FDAX: "Nabelschau" - Was passiert bei einem hohen Open Interest von Optionen im Markt?
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Erwähnte Instrumente
Achtung: Der Anfrage aus dem Stream folgend, führen wir am 14. Juni in Frankfurt / Main ein Tagesseminar zu Themen der praktischen Anwendung der Technischen Analyse, der Systementwicklung und zum Handling von Optionen im Markt (welchen Einfluss diese auf Kasse- und Future-Preise haben) durch. Das Seminar wird am Vormittag vorrangig einführende Themen behandeln, am Nachmittag substanzhaltiger sein, damit jeder einen Mehrwert davon hat. Die konkreten Inhalte werden aus den Anfragen der Streamleser zusammengestellt und bis Donnerstagabend bereitgestellt.
Wir haben eine Räumlichkeit blocken können im Lindner Hotel und Sports Academy in Frankfurt / Main, neben der Commerzbank Arena in der Otto-Fleck-Schneise 8. Das Arrangement umfasst 2 Kaffeepausen (Kaffee, Tee, Gebäck), Mittagessen Buffet inkl. 1 Softgetränk und Mineralwasser ohne Begrenzung im Seminarraum. Wir müssen bis zum 20. Mai verbindlich wissen, wer kommt, dazu bitte an folgende e-mail-Adresse wenden: futuretrader_treffen@web.de. Um es kostendeckend zu halten, sollte die pro Kopf eine Pauschale von 79,00 Euro reichen (das sind weniger als vier FDAX-Punkte). Da wäre alles enthalten, was das Seminar betrifft. Für den Abend besteht noch die Möglichkeit, auf ein paar Bier gemeinsam zusammenzusitzen (wer will), ist jedoch nicht in den 79,00 Euro enthalten.
Tagesrückblick
Der heutige Handelstag zeichnete sich durch einen ausgesprochen schwankungsintensiven Handel im FDAX aus, wobei sich die Schwankungsbreite absolut gesehen in Grenzen hielt. Technisch gesehen, bewerten wir die heute gesehene Entwicklung bis jetzt nicht als wirklich kritisch für den Kursverlauf des FDAX. Auf hohem Niveau setzt sich eine Konsolidierung durch, welche zwar den Aufwärtstrendkanal in seiner bisherigen Definition in Frage stellt, jedoch den grundsätzlichen Aufwärtsimpuls nicht zur Disposition stellt. Wir halten folglich an unserer optimistischen Erwartungshaltung für den FDAX / DAX fest, solange die errechnete Minimumkorrektur bei 9.663 / 9.644 nicht in Frage steht.
Wir skizzierten heute Morgen ein Szenario, wonach wir unterstellten, dass das hohe open interest von Optionen auf den Future dämpfend auf die Kursentwicklung des FDAX einwirken sollte und diesen bei hoher Schwankungsintensität in Grenzen hält. Als Untergrenze steckten wir die 9.750 ab (tatsächliches Tagestief 9.739), nach oben hin rechneten wir mit einer Deckelung um 9.780 / 9.800.
Wir hoben hervor, dass es einen kräftigen externen Impuls geben müsse, um den Markt aus der Umklammerung zu lösen. Bis jetzt geht das Szenario auf.
In der praktischen Konsequenz schalteten wir folglich vom sonst hier im Stream bevorzugten Muster-Handel auf Range-Trading um.
Um den Hintergrund dieses Szenarios zu verstehen, will ich kurz die wichtigsten Eckpunkte des Optionshandels skizzieren:
Einfachste Grundlage
Ein Optionspaar auf einen Basispreis besteht aus einem Call (Recht, den Basiswert zum Basispreis zu kaufen) und einem Put (Recht, den Basiswert zu verkaufen). Wer einen Call erwirbt, hat das Ausübungsrecht, der Verkäufer dieses Calls hat jedoch die Lieferpflicht, wenn der Käufer den Call ausübt. Beim Put ist es das Recht des Inhabers, den Basiswert zu verkaufen (zum Basispreis), der Verkäufer des Puts ist verpflichtet, den Basiswert zum Basispreis abzunehmen.
Beispiel: Call auf Aktie X zum Basispreis 25 Euro besagt: Der Käufer des Calls übt den Call aus, wenn die Aktie am Ausübungstag über 25 Euro steht, denn er kauft diese Aktie dann zu 25 Euro. Läge der Kurs der Aktie unter 25 Euro, wäre die Ausübung sinnlos, denn der Käufer könnte die Aktie ja billiger im Markt erwerben. Also würde der Call wertlos verfallen. Der Verkäufer des Calls muss jedoch warten, ob der Call ausgeübt wird, er muss in jedem Falle liefern, wenn der Call-Inhaber die Option ausübt. Beim Put ist es folglich so, dass der Put für den Käufer nur wertvoll ist, wenn die gleiche Aktie unter dem Basispreis von 25 Euro notiert. Dann nämlich kann der Inhaber des Puts den Verkauf zu 25 Euro ausführen. Der Verkäufer des Puts muss im Falle der Ausführung jedenfalls die Aktie zu 25 Euro abnehmen, egal, wo der reale Preis notiert. Somit ist der Put am Verfallstag nur werthaltig, wenn die Aktie unter 25 Euro liegt.
Sehen wir uns jetzt die Wertentwicklung einer Option an, am Beispiel des Calls: Der Preis setzt sich zusammen aus: (a) dem Basispreis, (b) dem inneren Wert der Option (realer Preis minus Basispreis), (c) dem Zeitwert (abhängig vom Zins) und (d) der Volatilitätserwartung (Wahrscheinlichkeit, dass die Option bis zum Verfallstag werthaltig ist). Unterstellen wir, die Aktie X notiert bei 28 Euro. Dann wäre Basispreis = 25 Euro, der innere Wert des Calls = bei 3 Euro (28 minus 25), plus Zeitwert (vielleicht 2 Euro) plus Volatilität (vielleicht 1 Euro). Somit läge der Gesamtwert des Calls bei 31 Euro.
Die Wertveränderung einer Option wird mit verschiedenen Parametern bestimmt:
(a) Der Zeitwert wird über das Theta errechnet, welches sich bis zum Verfallstag auf Null reduziert (ähnlich dem Spread zwischen Future und Kasse). Steigen während der Laufzeit der Option die Zinsen, steigt Theta, der Preis der Option steigt, auch wenn sich die Aktie nicht bewegt. Fällt der Zins, gibt es einen Wertverlust über das Theta.
(b) Die Volatilität wird über das Vega ausgedrückt und bildet die Wahrscheinlichkeit ab, dass die entsprechende Option am Verfallstag werthaltig ist und nicht wertlos verfällt. Steigt diese Erwartungshaltung wegen äußerer fundamentaler Einflüsse, steigt der Preisanteil der Vola, also wird Vega teurer und der Gesamtpreis der Option steigt. Sinkt die Viola, geht der Preis zurück, auch wenn sich die zu Grunde liegende Aktie nicht bewegt.
(c) Delta drückt die allgemeine Wertveränderung einer Option aus, unter der Maßgabe, dass Theta und Vega unverändert sind. Liegt eine Option absolut sicher „im Geld“, also wird sie eine Ausführung, ist das Delta 1, ist die Option hoffnungslos aus dem Geld, wird also „sicher“ nicht ausgeführt, ist das Delta Null. Das Delta gibt an, um wieviel Werteinheiten die Option im Preis steigt oder fällt, in Abhängigkeit der Wertveränderung einer Werteinheit des Basiswertes. Das heißt konkret: steigt Aktie X von 25 auf 26 Euro (also um einen Euro), würde sich die Option bei Delta 1 um einen Euro verteuern, bei Delta 0 keine Wertveränderung durchführen und bei Delta von z.B. 0,5 um 50 Cent steigen.
(d) Wie stark sich das Delta wiederum verändert, also ob es 0 oder 0,1 oder 0,5 oder 0,7 oder 1 usw. beträgt, hängt nun wieder vom sogenannten Gamma ab. Ein hohes Gamma führt zu einer hohen Wertveränderung des Deltas einer Option, wenn sich der Basiswert verändert und umgekehrt.
Jetzt verändert sich das Gamma mit der Zeit, das heißt: je näher die Option ihrem Verfalltermin rückt, zieht sich das Gamma am Basispreis zusammen und wirkt da besonders stark. Das heißt umgekehrt: ist die Option weit weg vom Basispreis, wird es ja mit abnehmender Zeit immer klarer, ob die Option eine Ausführung wird oder nicht, so dass bei weit entfernt liegenden Optionen das Gamma fällt und damit das Delta „festfriert“ bei Null oder Eins.
Ein konkretes Beispiel: Der FDAX steht jetzt bei 9.762 Punkten. Sehen wir uns die Optionen an, welche am Freitag verfallen (das sind noch zwei Tage). Wie hoch schätzen Sie die Chance ein, dass der Call mit Basispreis 10.000 bis übermorgen eine Ausführung werden kann? Wahrscheinlich wird das nichts, diese Calls sind wohl wertlos. Und wie hoch ist die Chance, dass mit gleicher Restlaufzeit von zwei Tagen der Basispreis von 9.500 eine Ausführung wird? Wohl sehr hoch, folglich wird das Delta bei 1 liegen. Die Basispreise um 9.800 und 9.700 können beide noch Ausführungen werden, hier ist das Delta innerhalb der Spanne und wird heftig vom Gamma verändert.
Sehen wir uns die gleichen Basispreise für den Dezemberverfall an. Wie hoch schätzen Sie jetzt die Wahrscheinlichkeiten ein, dass der Call mit dem Basispreis von 10.000 werthaltig gezogen werden kann, oder die 9.500 wertlos verfällt?
Damit sollte deutlich werden, dass sich die Komponente Gamma, welche im Dezemberverfall noch auf alle Basispreise einwirkt, im Maiverfall nur noch an den beiden nächsten Basispreisen fungiert. Da aber umso heftiger. Sieht man sich das grafisch an, sprechen wir auch von einem „flying penis“.
Was passierte heute?
Jetzt werden wir speziell: in zwei Tagen verfallen die Mai-Optionen. Stellen Sie sich vor, Sie haben 1.000 Call Kontrakte mit einem Basispreis von 9.800. Diese Dinger werden stark vom Gamma beeinflusst, ist ja eine werthaltige Ausübung noch möglich. Rechnen wir jetzt mal ganz einfach (möge mir jeder Mathematiker oder Kenner der Materie verzeihen): gehen wir davon aus, ein Call berechtigt Sie, einen FDAX zu 9.800 beziehen. Am Tag, als Sie 1.000 Optionen (Calls) kauften, hatten diese ein Delta von 0,5. Folglich waren Sie vom Werteverhalten 1.000 Calls long, was 500 FDAXen entsprach. Sie haben also 500 FDAXe verkauft und waren damit Delta neutral. Steigt jetzt der Future der 9.800 entgegen, steigt Ihr Delta und Sie werden ohne Ihr zutun immer longer. Sie können also immer schön Future verkaufen, um Delta neutral zu bleiben und streichen Gewinne ein. Fällt dagegen der Future, rückt also von dem Basispreis 9.800 ab, sinkt das Delta, und ihre 500 verkauften Futures gewinnen an Gewicht, Sie werden also immer shorter und decken durch Käufe ein. Auch hier läuft die Position für Sie, ohne Ihr Zutun.
Der Nachteil dieser Position ist, Sie verlieren jeden Tag Zeitwert. Bewegt sich der Markt nicht, kostet das richtig Geld. Also muss eine Long-Position Bewegung haben.
Wie es auf der Gegenseite aussieht, können Sie sich jetzt lebhaft vorstellen: wer die Teile short ist, verdient Zeitwert, benötigt folglich einen ruhigen Markt, da heftige Bewegungen immer gegen ihn laufen. Geht es hoch, baut das Delta ab (er wird short), fällt der Markt, baut das Delta auf (er wird long). Im ersten Falle muss der Stillhalter Future zukaufen und treibt damit zu seinem Leidwesen den Markt weiter. Fällt der Future, muss er Future verkaufen und drückt weiter.
So, jetzt haben Sie eine Vorstellung von dem, was gerade im Markt passiert. Wir müssen uns immer fragen: (a) gibt es hohe offene Positionen (open interest = OI). Wenn ja, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es zu entsprechenden Bewegungen kommt. (b) Wo liegen die Stücke? Sind sowohl die Longs, als auch die Shorts breit im Markt gestreut, sollte wenig passieren, dann haben die OI´s wenig Einfluss auf den Markt. Liegen die Longs in wenigen Händen und sind die Shorts breit gestreut, passiert das, was wir heute sahen: ohne Zutun können die Inhaber der Optionen im fallenden Markt als Käufer auftreten, womit sie den Kursverfall stoppen und zur Umkehr zwingen können. Steigt der Markt, werden Sie wieder longer und longer und können verkaufen, was das Zeug hält, damit stoppen sie den Impuls auf der Oberseite. Ergebnis = der Markt ist eingeklemmt. Ich habe es heute früh beschrieben und erwartet, dass wir heute Range-Trading sehen sollten und mit Ausbrüchen nicht gut fahren.
Lägen die Shorts konzentriert und die Longs gut verteilt, wäre der Markt wahrscheinlich ein toller Ausbruchsmarkt gewesen, sehr hektisch mit weiten Bewegungsschüben.
Lägen Longs und Shorts konzentriert in wenigen Händen, wäre es auch ein Totentanz geworden.
Aus dieser Spanne hätte uns nur ein äußerer Impuls reißen können. Von sich aus macht der FDAX dann nichts.
Was passiert am Verfallstag? Theta und Vega sind dann Null, gleiches gilt für das Gamma. Ihr Calls haben ein Delta von 1 oberhalb der 9.800 oder von Null unterhalb der 9.800. Sie sind gehedged und in der Gesamtposition mit Delta Null. Der Future steht bei 9.799. Jetzt steigt er auf 9.801. Sie sind schlagartig 1.000 FDAX long, zumindest vom Delta her. Steigt der Markt weiter, gewinnen Sie und können verkaufen, bis der Arzt kommt. Jetzt fällt der FDAX unter 9.800, auf 9.799 und tiefer. Sie sind jetzt schlagartig alles short, was Sie oberhalb der 9.800 verkauft haben und können wieder eindecken, und zwar ohne Hast. Denn würde der FDAX jetzt wieder über 9.800 klettern, wären Ihre 1.000 Calls schlagartig wieder werthaltig.
Haben Sie das Prinzip verstanden? Deshalb ist es immer wichtig, in der Nähe und an Verfallstagen ein Gespür dafür zu bekommen, wie hohe OI´s im Markt verteilt sein könnten und das in Ihren intraday-Handel integrieren. Dann sind Charts und Ausbrüche nur noch zweitrangig.
Wir werden auch das im Seminar vertiefen.
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Und nachschauen kann man nirgends, wie hoch das oi ist?
Gilt dies auch in gewisser Weise für den Währungsmarkt, da sich der EURUSD heute in einer nicht endenden Range befand?
Wieso gab es vormittags Bewegung im USDJPY?