphone-Modelle mittlerweile kaum noch nutzbar.

Die reale Geldentwertung fällt damit vermutlich deutlich höher aus, als es die offiziellen Inflationsdaten ausdrücken. Der gefühlte Anstieg der Verbraucherpreise dürfte deutlich über den Zahlen der Statistikbehörden liegen und eher der Realität entsprechen. Die Gefahr einer "echten" Deflation mit entsprechenden Auswirkungen auf den Konsum sehe ich vor diesem Hintergrund schon gleich gar nicht. Denn das Konsumverhalten wird von der individuell wahrgenommenen Inflation geprägt und nicht von den offiziellen Zahlen.

Diskutieren Sie mit auf meinem Guidants-Stream: http://go.guidants.com/de#c/thomas_gansneder

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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