FDAX und Bund-Future: Handelstagebuch vom 27. Oktober 2014
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- Euro-Bund FutureKursstand: 150,29 % (Indikation) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
Die Vorwoche war in den USA geprägt von einer auf Hochtouren laufenden Berichtssaison und den daraus resultierenden positiven Effekten auf die Kurse der Unternehmensaktien und des breiten Marktes. Legten die US-Barometer Dow Jones und S&P 500 prozentual stärker zu als Europas Indizes, so konnten diese in der letzten Handelswoche jedoch ebenfalls Zugewinne verzeichnen, ausgelöst von zum Teil positiven oder doch besser als befürchtet ausgefallenen Konjunkturzahlen (besonders in Deutschland). Neue Fälle von Ebola in den USA und Europa bremsten temporär zwar immer wieder die Gewinnserien, aber bisher konnte dieser Aspekt nicht wirklich auf der Negativseite durchdrücken.
Hauptsorge im Bezug auf Europa bleibt das schwache Wirtschaftswachstum bzw. die immer wieder aufflammende Sorge, der alte Kontinent könnte wieder in eine Rezession schliddern. Hinzu kam das Warten auf die Ergebnisse des Bankenstresstests, deren Veröffentlichung für das Wochenende angesetzt war. Zum Ende letzter Woche hin gab es Gerüchte, 25 statt 10 Banken hätten den Test nicht bestanden, was sich zumindest temporär in Kursabschlägen widerspiegelte. Am Sonntag bestätigte die EZB dann das Ergebnis: 25 Finanzinstitute rissen die Hürde, wobei es besonders italienische Institute traf. Allein hier schafften 9 Banken den Test nicht, in Deutschland scheiterte ein Institut.
Dennoch mehren sich unter den befragten Analysten wieder die Stimmen jener Experten, welche vorsichtig optimistisch sind und für die nächsten Tage durchaus von einer nachhaltigen Kursstabilisierung ausgehen.
FDAX / DAX
Sehen wir uns die Ausgangslage unter technischen Gesichtspunkten an:
Die übergeordnete Diskussionsgrundlage der letzten Wochen, ja Monate, bildet die im Wochenchart des DAX-Index offensichtlich vorliegende, ausgebildete und bestätigte komplexe Umkehrformation, welche im Sinne der Definition in der zweiten Oktoberwoche mit Unterschreiten der Nackenlinie bei 8.984 bis 8.903 vollendet wurde. Nach dem Kursabschwung bis auf 8.354 Punkte, setzte der Markt zum Rücklauf an die Ausbruchsebene an und überwand diese knapp (Wochenhoch bei 9.068 und Wochenschluss 8.987 Punkte).
Die Markttechnik im DAX Wochenchart bleibt noch „kritisch“ ausgerichtet, wobei über die Stärkeentfaltung durchaus eine Bodenbildung nicht als unmöglich angesehen werden muss. Der Richtungsfilter ist noch immer klar short, diesen Aspekt ignorieren wir allerdings auf Grund dessen Trägheit.
Jetzt stellt sich die Frage aller Fragen: befindet sich der DAX-Index technisch nur in einer Korrekturbewegung, welche sich hier irgendwo erschöpfen und wieder in den übergeordnet noch gültigen Abwärtstrend münden könnte oder führt eine nachhaltige Überwindung der breit gefassten Nackenlinie zur Neutralisierung des klassischen (und statistisch nie auf wirkliche Nachhaltigkeit hin überprüften) Verkaufsformation mit diskretionärem Kursziel bei etwa 8.000 Punkten?
Natürlich können wir diese Frage nicht beantworten, aber wir können Indizien sammeln, welche für die eine oder andere Seite sprechen und können dann versuchen, eine Wichtung durchzuführen und eine Szenariodiskussion zu führen.
Was spräche aus technischer Sicht für eine aktuell nur laufende Zwischenreaktion und eine Wiederaufnahme und Fortsetzung des Abschwungs nach Erschöpfung der Erholung?
(a) Uns liegt im Sinne der Formationslehre noch immer eine gültige komplexe und vollendete Umkehrformation vor (Kritik: wir haben keine statistisch belastbaren Auswertungen, welche uns Auskunft darüber geben, wie zuverlässig und „sicher“ eine solche Formation tatsächlich als Verkaufsformation wirkt und welche potentiellen Kursziele sinnvollerweise tatsächlich ansetzbar sind – sofern eine komplexe SKS tatsächlich als weiterführende Verkaufsformation taugt).
(b) Die breit gefasste Nackenlinie wurde bisher nur knapp überschritten und das auch nur im Durchstich. Da diese Formation ein Ausmaß von über 1.000 Indexpunkte hat, sollte ein Durchstich von weniger als 100 Punkten über die signaltechnisch wichtige Nackenlinie nicht überbewertet werden. Noch immer ist ein Abprallen an dem Nackenlinienband wahrscheinlich und realistisch möglich.
(c) Die ursprüngliche, im weitesten Sinne angetragene Trendkanalbegrenzungslinie, ausgehend von 2011, wurde letzte Woche von unten kommend angehandelt und nicht per Wochenschluss überwunden. Zumindest signaltechnisch wäre auch hier ein Scheitern der Erholung denkbar und realistisch möglich (Kritik: wir messen Trendbegrenzungslinien etc. eine geringe signaltechnische Bedeutung bei, jedenfalls eine deutlich geringere als z.B. klassischen waagerecht herleitbaren Bereichen, da bei diesen zumindest deren Widerstands- oder Unterstützungsfunktion begründbar ist).
(d) Die Markttechnik – zumindest der Richtungsfilter – ist short (Kritik: der Richtungsfilter ist in diesem Zeitfenster extrem träge, so dass wir ihn in unserer Einschätzung weniger stark gewichten).
Gibt es Argumente, welche einem erneuten nachhaltigen Abdriften des Kurses widersprechen könnten?
(a) Die errechnete Minimumkorrektur, bezogen auf die Wegstrecke der rechten Schulter von 9.891 bis auf 8.354 Punkte, definiert sich bei 8.866 bis 8.941. Mit einem Erholungshoch bis 9.069 wäre diese Ebene durchaus „nachhaltig“ überwunden, zumal auch der Schlusskurs oberhalb der Spanne liegt. Rein statistisch gesehen, ist der unmittelbare Dynamikdruck, welcher in durchaus 67 bis 70 Prozent der Fälle zu einem neuen Bewegungsextrem nach Auslaufen der Korrektur (in unserem Falle also mit Kursen unterhalb der 8.354) führen würde, somit als geschwächt einzustufen. Die jetzt belegbare statistische Wahrscheinlichkeit auf ein neues Tief im laufenden Fraktal liegt jetzt bei etwas unterhalb der 50 Prozent (was natürlich noch immer recht hoch ist). Erst die Überwindung der Normalkorrektur bei 9.122 Punkten würde diese Eintrittswahrscheinlichkeit auf unter 37 Prozent abschwächen.
(b) Die Stärkeentwicklung im Wochenchart zeigt Ansätze einer Stabilisierung, dem Druck auf der Unterseite könnte die Spitze gebrochen sein.
(c) Wir verweisen auf die US-Indizes: hier sind die Erholungen gut vorangegangen, hier sind die Normalkorrekturen bereits mehr als ausgeschöpft. Haut uns jetzt Ebola usw. nicht dazwischen, könnte deren positive Entwicklung stützen, zumindest Druck für Europa dämpfen.
(d) Der Euro gegen USD zeigt im Tageschart Stabilisierungsansätze. Setzt sich diese Entwicklung tatsächlich durch, dann werden auch Währungsgewinne in Euro-Anlagen (für Neupositionierungen) durchaus für Anleger im USD Raum wieder interessant. Bestehende Anlagen sollten zumindest bei den großen Investoren abgesichert sein, also erwarten wir von hier aus zumindest keinen Druck.
Sehen wir uns jetzt das pro und contra an, hält es sich im strategischen Zeitfenster die Waage.
FDAX
Also fokussieren wir uns auf den Tageschart des FDAX. Auch hier wird deutlich, dass sich die Erholung bisher nur als Reaktion entfaltet, aber es gibt einige mehr positive Indikationen:
- Die Erholung zeichnet konsequent mehr weiße Kerzen als schwarze Reaktionstage aus.
- Das Ganze geht (zumindest bis jetzt) Hand in Hand mit einer ansteigenden Stärkeentwicklung, was die Stabilisierung im Wochenchart stützt.
- Die Markttechnik hellt sich auf, auch was den Richtungsfilter betrifft.
- Die errechnete Minimumkorrektur ist auch hier nachhaltig auf der Oberseite überwunden.
- Wir sahen in den „starken“ Tagen immer wieder Finalorders auf der Kaufseite, diese fehlten an den Reaktionstagen. Hinzu kam, dass sich Reaktionen auf der Unterseite in der letzten Woche immer in Grenzen hielten, auch in den kürzesten Fraktalstrecken wurde das minimale Reaktionspotential bisher nicht unterschritten. Das spricht zumindest bis Freitag letzter Woche für Stärke im Markt.
Nehmen wir diese Auswertung in unsere Gewichtung mit auf, neigt sich für unsere Einschätzung die Waage etwas weiter auf die positive Seite und damit auf die Seite der Chance, noch Kursgewinne in der jetzt kommenden Woche zu sehen.
Unterstützungen intraday leiten wir in den Bereichen um 8.971, dann 8.958,50 bis 8.953,50 her, darunter erst wieder im Bereich um 8.910.
Mit Widerstand rechnen wir um 9.024, darüber im Bereich um 9.044 und dann um 9.069n50 bis 9.074.
Szenariodiskussion
Wir wissen noch nicht, wie sich das Ergebnis des Stresstests auf die Kursentwicklung Montagfrüh auswirken wird. Aber 25 Banken sollten als Durchfaller nicht mehr überraschen. Aber unterstellen wir durchaus, es käme zu Abverkäufen, interessiert uns in erster Linie das aktuell gültige Reaktionspotential auf der Unterseite, bezogen auf die Wegstrecke des Aufschwungs von 8.350 bis zum Bewegungshoch bei 9.074. Die Minimumkorrektur errechnet sich hier bei 8.833 bis 8.797. Diese Spanne ist aktuell weit weg vom Schlusskurs Freitag mit 9.019,50.
Wir gehen jetzt von folgender Überlegung aus: solange der FDAX zu Wochenbeginn oberhalb der Minimumkorrektur verbleibt, halten wir übergeordnet an einer optimistischen Gesamteinschätzung fest, zumal auch aktuell keine akut negativen Implikationen aus den Chartbildern der unterschiedlichen Zeitfenster (einschließlich intraday Kursverläufe) vorliegen.
Wir werden somit oberhalb der Minimumkorrektur bevorzugt Long-Positionen im intraday-Trading suchen und diese auch voraussichtlich aggressiver traden als die Short-Positionierungen. Inwieweit System- bzw. Kernpositionierungen eingegangen werden, werden wir im Morgen Meeting bzw. in der ersten Handelsstunde besprechen.
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Lieber Humpty,
im Stundenchart sehe ich für den Freitag nur Innenstäbe. Es ist deswegen möglich, dass per Stundenchart der Trend nach oben hin ausbricht. Ich rechne aber bis zur Veröffentlichung des IFO mit weiteren Innenstäben. Dann sehen wir weiter.
Auf der Negativseite ließe sich noch anführen, dass die neuen Bewegungshochs im Stundenchart die vorherigen Hochpunkte nicht mehr sehr weit überschreiten konnten - trotz Steilvorlagen von den US-Indizes. Der RSI konnte im Stundenchart in den letzten Tagen auch keine neuen Hochs mehr machen.
Sollten es in den USA zu einer Minimumkorrektur kommen, könnten das im FDAX eine Maximumkorrektur oder mehr werden.
Lieber Herr Wagner,
für mich hat der Markt den Stresstest schon seit Tagen eingepreist. Die EZB wird's schon richten, auch auf Kosten der Steuerzahler.
Wenn der IFO positiv ausfällt, dann . . . ist das kurzfristig positiv zu werten.