Kommentar
11:00 Uhr, 16.11.2020

Immer mehr sehr bilanzschwache Aktien in Leitindizes

Wer glaubt, dass man mit ETFs auf Leitindizes keinen Ramsch kauft, liegt falsch. Tatsächlich nimmt der Anteil an Unternehmen, die de facto bankrott sind, zu.

Erwähnte Instrumente

  • DAX
    ISIN: DE0008469008Kopiert
    Kursstand: 13.076,72 Pkt (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • S&P 500
    ISIN: US78378X1072Kopiert
    Kursstand: 3.585,15 Pkt (CME) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
  • DAX - WKN: 846900 - ISIN: DE0008469008 - Kurs: 13.076,72 Pkt (XETRA)
  • S&P 500 - WKN: A0AET0 - ISIN: US78378X1072 - Kurs: 3.585,15 Pkt (CME)

Dass ein Unternehmen, welches in einem Leitindex wie dem DAX notiert, nicht automatisch ein gutes Unternehmen ist, wissen wir. Spätestens seit dem Wirecard-Skandal ist das den Anlegern bewusst geworden. In den meisten Fällen sind es aber nicht gefälschte Zahlen, die zur Einstufung in den Ramschbereich führen, sondern das Eigenkapital.

Jedes Unternehmen hat Vermögenswerte und Verbindlichkeiten. Zieht man Verbindlichkeiten wie Schulden von den Vermögenswerten wie Fabriken oder immateriellen Vermögenswerten wie Markenrechten ab, bleibt das Eigenkapital übrig.

Ist das Eigenkapital negativ, übersteigen die Verbindlichkeiten das Vermögen. Eigentlich ist ein Unternehmen in solchen Fällen überschuldet und theoretisch bankrott. Es gibt einige Ausnahmen zu dieser Regel. Vor allem jüngere und schnell wachsende Unternehmen können zu Beginn negatives Eigenkapital haben.

So hatte Tesla die meiste Zeit über praktisch überhaupt kein Eigenkapital. Das Unternehmen nahm hohe Schulden auf, um Wachstum zu finanzieren. Geldgeber vertrauten auf das Wachstum und bekamen bisher Recht. Das Eigenkapital ist inzwischen konsistent positiv.

Von einem etablierten Unternehmen mit Jahrzehnten an Geschichte erwartet man eigentlich kein negatives Eigenkapital. Dies kommt aber immer häufiger vor. Das frühere DAX-Mitglied Lufthansa dürfte im laufenden Quartal negatives Eigenkapital ausweisen. Wegen der offensichtlich schlechten Performance während der Coronakrise ist das Unternehmen bereits aus dem DAX abgestiegen.

Der DAX steht derzeit noch relativ gut da. Beim S&P 500 kann man das nicht sagen. Hier gibt es 25 Unternehmen, die negatives Eigenkapital ausweisen. Das sind 5 % aller Firmen, die im Index enthalten sind. Wer einen Index-ETF hält, hält auch diese Unternehmen, die praktisch insolvent sind.


Manche Unternehmen haben noch positives Eigenkapital, verdienen dafür aber zu wenig, um die Schulden langfristig tragen zu können. Sie geben inkl. Schuldendienst mehr aus als sie einnehmen. Das Eigenkapital mag dann heute noch positiv sein, da diese Firmen aber aus der Substanz leben, ist es nur eine Frage der Zeit bis es verschwindet.

Solche Zombie-Firmen verbreiten sich immer weiter. Die Coronakrise hat zu einem Rekord geführt (Grafik 2). Der Anteil an Zombie Firmen dürfte in den nächsten Monaten weiter steigen. Anleger können dem bei so weiter Verbreitung kaum entkommen.


Das Positive ist immerhin, dass diese Firmen in den Indizes aufgrund der Kursentwicklung nur ein geringes Gewicht haben. Ein Depot mit ausschließlich Index-ETFs muss nicht automatisch darunter leiden. Als Anleger fragt man sich aber schon wie nachhaltig es ist, wenn immer mehr Indexmitglieder de facto bankrott sind.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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