In der Bauindustrie wuchert ein Dschungel an nachhaltigen Zertifikaten
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Vaterstetten bei München Godmode-Trader.de) - Die Entwicklung und der Bau nachhaltiger Gebäude florieren. Dieser positive Trend macht sich auch in der Vielzahl von Bauzertifikaten bemerkbar, die Gebäuden Nachhaltigkeit attestieren: Meist untersuchen die Labels die Energie- und Wassereffizienz der Gebäude. Weitere Kriterien wie Sinnhaftigkeit des Bauprojektes oder Auswirkungen während der Bau- und Nutzungsphase finden bisher kaum Beachtung.
Im Interview geht Gerold Permoser, Chief Investment Officer der Erste Asset Management (EAM), der Frage nach, an welchen Punkten die Bau- und Immobilienbranche aus Sicht eines Investors, der auf Nachhaltigkeit Wert legt, noch besser werden kann. „Die Einführung und Anwendung der international bekannten Gebäude-Labels wie LEED, BREEAM und DGNB schätzen wir als Nachhaltigkeitsinvestoren positiv ein. Allerdings gehört aus unserer Sicht zur Nachhaltigkeit eines Gebäudes mehr als nur das Erfüllen der Mindestanforderungen diverser Labels. Doch die meisten Label-Bezieher geben sich damit zufrieden. Außerdem gilt eine Vielzahl der Zertifikate nur für einzelne Länder, nur wenige Labels sind länderübergreifend beziehungsweise international ausgerichtet. Da ist ein Zertifikate-Dschungel in der Bauindustrie entstanden. Die meisten nachhaltigen Bauzertifikate basieren zwar auf ähnlichen Grundkonzepten, unterscheiden sich aber in Teilbereichen oder im Umfang. Für uns sind die derzeitigen Labels zu wenig umfassend und aussagekräftig. Deshalb fließt die Zertifizierung nachhaltiger Gebäude bislang nur indirekt - über bessere Energie- bzw. Wassereffizienzwerte - in unser ESG-Unternehmensrating von Bau- und Immobilienkonzernen ein“.
Permoser sieht auch Verbesserungsbedarf. „Die meisten Zertifikate zielen nur auf ökologische Aspekte oder eine hohe Energieeffizienz ab. Weitere Aspekte wie die Sinnhaftigkeit des Bauprojektes oder die Auswirkungen während der Bau- und Nutzungsphase finden bisher kaum Beachtung. Bislang konzentrieren wir uns bei der Nachhaltigkeits-Analyse von Immobilien viel zu sehr auf das "E" des ESG-Ansatzes, also auf die Environmental-Komponente und weniger auf die Social- und Governance-Komponente. Aber gerade Wohnen und Arbeiten in Immobilien umfasst diese Komponenten. Ich nenne nur die Stichworte Soziales Wohnen, Gentrifizierung, Korruption im Baugewerbe, Schwarzarbeit - all das hat letztlich mit einer umfassenden Wahrnehmung von Nachhaltigkeit im Immobiliensektor zu tun. Wohnen ist nach meiner Erkenntnis etwas, das eigentlich gar nicht unabhängig von einer ESG-Perspektive gedacht werden kann".
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