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16:34 Uhr, 08.07.2019

Griechischer Wahlsieger Mitsotakis: Herkulesaufgabe

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sagt nach dem Wahlsieg der konservativen Nea Dimokratia in Griechenland „eine herkulische Aufgabe" für den nächsten Ministerpräsidenten Mitsotakis vorher.

Athen (Godmode-Trader.de) - Die gestrigen Parlamentswahlen in Griechenland zeigten eine überwältigende Unterstützung für die Mitte-Rechts-Partei Nea Demokratia (ND) unter der Führung von Kyriakos Mitsotakis, der bereits zum neuen Premierminister ernannt wurde. Die Nea Demokratia hat den Ergebnissen nach 40 Prozent der Stimmen erhalten, während die regierende Syriza-Partei von Alexis Tsipras 32 Prozent erreichte.

Das Ergebnis zeigte auch eine abnehmende Unterstützung für die rechte Morgenröte, die die für den Eintritt ins Parlament erforderliche Schwelle von 3 Prozent nicht überschritt. Morgenröte wurde bei den letzten Wahlen in Griechenland noch zur drittgrößten Partei und erhielt 7 Prozent der Stimmen. Das griechische Wahlsystem sieht vor, dass die größte Partei weitere 50 Mandate erhält, was der ND eine absolute Mehrheit verleiht.

Den Griechen versprach Mitsotakis Steuersenkungen, Arbeitsplätze und höhere Renten. „Heute fangen wir mit der harten Arbeit an", sagte Mitsotakis am Montag. Tags zuvor sagte er in einer Fernsehansprache: „Ich setze mich für weniger Steuern, viele Investitionen, für gute und neue Jobs sowie für Wachstum ein, das zu besseren Gehältern und höheren Renten in einem effizienten Staat führen wird". Der Wahlausgang habe ihm ein klares und starkes Mandat gegeben, Griechenland zu verändern.

Internationale Analysten sehen die kommende Regierungszeit weniger euphorisch: „Obwohl Mitsotakis Steuersenkungen und größere Investitionen versprochen hat, wird sich die Wirtschaftspolitik angesichts der zwischen Tsipras und den Gläubigern des Landes getroffenen Vereinbarung höchstwahrscheinlich nicht wesentlich von der bestehenden unterscheiden“, hieß es von der Danske Bank. Obwohl die Reformanstrengungen des Landes Wirkung zeigen, ist die Staatsverschuldung Griechenlands mit über 170 Prozent der Wirtschaftsleistung mit Abstand die höchste in der Eurozone.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sagt nach dem Wahlsieg der konservativen Nea Dimokratia in Griechenland „eine herkulische Aufgabe" für den nächsten Ministerpräsidenten Mitsotakis vorher. „Der Staatsapparat ist immer noch ineffizient, die öffentliche Verwaltung funktioniert schlecht und Produktmärkte sind überreguliert", sagte DIW-Forschungsdirektor Alexander Kritikos. Das Steuersystem sei unzuverlässig, die Bürokratie überbordend, die Justiz lahm, und zahllose sich widersprechende Verwaltungsvorschriften belasteten den unternehmerischen Alltag. „Die nächste Regierung muss diese Strukturreformen angehen, die alle vorherigen Regierungen der vergangenen zehn Jahre nicht angehen wollten oder nicht angehen konnten", forderte Kritikos.

Die Steuer- und Abgabenschraube sei „völlig überdreht" worden, hinzu komme ein geschwächtes Bankensystem. „Griechenland hat also ein riesiges Reformprojekt noch vor sich", sagte Kritikos. Mitsotakis müsse aus den Fehlern vorheriger Regierungen, deren Mitglied er selbst war, lernen und für mehr Unterstützung bei der Umsetzung der Reformen sorgen. Eine solche Unterstützung nannte Kritikos „eine Bringschuld der Politik“.

Im ersten Quartal 2019 stieg das Bruttoinlandsprodukt um 1,2 Prozent zum Vorjahresquartal. Für ein Land dessen Wirtschaftsleistung 20 Prozent niedriger ist als vor zehn Jahren ist das zu wenig.

1 Kommentar

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  • Tom66
    Tom66

    Wirtschaftsleistung 20 Prozent niedriger ist als vor zehn Jahren, aber Gehälter und Renten sollen steigen.

    Und wer bezahlts?

    Nein, nicht die Schweizer. Die haben alles richtig gemacht.

    00:27 Uhr, 10.07. 2019

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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