Kommentar
06:00 Uhr, 11.09.2008

Gibt es typische Charakterzüge oder Fähigkeiten eines erfolgreichen Traders?

Auf Messen, Roadshows, Seminaren, so auch auf den beiden bisherigen Terminen der [Link "BNP Paribas Trading Tour" auf www.tradingtour2008.de/... nicht mehr verfügbar], werde ich immer wieder von Anlegern gefragt, ob es bestimmte Charaktereigenschaften gibt, die Anleger und speziell Trader haben sollten, um erfolgreich an den Märkten agieren zu können.

Übrigens. Die Trading Tour schlägt wieder voll ein. Es ist meines Erachtens wie auch schon letztes Jahr die größte durch einen Emittenten initiierte Veranstaltungsserie. Die enorme Resonanz erstaunt insofern, als die Märkte sich in 2008 bisher so volatil und schwierig bewegen wie schon Jahre nicht mehr.

Zurück zu den Fragestellungen ...

Wie wichtig ist mathematische Begabung ?

Wie wichtig sind Fähigkeiten der visuellen Rezeption ?

Sind erfolgreiche Trader überdurchschnittlich intelligent ?

Sind erfolgreiche Trader eher ruhige Menschen oder eher impulsive ?

Gibt es Charaktereigenschaften und mentale Eigenschaften, die von Vorteil sind und solche, die von Nachteil sind ?

Es gibt tatsächlich ein Repertoire von Eigenschaften und Fähigkeiten, die für das Anlegen an den Finanzmärkten von Vorteil sein können.

Der Punkt ist der, dass diese erforderlichen Eigenschaften davon abhängen, in welchem Zeitfenster Sie den Markt handeln.

Definition : Wie sind Zeithorizonte definiert?

Wenn jemand den Markt als Value Investor auf langfristige Sicht (mehrere Jahre) erfolgreich handelt, dann hat dies durchaus auch etwas mit seinem Charakterprofil und seinen mentalen Stärken zu tun. Analytisches Vorgehen, standardisiertes Vorgehen, mathematische Fähigkeiten, "Vorliebe für Zahlen" und Formeln, das ist beim Value Investing und Fundamentalresearch gefragt.

Wenn sich jemand genau im anderen Extrem betätigt, nämlich dem Scalptrading, - hier werden hochgehebelte Positionen lediglich Sekunden oder Minuten gehalten -, zählen visuelle Fähigkeiten, schnelle Auffassungsgabe, gute Reflexe ...

Als kurz- und mittelfristig aktiver Anleger gilt es Marktaktivitäten auszuwerten. Wird ein Wertpapier gekauft oder verkauft ? Dominieren die Bullen oder Bären ? Wie ist der Verhältnis dieser beiden komplementären Marktteilnehmergruppen ? Kurz- und mittelfristige Kursbewegungen laufen nicht selten entgegen dem fundamentalen Trend. Beispiel: Laut Volkswirten liegt der fundamental faire Wert des Ölpreises seit Monaten bei 80-100 $ pro Barrel, der Preis stieg jedoch weiter bis 150 $. Laut Volkswirten liegt der fundamental faire Wert vom Euro gegenüber dem US-Dollar bei 1,15-1,30 USD, tatsächlich stieg das Währungsverhältnis aber auf 1,60 USD. Ein Beispiel für Marktphasen, in denen es zu absolut extremen Überbewertungen gekommen war, ist die Internetblase der Jahre 1998 bis 2000. Wer damals sozusagen als "Value Shortseller" die Internetaktien aufgrund zu hoher Bewertungen leerverkaufte, erlebte sein blaues Wunder.

Die längste Zeit bewegen sich Basiswerte entweder in Unter- oder Überbewertungen. Deshalb wertet der kurz- und mittelfristige Anleger eben die Marktaktivitäten aus und nicht die zugrundeliegenden fundamentalen Trends.

Meines Erachtens ist es einer der größten Fehler, wenn Anleger beispielsweise auf kurzfristige Sicht handeln und dies versuchen mit fundamentaler Analyse zu bewerkstelligen nach dem Motto "SAP ist günstig bewertet und hat vor 2 Wochen gute Quartalszahlen präsentiert, ich kaufe die Aktie deswegen auf Sicht einiger Stunden oder Tage ..." Das ist gerade so, als ob ein Neurochirurg mit einem Presslufthammer an mikroskopisch feinen Gewebestrukturen des Gehirns arbeiten würde. Das falsche Instrument, die falsche Analysemethode, um kurzfristig zu handeln.

Die Auswertung erfolgt mit der charttechnischen Analyse als dem probaten Mittel, um Trends einordnen zu können. Charttechnische Analyse, um das kurz- und mittelfristige Kursgeschehen prognostisch eingrenzen zu können. Fundamentale Analyse, um fundamentale übergeordnete Trends zu verstehen und quasi als "Allgemeinbildung".

Visuelle Fähigkeiten sind erforderlich, meines Erachtens aber nicht in dem Maße, wie wahrscheinlich viele denken mögen. Die bekannte Futurestraderin Linda Bradford Raschke weist darauf hin, dass man nur mit der Kenntnis eines einzigen Kursmusters und einer einzigen Tradingstrategie, erfolgreich den Markt handeln kann. Damit beschreibt Sie den Sachverhalt natürlich etwas überspitzt. Aber ich sehe es ähnlich. Konzentration auf einige wesentliche charttechnische Instrumente und einige Strategien reicht vollkommen aus. Visuelle Fähigkeiten werden rechtshirn-dominanten Menschen zugesprochen. Visuelle Fähigkeiten sind erforderlich, um die Sprache der Charts zu verstehen und entziffern zu können. Welche Trendmuster entstehen im Kursverlauf ? Welche Volatilitätsmuster liegen vor ? Welche Variationen von Kursmustern (Formationen) ergeben sich ? Wie werden diese Muster aufgelöst ? Letzteres kann von Marktphase zu Marktphase variieren.

Mathematische Fähigkeiten sind ebenfalls erforderlich. Chartanalyse versucht Zahlen zu visualisieren. Preis- und Kursdarstellungen, Volumenentwicklungen, aber Risiko- und Moneymanagement als Basis für dauerhaften Erfolg an den Finanzmärkten erfordern mathematische Kenntnisse. Ich würde das Grundkenntnisse in Sachen Mathematik nennen. Einmal verstanden, dürfte wirklich jeder Anleger Moneymanagement anwenden können.

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Disziplin ist ebenfalls eine Fähigkeit, die insbesondere im kurz- und mittelfristigen Handel zwingend gegeben sein muß. Das Regelwerk um Einstieg, Stoploss und Gewinnmitnahmen sowie Positionssizing muß eingehalten werden. Wer bestehende Regeln ständig aufweicht und nicht diszipliniert handelt, wird früher oder später dafür bezahlen; und zwar in Form von Verlusten.

Zielgerichtetes Denken. Gerade bei den ersten Schritten auf dem Parkett der Börse ist festzustellen, dass Anleger egal welcher Colour ihre Vorgehensweise st��ndig ändern. Ihnen fehlt der rote Faden. Das betrifft nicht nur Einsteiger, sondern teilweise auch professionelle Marktteilnehmer und solche, die sich dafür halten. Da gibt es die Strategie und jene Strategie, den Indikator und jenen Indikator, diese Formel und jene Formel, da werden umfassende theoretische Abhandlungen in Internetforen veröffentlicht und diskutiert, praktisch real springt dann oftmals aber nichts heraus. Zielgerichtetes Denken bedeutet, dass man das adäquate Instrument und die passende Handelsstrategie wählt, die in einem bestimmten Finanzmarkt und Zeitfenster funktionieren.

Flexibles Denken. Ein Punkt, der etwas mit dem zuvorgenannten Punkt kollidieren kann. Als Value Investor spulen Sie immer das gleiche Analyseprogramm ab. Als kurz - und/oder mittelfristig aktiver Marktteilnehmer müssen Sie sehr wohl die Fähigkeit haben, ihre Instrumente und Handelsstrategien an das Kursgeschehen der jeweils vorliegenden Marktphase anzupassen. Sie müssen adaptieren können. Candlestickmuster und ihre Bedeutung verändern sich ebenso wie Kursmuster oder Trendverhalten. Die Finanzmärkte befinden sich in einem ständigen Fluß, insofern gilt es Instrumente und Strategien dementsprechend anzupassen. Diese Fähigkeit des flexiblen Denkens scheint eine echte Herausforderung zu sein. Wenn man bedenkt, wieviele US Traderseiten es in den Jahren 1998 bis 2000 gab und was davon übrig geblieben ist, weiß man, was Sache ist. Im deutschsprachigen Internet sieht es nicht anders aus. Selbst ehemalige Top-Seiten wurden zwischenzeitlich eingestellt.

Herzlichst,
Ihr Harald Weygand

Die BNP Tour führte uns bereits nach Düsseldorf und München. Standardmäßig stellte ich die drehende Damensilhouette vor. Das Ergebnis ist immer das gleiche, etwa 70 % sehen eine rechtsdrehende, 20% eine linksdrehende Dame. Und bei ca. 10% fluktuiert das Bild zwischen rechts- und linksdrehend.

Charttechniker sind rechtshirn-dominant - Wie sieht es bei Ihnen aus ?
Datum 13.08.2008 - Uhrzeit 01:00

Charttechnische Analyse erfordert ausgeprägte visuelle Fähigkeiten und die Fähigkeit aus teilweise erstaunlich wenig Informationen eine Lösung herleiten zu können. Chartisten sind aus diesem Grund in der Regel Menschen, die rechtshirn-dominant sind.

Bekanntermaßen besteht unser Großhirn (Cerebrum) aus 2 Hemisphären. Wir nutzen beide, meistens eine der beiden aber intensiver.

Die linke Gehirnhälfte steht für folgende Eigenschaften und Fähigkeiten :

- Lösung über Analyse, Logik, analytische Aufgaben, mathematische Fähigkeiten, logische Zuordnung und Vorgehensweise, strategisch , sequentielle Informationsstrukturierung, komplexe motorischen Funktionen, ausgeprägte Sprachfähigkeiten, in Einzelschritten vorgehend

Die rechte Gehirnhälfte steht für folgende Eigenschaften und Fähigkeiten :

- Lösung über Synthese, Kreativität, Gefühle/Emotionen, Wahrnehmung und Vergleich größerer Muster, Verhältnis zwischen Teil und Ganzem, räumliche Orientierung, musikalische Fähigkeiten ... mit wenig Informationen schnell ein "Big Picture" entwickeln, Impulsivität, ganzheitlich vorgehend, das Übergeordnete sehend, Intuition

Mir ist beim Lesen von Interviews erfolgreicher Chartisten und Trader aufgefallen, dass viele als Hobby das Spielen eines Musikinstruments angeben. Sehr interessant, wie ich finde. In der Medizin lernt man, dass musikalische Menschen im Rückenmark einen ausgeprägter ausgebildeten Strang (Tractus) haben. Leitungsbahnen, die eine wichtige Rolle für subkortikale (unbewußte) Fähigkeiten spielen. Subkortikale Prozesse wie das Atmen werden normalerweise über das Kleinhirn (Cerebellum) gesteuert. Aber auch das Auswendiglernen von Klavierstücken bedeutet das Verlagern von Abläufen auf die subkortikale Ebene. Ich habe übrigens in meiner Kindheit und Jugend fast 10 Jahre lang Klavier gespielt.

Wenn ich als Charttechniker auf Kursverläufe schaue, die Trend- und Kursmuster lese, dann erfordert das starke visuelle Fähigkeiten. Bei meinen Kollegen und mir fließt die Börse mit all ihren Kursen in unseren Adern. Ein Blick auf einen Chart und das Ergebnis steht bereits fest. Die anschließende eingehendere Analyse dient der Feinjustierung, das Hauptergebnis steht jedoch schon nach wenigen Sekunden fest. Und vieles spielt sich dabei im Unterbewußten ab, es sind subkortikal ablaufende Prozesse.

Abgesehen davon, dass Sie eingangs die Zuordnung der Eigenschaften und Fähigkeiten gesehen haben und sich damit tendenziell selbst zuordnen konnten, werfen Sie einen Blick auf die Silhouette der sich drehenden (wahrscheinlich) jungen Dame.

Dreht sie sich nach links oder nach rechts ?

Wenn Sie eine rechtsdrehende Dame sehen, dann sind Sie rechtshirn-dominant.
Wenn Sie eine linksdrehende Dame sehen, dann sind Sie linkshirn-dominant.

Je schneller und eindeutiger Sie die Drehrichtung zuordnen können, desto stärker weisen Sie eine Hemisphärendominanz auf. Auffallend bei uns im Büro war, dass insbesondere die weiblichen Mitarbeiterinnen einen gelegentlichen Wechsel der Drehrichtung feststellten. Mal links, mal rechts ...

Was mich anbelangt, bin ich sowas von rechtshirn-dominant, dass ich schon Schlagseite nach rechts haben müßte.

Wie dem auch sei. Ein interessantes Thema. Mal was anderes als die Kommentierung fallender Rohstoffpreise ...

Herzliche Grüße,
Ihr Harald Weygand

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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