Fundamentale Nachricht
13:50 Uhr, 13.01.2021

Goldfinger-Prozess endet in einem Debakel

Statt eines Urteils wurde das Goldfinger-Verfahren eingestellt. Damit endet ein Mammutprozess, in den die Ermittlungsbehörden acht Jahre Arbeit gesteckt haben. Sie stehen nun vor einem Scherbenhaufen.

Augsburg (Godmode-Trader.de) - Der Name klingt nach Glamour im Gangster-Milieu und sorgt für Aufmerksamkeit. Letztlich war das ganze Verfahren aber eher ein Potemkinsches Dorf. Der sog. Goldfinger-Prozess vor dem Augsburger Landgericht, das spektakuläre Verfahren um angeblich milliardenschwere Steuerhinterziehungen, wird nach nur einem Jahr Verhandlung eingestellt. Wie das Gericht mitteilte, kann den beiden Angeklagten wenn dann nur eine geringe Schuld vorgeworfen werden. Und: Da die zwei Beschuldigten, ein Rechtsanwalt und ein Steuerberater aus München, sogar in Untersuchungshaft saßen, können sie nun beim Staat eine Haftentschädigung geltend machen. Das „Handelsblatt“ sprach von einer „Blamage für die Ermittler“.

Schon im Sommer 2020 hatte der Vorsitzende Richter eine Einstellung gegen eine Geldauflage empfohlen. Damals hatten sich die Staatsanwälte noch gegen diesen Schritt ausgesprochen. Der Vorsitzende Richter Johannes Ballis äußerte seinerzeit, dass er weitere Prozesse in dem Komplex für eine „Ressourcenverschwendung“ halte. Gegen ihn wurde daraufhin, wenn auch erfolglos, ein Befangenheitsantrag gestellt.

In dem Strafprozess ging es um ein umstrittenes Steuersparmodell, mit dem sich Steuertrickser vor dem Fiskus arm gerechnet haben. Dabei ging es konkret um Goldhandel über ausländische Firmen, was lange als ein großes Schlupfloch bei der Einkommensteuer galt. Mit dem Steuersparmodell „Goldfinger“ konnten solvente Steuerzahler ihre Steuerleistungen in Deutschland deutlich herunterfahren. Dafür mussten sie Verluste aus dem Handel mit Gold und anderen Wertgegenständen über ausländische Gesellschaften vortragen. Die zugrundeliegende Gesetzeslücke wurde 2013 geschlossen.

Ursprünglich sollten bei dem Augsburger Prozess die beiden Männer laut Anklage die vermeintlichen Strippenzieher eines breitangelegten Steuersparmodells gewesen sein. Die Rede war von Steuereinsparungen, die sich möglicherweise im Bereich von bis zu einer Mrd. Euro bewegen. Die Strafkammer deutete schon zu einem frühen Zeitpunkt an, dass sie von keinen schwerwiegenden Straftaten ausgeht. Ob es bei dieser Causa nun zu weiteren Verfahren gegen bis zu 20 andere Angeklagte kommt, steht noch nicht fest.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

Mehr Experten