Kommentar
09:43 Uhr, 18.11.2009

Geht der Industrie schon jetzt die Puste aus?

• Die Industrieproduktion ist im Oktober nur um 0,1 % gegenüber dem Vormonat gestiegen. Der Zuwachs beruht zudem auf eine Produktionsausweitung bei den Versorgern. Hier dürften Witterungsbedingungen im Oktober geholfen haben. Die Kapazitätsauslastung erhöhte sich auf 70,7 %.

• Die Produktionsentwicklung war in den ersten Aufschwungsmonaten ungewöhnlich kräftig. Dies entschädigt ein stückweit für die enttäuschende Entwicklung im Oktober. Insgesamt bestätigen die Daten unsere Einschätzung eines zähen Konjunkturaufschwungs.

1. Die wirtschaftliche Erholungsphase schreitet voran, und mit ihr steigen die Ansprüche, die man an realwirtschaftliche Daten stellt. Noch vor wenigen Monaten hätte man sich über ein leichtes monatliches Plus bei der Industrieproduktion gefreut. Vor diesem Hintergrund sind die heutigen Daten enttäuschend: Die Industrieproduktion ist zwar im Oktober zum vierten Mal in Folge angestiegen. Der Zuwachs gegenüber dem Vormonat ist mit 0,1 % mom aber denkbar knapp und zeugt nicht von einem hohen Expansionstempo (Bloomberg-Median und DekaBank: 0,4 %). Die Kapazitätsauslastung stieg zwar, aber mit 70,7 % wurden ebenfalls die Erwartungen nicht ganz erfüllt (Bloomberg-Umfrage und DekaBank: 70,8 %).

2. Der Blick in die Details unterstreicht den enttäuschenden ersten Eindruck, den die Daten vermitteln: Die gestiegene Produktion ging in erster Linie auf die Versorger zurück. In der Pressemitteilung des Federal Reserve Boards gibt es zwar keinen Hinweis auf eventuelle Witterungseinflüsse. Aber der Oktober war der drittkälteste in den vergangenen 115 Jahren, und dies dürfte (auch wenn der Oktober noch kein klassischer Wintermonat ist) durchaus die Produktion der Versorger angeheizt haben. Gebremst hat ein Produktionsrückgang in der Autoindustrie. Hier lagen in den vergangenen Monaten kräftige Zuwächse vor, die nicht ausschließlich auf die Autoabwrackprämie zurückzuführen sind, sondern auch in Zusammenhang mit dem Hochfahren der Produktion nach den unüblichen Stilllegungen seit Frühsommer stehen. Sowohl den Produktionsanstieg bei den Versorgern als auch den Rückgang in Autoindustrie hatten wir erwartet. Die negative Über2 raschung ging also auf die weiteren Teilbereiche zurück: Beispielsweise hatten wir nicht mit einem solch hohen negativen Rückpralleffekt im Bereich von Petroleum und Kohle gerechnet. Dieser fiel sogar stärker ins Gewicht als die Produktionskürzung in der Automobilindustrie. Produktionsanstiege gab es zwar in der sehr gewichtigen Chemieindustrie und im als konjunktursensiblen Maschinenbau. In beiden Fällen hatten wir aber mit höheren Zuwächsen gerechnet. Und letztlich ist die Entwicklung in der Produktgruppe „Business Equipment“ ebenfalls enttäuschend. Diese besitzt grundsätzlich einen guten Zusammenhang zur Entwicklung der Ausrüstungsinvestitionen, und der Rückgang im Oktober deutet auf eine anhaltend schwache Investitionstätigkeit hin.

3. In der historischen Betrachtung relativiert sich die Bewertung der Produktionsdaten für Oktober. Denn die Industrieproduktion hat sich seit Beginn des konjunkturellen Aufschwungs zunächst überdurchschnittlich entwickelt und liegt nun mit einem Produktionsanstieg von 3,0 % seit Juni dieses Jahres exakt auf dem durchschnittlichen Erholungspfad.1 Die Oktoberdaten scheinen aber anzudeuten, dass der USIndustrie schon recht frühzeitig in diesem Aufschwung die Puste auszugehen droht. Letztlich passt diese Entwicklung aber wiederum deutlich besser zur unserem allgemeinen Konjunkturbild einer zähen wirtschaftlichen Erholung. „Zäh“ bedeutet hierbei, dass nach kräftigen monatlichen Wachstumsraten auch schwächere Monate folgen werden und auch einzelne Rückgänge nicht auszuschließen sind.

Rudolf Besch - Analyst bei der Dekabank

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