Immer das Ziel im Blick
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In den letzten Monaten haben sich konjunkturabhängige Papiere und Small Caps besser entwickelt als Wachstumswerte und Aktien, die vom Homeoffice und von Kontaktbeschränkungen profitieren. Auch die stabileren Aktienmärkte, höhere Rohstoffpreise, steilere Zinsstrukturkurven und steigende Inflationserwartungen signalisieren eine Konjunkturerholung.
Die aktuellen Aktienkurse und Credit Spreads sprechen für ein hohes Gewinnwachstum im neuen Jahr. Die enorm hohen Kurs-Gewinn-Verhältnisse wären dann gerechtfertigt. Oder sind die Erwartungen doch zu hoch, zumal fast alles perfekt sein muss?
Was kann schieflaufen?
Zu Beginn der Pandemie haben die Notenbanken die Verluste der Unternehmen quasi vergemeinschaftet, um eine Kreditkrise abzuwenden und eine mögliche Rezession zu verkürzen. Grundsätzlich scheint dies erfolgreich gewesen zu sein. Aber jetzt dürfte die Geldpolitik ihr Pulver verschossen haben. In Zeiten wie diesen drucken die Zentralbanken Geld, aber die Regierungen geben es aus. Damit wird die Verantwortung für die Konjunktur auf die Politik übertragen.
Hinzu kommt ein starker Anstieg der COVID-19-Fälle. In Nord- und Südamerika, Europa und Teilen Asiens müssen immer mehr Menschen stationär behandelt werden. Die Aussicht auf einen Impfstoff hilft den Investoren zwar, sich wieder eine normale Zukunft vorzustellen. An der aktuellen Verschlechterung der Lage ändert das aber nichts. Wir fürchten, dass Ausgangssperren und Abstandsregeln die Mobilität einschränken und nicht nur die bislang V-förmige Erholung gefährden, sondern auch den schon jetzt enormen Bedarf an staatlichen Finanzhilfen weiter steigern. In den Kursen sind die zusätzlichen Hilfen bereits berücksichtigt, aber noch weiß niemand, wann sie kommen und wie hoch sie sein werden.
Da die Gewinne 2020 aufgrund der Pandemie eingebrochen sind, waren die steigenden KGV der einzige Grund für die steigenden Kurse. Zum Ende einer Rezession ist das nicht ungewöhnlich. Weil aber die KGV in den letzten Monaten so stark gestiegen sind, bleiben Risikoassets anfällig. Was passiert bei bösen Überraschungen oder enttäuschend niedrigen Staatshilfen?
Diese Risikofaktoren gilt es im Auge zu behalten. Noch wichtiger sind aber die Einzelwertrisiken in unterschiedlichen Szenarien wie Double-Dip-Rezession, Reflation oder Stagnation. Zu Beginn der Krise und während der Erholung legten die Umsätze mancher Unternehmen extrem zu. Sie profitierten von der Pandemie und davon, dass die Menschen zu Hause blieben. Branchen, die unter den Kontaktbeschränkungen litten, hatten in den letzten Monaten dagegen große Probleme.
Aber man sollte sich nicht von Schlagzeilen beeindrucken lassen oder die jüngste Vergangenheit unkritisch extrapolieren. Das tun nur Maschinen, nicht Investoren. Investieren bedeutet, von den aktuellen Ereignissen zu abstrahieren und darüber nachzudenken, was sie für ein Unternehmen langfristig bedeuten. Dann gilt es zu überlegen, wie sich sein Cashflow in den nächsten Jahren entwickeln wird. Schließlich muss man den Gegenwartswert des Cashflows berechnen.
Bei Risiken sieht man oft den Wald vor lauter Bäumen nicht. Das heißt, Risiken können nicht immer berechnet werden. Normalerweise hat man an den Märkten nie vollständige Informationen, und die Unsicherheit ist stets groß. Die aktuellen Bewertungen signalisieren eine Menge Zuversicht über die möglichen Entwicklungen im neuen Jahr.
Verantwortliches Investieren ist finanzielle Nachhaltigkeit in vielerlei Weise
Wenn ich nach den Erfahrungen in diesem Jahr nach vorn sehe, kommt mir immer wieder die eigentliche Aufgabe der Finanzmärkte in den Sinn: Preisfindung und die effiziente Nutzung von Ressourcen. Investoren stellen die Ertragschancen einer Anlage ihren Risiken gegenüber und vergleichen sie mit Alternativen.
Unsere Aufgabe ist es, diese Risiken genau einzuschätzen und dann das Kapital verantwortungsvoll zu investieren. Investieren war noch nie einfach, aber im aktuellen Umfeld ist es eine noch größere Herausforderung.
Aus unzähligen Gründen blitzen immer wieder hochattraktive Investmentchancen mit interessanten Ertragsaussichten auf – bei den heutigen Sparzinsen von fast null häufiger denn je. Aber wir müssen uns fragen, was alles optimal laufen muss, damit diese Chancen tatsächlich halten, was sie versprechen. Kann ein Unternehmen eine Double-Dip-Rezession überstehen? Ist es liquide genug, um einen weiteren Kreditschock abzufedern? Kann es Regulierungsänderungen verkraften? Sind seine Wettbewerbsvorteile groß genug, um es in einer digitalen Welt mit ständigen Veränderungen vor neuen Konkurrenten zu schützen?
Hoffnung auf die Zukunft
Ich hoffe und glaube, dass 2021 besser wird als 2020. Ich freue mich auf die Zukunft, vor allem auf echte Alpha- und Arbitragechancen. Warum?
Die besten Unternehmen sind die, die Wert für ihre Stakeholder schaffen, statt sich auf deren Kosten zu bereichern. Letztere mögen sich vielleicht zunächst besser entwickeln, aber das ist nicht von Dauer. In den letzten zehn Jahren hat das nachlassende Umsatzwachstum immer mehr Unternehmen veranlasst, ihre Gewinne auf Kosten von Zulieferern, Mitarbeitern, Anleihegläubigern und Kunden zu steigern. Die besten Unternehmen sind aber die mit einer Kultur der Zusammenarbeit mit allen Stakeholdern. Solche Unternehmen bieten Investoren ein knappes Gut: überdurchschnittliche Finanzergebnisse, die von Dauer sind und sich in ihren Kursen niederschlagen.
Genau das meinen wir, wenn wir davon sprechen, Kapital verantwortungsvoll zu investieren. Dieses Ziel behalten wir in diesen extrem unsicheren Zeiten immer im Blick.
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