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10:24 Uhr, 25.08.2017

Fed bleibt Risikofaktor

Nach Einschätzung von Goldman-Sachs-Experte Andrew Wilson unterschätzen die Märkte, wie sich eine Bilanzreduzierung der Fed und ein schrittweiser Ausstieg aus dem QE-Programm auswirken dürfte.

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New York (GodmodeTrader.de) - Steigende Wachstumsprognosen, weniger politische Unsicherheit und Schwellenländer, die sich überdurchschnittlich gut entwickeln: Makroökonomisch gesehen war dieses Jahr bislang recht stabil. Nun haben in jüngster Zeit die Inflationserwartungen und der sogenannte Trump-Trade kontinuierlich nachgelassen, wie Andrew Wilson, CEO für EMEA und Co-Head des Global Fixed Income und Liquidity Management Teams bei Goldman Sachs Asset Management, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Wie es also weiter gehe? Grundsätzlich stehe die weiter wachsende wirtschaftliche Expansion im Einklang mit dem, was man erwartet habe. Eines der Hauptthemen in diesem Jahr sei der Aufschwung im Konjunkturzyklus, sprich der Anstieg der Wirtschaftsleistung, die voranschreiten werde und sich auf weitere Länder ausweiten dürfte. Nichtsdestotrotz wüchsen die Zweifel hinsichtlich der Wachstumsdaten, die zuvor noch konstant positiv überrascht hätten. Das trübe die Stimmung ein wenig, heißt es weiter.

„Wir sind einerseits überzeugt, dass das globale Wachstum trotzdem über den Vorjahreswerten liegen und die wirtschaftliche Expansion nicht beeinträchtigen wird. Andererseits müssen wir anerkennen, dass sich die Lage vor allem gegenüber der positiven ersten Jahreshälfte geändert hat. Während die Wachstumserwartungen nach oben korrigierten, sanken gleichzeitig die Inflationserwartungen. Die letzten drei US-Verbraucherpreisindizes gingen besonders stark zurück. Unserer Meinung nach sprechen diese Daten gegen ein kurzfristiges Aufleben der Inflation. Dadurch, dass freie wirtschaftliche Kapazitäten gebunden sind, dürfte sich dies aber mittelfristig ändern“, so Wilson.

In den USA habe es seit 2003 drei Phasen gegeben, in denen der Kern-Verbraucherpreisindex im Jahresvergleich so stark wie zuletzt gesunken sei. Immer sei dies mit einem sichtbar schwächelnden Ölpreiswachstum einhergegangen. Diese Kombination deute darauf hin, dass auch die Kerninflationsrate betroffen sei. Schließlich seien die produktivitätsbereinigten US-Reallöhne in den vergangenen Jahren so hoch wie zuletzt in den 1950er Jahren gewesen. Die Reallohnsteigerungen seien zwar zum Teil ungeplant und auf eine unerwartet niedrige Inflation zurückzuführen, könnten sich aber auf das künftige Lohnwachstum auswirken. Entscheidend sei, dass all diese erschwerenden Faktoren nur vorübergehend relevant seien und davon auszugehen sei, dass sich die Inflation im weiteren Jahresverlauf stabilisiere, heißt es weiter.

„Wie geht es nun weiter? Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist es wahrscheinlich. Schließlich zeichnen sich zwischen der ersten und zweiten Jahreshälfte viele Parallelen ab. Der sich ausweitende wirtschaftliche Aufschwung wird die Arbeitsmärkte unter Druck setzen und die Inflationsraten beflügeln. Abzuwarten bleibt zweifellos, wann sich diese Faktoren gegenüber den temporären Inflationshemmnissen durchsetzen. Die Anleihemärkte machen auf uns nach Jahren enttäuschender Wachstums- und Inflationszahlen und massiven Eingriffen durch die Zentralbanken einen eher gesättigten Eindruck. Die US-Zinsen sind für eine geplante geldpolitische Straffung gleichwohl noch zu niedrig. Es scheint zudem, dass die Märkte unterschätzen, wie sich eine Bilanzreduzierung der Fed und ein schrittweiser Ausstieg aus dem QE-Programm auswirken dürften“, so Wilson.

Staatsanleihen und insbesondere US-Treasuries stehe er skeptisch gegenüber, setze aber nichtsdestotrotz auf Relative-Value-Investments. In anderen Ländern – im Gegensatz zu den USA – werde eine mögliche geldpolitische Straffung eher überbewertet. So preise der Markt beispielsweise in Kanada trotz der niedrigeren Inflation, des geringen Lohnwachstums und des erneut schwächelnden Ölpreises mehr Zinserhöhungen ein als in den USA. Um von diesen Unterschieden zu profitieren, setze man auf Relative-Value, heißt es weiter.

„Spreadrisiken schätzen wir überwiegend neutral ein, bei Assets mit starkem Exposure auf eine geldpolitische Straffung durch die Fed sind wir eher zurückhaltend. Hierzu zählen beispielsweise Mortgage-Backed Securities (MBS) und Unternehmensanleihen. Verbriefte Kredite einschließlich MBS ohne Staatsgarantie und Collateralized-Loan-Obligations mit AAA-Rating haben mehr Wertpotenzial“, so Wilson.

Schwellenländer seien nach wie vor interessant, wenngleich Staatsanleihen teuer erschienen. In diesem Bereich seien die Bewertungen nach einer starken Rallye zu Jahresbeginn weniger attraktiv. „Wir erkennen jedoch die Reformbemühungen in den Schwellenländern an und suchen weiterhin nach möglichen Investments. Generell sind die Fundamentaldaten in der Region vielversprechend wie auch Unternehmensanleihen. Zudem beobachten wir genau, ob China es schafft, sein Verschuldungsniveau abzubauen, ohne das Wachstum zu belasten“, so Wilson.

Ein Risikofaktor bleibe weiterhin eine offensivere Geldpolitik seitens der Fed, die den Dollar stärken und Finanzierungsmöglichkeiten erschweren könnte. Dabei könnte auch die Volatilität von staatlichen Hypothekenanleihen auf den Kreditbereich übergreifen. Letztlich könnten vor allem steigende Löhne zu erhöhter Inflation führen. Angesichts der momentanen Marktlage sei davon auszugehen, dass selbst eine geringfügig höhere Inflation große Marktauswirkungen haben könnte, heißt es weiter.

„Zentral für uns – und für alle Anleihemärkte – ist das Auslaufen der extrem akkomodierenden Geldpolitik der Fed. Aufgrund eines stabileren Wachstums und angespannter Arbeitsmärkte dürfte die Zinspolitik der US-Notenbank weiter anziehen. Inflationsraten und Leitzinsen dürften in anderen Märkten hingegen wohl relativ niedrig bleiben“, so Wilson.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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