Kommentar
17:56 Uhr, 06.05.2010

Griechenland ist nur der Anfang...

Ist das noch zu fassen? Finanzminister Wolfgang Schäuble will die Banken dazu bewegen, in griechische Staatsanleihen zu investieren. Das schreibt das Handelsblatt am Freitag. Schäuble hofft, die Märkte damit zu beruhigen und ein Vertrauenssignal zu setzen. „Freiwillig“ soll das Engagement sein.

Natürlich liefert der Minister damit eine Steilvorlage für spätere Schadensersatzforderungen der Banken. Vielleicht ohne es zu wollen – vielleicht aber auch nicht: Womöglich ist das alles ja auch nur ein abgekartetes Spiel, bei dem am Ende der deutsche Staat „ganz unverschuldet“ in die Pleite rutscht. Man könnte sich dann auf die bösen Banken berufen, höhere Gewalt ins Feld führen – und so dem gemeinen Volk den Staatsbankrott plausibel machen. Ja, lachen Sie ruhig - vor einigen Jahren wurden wir auch ausgelacht, weil wir einen Goldpreis von 1.000 US-Dollar prognostiziert haben. Damals kostete die Unze 250 US-Dollar. Wir werden sehen...

Das Ganze erinnert an ähnliche Vorhaben zu Zeiten unserer Urgroßväter. Beispiel 1907: Eine Liquiditätskrise führte damals zur größten bislang bekannten Panik an den Aktienmärkten. Wer noch Geld brauchte, der musste astronomische Zinsforderungen von 100 bis 150 Prozent bezahlen. Trotzdem weigerten sich die meisten Banken selbst zu solchen Konditionen, Kredite zu gewähren.

Auf dem Höhepunkt der Panik versammelte Bankenboss John Pierpont Morgan 50 Bankiers in seinem privaten Anwesen und brachte sie dazu, den in Schieflage geratenen Finanzinstituten aus der Klemme zu helfen. Um den Markt zu stützen, setzte Morgan große Summen seines eigenen Vermögens aufs Spiel und überzeugte die Kollegen, es ihm gleichzutun. Doch das Eingreifen der Bankenvorstände konnte nicht verhindern, dass das Jahr 1907 als eines der schlimmsten in die amerikanische Börsengeschichte einging: Am Ende verzeichnete der Dow Jones bei einem Indexstand von 58,75 Punkten ein Minus von fast 40 Prozent.

Die Krise führte übrigens zur Gründung der privatwirtschaftlich geführten US-Notenbank im Jahr 1913. Dass die Fed ein privater Klüngelverein ist, das wissen viele Anleger bis heute nicht. Nein, es ist keine staatliche Institution, deren Äußerungen die Anleger lauschen, die Fed verfolgt ihre eigenen Interessen. Die Notenbank sollte verhindern, dass es jemals wieder einen Liquiditäts-Engpass wie im Jahr 1907 geben würde. Das Ergebnis des damit einsetzenden zügellosen Kreditwachstums können wir heute bestaunen.

Auch auf dem Höhepunkt der Börsenpanik von 1929 versuchten Bankiers aus dem Hause J.P. Morgan ganz in der Tradition des Firmengründers die fallenden Kurse zu stützen. Wieder schaffte das Vorgehen nur vorübergehende Erleichterung; die bislang schwerste Depression aller Zeiten konnte auch diesmal nicht aufgehalten werden.

Die Lehren daraus: Die Marktmechanismen sind unerbittlich und sie lassen sich durch Schritte, wie sie der deutsche Finanzminister jetzt plant, nicht außer Kraft setzen. Das wird diesmal nicht anders sein. Auch aus diesem Grund erwartet Harvard-Professor Feldstein demnächst einen Zahlungsausfall bei griechischen Anleihen. Und er rechnet mit einem Übergreifen der Krise auf andere Mitglieder der Eurozone. Portugal sei der wahrscheinlichste Kandidat.

Die Hilfszahlungen an Griechenland wären unserer Ansicht nach nur dann sinnvoll angelegtes Geld, wenn sie Athen einen teilweisen Schuldenerlass und den vorübergehenden Ausstieg aus dem Euro ermöglichen würden. Dann könnte das Land seine Wettbewerbsfähigkeit und das Vertrauen der Kapitalmärkte zurückgewinnen. Wird jetzt allerdings „nur“ gezahlt, und genau danach sieht es aus, dann wird am Ende alles sehr viel teurer werden.

Im Antizyklischen Börsenbrief hatten wir schon vor über einem Jahr auf die Gefahr hingewiesen, dass die Staaten ihre Haushalte ruinieren, wenn sie die taumelnden Banken mit Steuergeldern rauspauken, anstatt sie in den Konkurs zu schicken. Jetzt haben wir den Salat – und Griechenland wird nur der Anfang sein...

Und während sich Finanzminister Wolfgang Schäuble in dieser Woche auch noch auf die bösen Spekulanten eingeschossen hat, Leerverkäufe sollen (wieder einmal) verboten werden - der Beifall der Medien ist dem Minister sicher - hat der Dow Jones klammheimlich das Kursziel erreicht, das auf dem Point & Figure-Chart seit Monaten auf der Agenda gestanden hatte: 11.250 Punkte, am Montag war es soweit....

Wie es jetzt weitergehen dürfte, das klären wir in der in der aktuellen Ausgabe des Antizyklischen Börsenbriefs, die in Kürze erscheint.

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Zum Autor:
Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG, und Geschäftsführer des Antizyklischen Aktienclubs. Börsenbrief und Aktienclub, das komplette Servicepaket für die Freunde antizyklischer Anlagestrategien! Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de und www.antizyklischer-aktienclub.de

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