Fundamentale Nachricht
17:07 Uhr, 09.02.2021

Für Italien gilt es nun, keine weitere Zeit mehr zu verlieren

Mario Draghi ist dem Erfolg nahe: 
Nach den letzten Sondierungen haben die Sozialdemokraten angekündigt, eine Regierungsbildung unter ihm als Ministerpräsident unterstützen zu wollen. Doch er steht weiter am Anfang. Die Herausforderungen sind immens.

Rom (Godmode-Trader.de) - Für den früheren Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, ging es auf der Suche nach einer Regierung für Italien heute in die letzte Sondierungsrunde. Draghi traf sich dabei zum zweiten Mal mit Vertretern der größeren Parteien. Vom Ausgang der Gespräch hing ab, ob er sich im Parlament als Ministerpräsident zur Wahl stellt. Angesetzt waren Gespräche unter anderem mit der Fünf-Sterne-Bewegung, der rechten Lega von Ex-Innenminister Matteo Salvini und den Sozialdemokraten (PD).


Nach den Verhandlungen haben die Sozialdemokraten angekündigt, eine Regierungsbildung unter Draghi als Ministerpräsident unterstützen zu wollen. „Wir bestätigen unser Vertrauen in diese Bemühung", sagte der Vorsitzende der mitte-links Partei PD, Nicola Zingaretti, laut Reuters. Er sei „sehr zufrieden".

Draghi hatte vergangene Woche von Staatspräsident Sergio Mattarella den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung erhalten. Die 5-Sterne-Bewegung will diese Woche in einer Online-Abstimmung ihre Mitglieder dazu befragen. Auch Salvini gab jüngst sein Einverständnis zu einer Kooperation.

Mario Draghi hat es geschafft, sich einander im Grunde spinnefeind gegenüberstehende Parteien aus dem gesamten politischen Spektrum zusammenzubringen. Das allein ist schon bemerkenswert. Laut italienischen Kommentatoren wäre es für die politischen Player aber hochriskant, nicht mitzuspielen und ihn hängenzulassen. Immerhin hat Italien eine Kriegskasse von 209 Milliarden Euro an europäischen Geldern zur Verfügung gestellt bekommen, um seine marode Wirtschaft anzukurbeln. Außerdem scheint Draghi keine langfristigen politischen Ambitionen zu hegen.

Die Aussicht auf eine politische Verantwortung Draghis hat die Märkte beflügelt, italienische Aktien und Anleihen haben sich erholt, seit er das Mandat zur Bildung einer Regierung angenommen hat.

Es steht viel auf dem Spiel: Die Pandemie hat in Italien mehr als 90.000 Tote gefordert und im vergangenen Jahr einen wirtschaftlichen Rückgang von etwa 9 Prozent verursacht. Die Staatsverschuldung steuert auf 160 Prozent der Wirtschaftsleistung zu. Nachdem das Anleihekaufprogramm der EZB die Kreditkosten im Zaum gehalten hat, drängt sich nun die Frage auf, wie lange dies so weiterlaufen kann.

Die Tatsache, dass Italiens politische Führer es nicht geschafft haben, während der schlimmsten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg eine stabile Koalition zu bilden, spricht Bände über ihre Unfähigkeit, sich der Situation zu stellen. Für Italien gilt es nun, keine weitere Zeit mehr zu verlieren.

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Über den Experten

Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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