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10:59 Uhr, 01.11.2011

Griechische Tragödie trifft auf Unverständnis

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Athen/ Frankfurt (BoerseGo.de) - Die überraschende Ankündigung einer Volksabstimmung durch die Regierung in Athen löst an den Märkten Panikstimmung aus. Der DAX fiel am Dienstagmorgen unter die Marke von 6000 Zählern und verlor in der Spitze 4,4 Prozent.

Insbesondere Finanztitel brechen ein. So rutschten Papiere der Commerzbank am Morgen um 8,08 Prozent an das Dax-Ende, Anteile der Deutschen Bank sackten um 7,13 Prozent ein. Die Aktie der französischen Bank Société Générale stürzte in der Spitze um rund 14 Prozent ab. Der französische Branchenriese BNP Paribas und die niederländische ING büßten je zehn Prozent ein.

Auch die Kurse von Staatsanleihen hoch verschuldeter Euro-Länder fielen. Die Renditen schossen hingegen in die Höhe: Zehnjährige griechische Staatsanleihen rentierten mit 23,6 Prozent 0,36 Prozentpunkte höher als am Montag. Die Renditen italienischer Zehnjahresläufer kletterten zeitweise um 0,12 Prozentpunkte auf 6,21 Prozent. Spanische Anleihen rentierten mit 5,62 Prozent in der Spitze 0,08 Prozentpunkte höher als am Montag.

Keine Woche nach dem Euro-Krisengipfel hat Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou ein Referendum angekündigt. Die Bürger sollen befragt werden, ob sie den neuen Hilfszusagen der internationalen Geldgeber zustimmen wollten oder nicht. In einer am Samstag veröffentlichten Umfrage hatten fast 60 Prozent der Griechen das beschlossene EU-Rettungspaket als negativ oder wahrscheinlich negativ bewertet. Die neuen Hilfen sind an rigide Sparanstrengungen geknüpft. Da der griechische Ministerpräsident Georgios Papandreou die Abstimmung mit einer Vertrauensfrage verbinden will, würde eine Ablehnung zudem auf einen Regierungswechsel in Athen hinauslaufen. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor, befürchten Marktbeobachter.

Ökonomen bewerten die Ankündigung aus Athen als schweren Rückschlag in der Schuldenkrise: Folker Hellmeyer, Chefanalyst der Bremer Landesbank, findet deutliche Worte. Zwar sei die überwiegend negative Haltung der Griechen gegenüber dem verschärften Reformprogramm verständlich. "Sollten die Griechen Anfang 2012 aber immer noch diese Meinung vertreten, ist das Votum als Selbstmord aus Angst vor dem Tod zu klassifizieren", so der Experte. Eine Ablehnung würde zu "Chaos" führen, Hilfszahlungen wären nicht mehr möglich. Das zuletzt aufgeblühte "Pflänzchen der begründeten Hoffnung" sei jedenfalls neuen Gefahren ausgesetzt.

Nach Einschätzung des finnischen Europaministers Alexander Stubb ist die Volksabstimmung in Griechenland auch ein Referendum über die Mitgliedschaft in der Eurozone. Schwedens Außenminister Carl Bildt hat überhaupt kein Verständnis für das angekündigte Referendum. "Es gelingt mir wirklich nicht zu verstehen, worüber Griechenland ein Referendum haben will“, schrieb er in seinen Internetblog. "Der gestrige Bescheid aus Athen, dass Regierungschef Papandreou irgendeine Art der Volksabstimmung plant, hat die Bewältigung dieser Situation nicht gerade leichter gemacht." Diese Probleme würden nun den in Cannes bevorstehenden G20-Gipfel "mit absoluter Sicherheit dominieren."

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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