Kommentar
15:42 Uhr, 04.09.2014

EZB beschließt Zinssenkung und ABS-Kaufprogramm

Die EZB hat sich heute nicht lumpen lassen und ihre Geldpolitik nochmals drastisch gelockert. Damit erreicht die Geldflut eine ganz neue Dimension, noch bevor die erst im Juni beschlossenen TLTROs umgesetzt wurden.

EZB-Präsident Mario Draghi hat heute erneut in die Trickkiste gegriffen und die hohen Markterwartungen nicht enttäuscht. Der EZB-Rat hat eine weitere Zinssenkung um 10 Basispunkte beschlossen. Damit liegt der Leitzins jetzt bei 0,05 Prozent und der Einlagensatz bei minus 0,20 Prozent. Damit dürfte aber das Ende der Fahnenstange erreicht sein. „Wir sind bei den Zinsen am unteren Ende angelegt, betonte Draghi. Das geldpolitische Arsenal der EZB ist damit aber noch nicht erschöpft. Die Notenbank hat zusätzlich ein Programm zum Ankauf von forderungsbesicherten Wertpapieren (ABS) und gedeckten Anleihen (z.B. Pfandbriefe) beschlossen. Zum möglichen Volumen machte Draghi keine Angaben. Aufgrund der Komplexität des Programms seien Aussagen dazu schwierig, so der Notenbankchef. Er betonte aber, dass das Programm „bedeutende Auswirkungen“ auf die Bilanz der EZB haben werde. Reuters berichtete schon vor der Pressekonferenz unter Berufung auf einen Insider, dass das Programm den Ankauf von Wertpapieren in einem Volumen von bis zu 500 Mrd Euro vorsieht. Details sollen am 2. Oktober bekannt gegeben werden. Starten soll das Kaufprogramm im Oktober.

Die heutigen Entscheidungen fielen nicht einstimmig. Einige Mitglieder des EZB-Rats forderten zusätzliche Maßnahmen, andere weniger. Es ist davon auszugehen, dass sich Bundesbank-Chef Weidmann eher für eine nicht so drastische Lockerung der Geldpolitik ausgesprochen hat. Die deutschen Interessen finden in der EZB aber schon lange kaum noch Gehör. Deshalb ist es auch nicht unwahrscheinlich, dass die EZB noch zu weitere Maßnahmen greifen wird. Es habe auch Diskussionen über ein Quantitative Easing (QE) gegeben, sagte Draghi und betonte, der EZB-Rat sei bereit, falls nötig weitere Instrumente anzuwenden. Dies wäre dann ein Ankauf von Staatsanleihen im großen Stil.

Was sind ABS?

Banken können ausstehende Forderungen aus Krediten verbriefen und anschließend an den Markt bringen. Diese forderungsbesicherten Wertpapiere werden „Asset Backed Securities“ (ABS) genannt. Die Banken können damit ganze Kreditpakete refinanzieren und ihre Bilanzen somit entlasten. Mit dem Ankaufprogramm verfolgt die EZB das Ziel, dass Banken mehr Darlehen vergeben und so die Wirtschaft ankurbeln.

Während der Finanzkrise sind Asset Backed Securities in Verruf geraten. ABS, die mit US-Hypotheken zweitklassiger Bonität unterlegt waren, gelten als ein wesentlicher Auslöser der weltweiten Finanzkrise.

1 Kommentar

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • Thomas Gansneder
    Thomas Gansneder Redakteur

    Kreise: Bundesbank-Chef Weidmann hat sich gestern gegen eine Zinssenkung und auch gegen das Programm zum Kauf von ABS und Pfandbriefen ausgesprochen. Weidmann habe dafür plädiert, erst die Effekte der TLTROs abzuwarten.

    11:11 Uhr, 05.09.2014

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

Mehr Experten