Kommentar
06:27 Uhr, 24.07.2017

Währungsturbulenzen: Einfache Hedging-Strategie für Aktien-Anleger!

Der Euro kennt zum US-Dollar in den letzten Wochen kein Halten mehr. Mittlerweile steht das Währungspaar bei über 1,16 US-Dollar.

Solche drastischen Wechselkursschwankungen können für Anleger in US-Aktien oder weltweit investierende Aktienfonds einen negativen Renditeeffekt haben, da man bei einem Investment in diese "Auslandsaktien" von Euro in den US-Dollar wechselt.

In diesem Artikel beschreibe ich eine einfache Währungshedging-Strategie für Privatanleger.

Sogenannte „Weltfonds“ wie der MSCI World Index oder der MSCI All Country World Index, welcher die Länder des MSCI World (23 Industrieländer) mit den Wachstumsmärkten des MSCI Emerging Markets Index (23 Schwellenländer) verbindet, werden bei Anlegern immer beliebter.

Mit den zunehmenden Währungs-Turbulenzen sorgen sich Investoren aber auch verstärkt über Wechselkursrisiken in diesen Produkten, inbesondere aufgrund der historisch einzigartigen Interventionen der Notenbanken rund um den Globus. Durch die teils drastische Zinspolitik von Fed, EZB und Co. hatte die Volatilität der Währungsmärkte während und nach der Finanzkrise 2008 deutlich zugenommen. (1)

Diesen Währungseffekt bekamen beispielsweise Käufer von japanischen Aktien im Jahr 2013 deutlich zu spüren.

Während der ersten 9 Monate wertete der Yen gegenüber dem Euro aufgrund des „Quantitive Easing“-Programms der Bank of Japan um 30 % ab. Zwar explodierte der japanische Aktienmarkt förmlich in dieser Phase, sodass Euro-Anleger im MSCI Japan dennoch mit 15 % Kursplus zufrieden sein konnten, aber professionelle Anleger, die zu dieser Zeit mit währungsgesicherten Produkten, z.B. mit einem Euro-gehedgten Indexfonds, investierten, erzielten bis zu 50 % Kursgewinne auf ihre Aktien, da der negative Währungseffekt nicht belastete. (2)

Währungsschwankungen können für und gegen Anleger laufen. Wer außerhalb des Euro-Raums investiert, geht neben dem generellen Marktrisiko auch ein nicht unerhebliches Währungsrisiko ein. Mit ETFs auf Basis währungsgesicherter Indizes kann dieses Risiko minimiert werden.

Warum aber „Hedge-ETFs“ keine Allround-Lösung sind und welche alternative Strategie ich bevorzuge, das möchte ich Ihnen am Beispiel des MSCI World Index zeigen.

Wo das Währungsrisiko des MSCI World Index steckt

Der MSCI World Index bildet die Wertentwicklung von 1.640 Einzelaktien aus 23 „entwickelten Märkten“ ab. (3) Da man einen Index selbst nicht kaufen kann, es handelt sich ja nur um ein Kursbarometer, schauen wir uns exemplarisch einen großen Indexfonds von iShares auf den MSCI World Index an.

Regionale Aufteilung des MSCI World Index

Am 18.Juli 2017 war der iShares MSCI World UCITS ETF (Dist) (35,690 € -0,36 %) wie folgt allokiert.

Vereinigte Staaten (USA) 58,87 %
Japan 8,62 %
Vereinigtes Königreich (UK) 6,54 %
Frankreich 3,91 %
Kanada 3,55 %
Deutschland 3,55 %
Schweiz 3,13 %
Australien 2,64 %
Niederlande 1,31 %
Hongkong 1,29 %

Was auf den ersten Blick nach einer stark verzerrten und möglicherweise unlogischen Verteilung des Aktienkapitals aussieht (es entfallen nahezu 60 % des Fondsvermögens auf die USA) erschließt sich, wenn man das Gewichtungsverfahren des MSCI World Index nach der Marktkapitalisierung berücksichtigt.

Indexkonstruktion nach Marktkapitalisierung führt zu regionalen Schwerpunkten

Die USA sind mit Abstand, natürlich auch aufgrund der stark gestiegenen Aktienkurse der letzten Jahre, der „wertvollste“ Aktienmarkt der Welt.

Während der Finanzkrise 2008 lag der Anteil der US-Aktien hingegen deutlich unter 50 %.

Mit der Methode der Marktkapitalisierung partizipieren Anleger immer von der aktuellen Börsenentwicklung, was dem Anlageprinzip nach der Markteffizienzhypothese von Eugene Fama (1970) und einer daraus resultierenden, langfristigen „Kaufen-und-Halten-Strategie“ entspricht.

Ich hatte schon in anderen Artikeln darauf hingewiesen, dass es effizientere Gewichtungsmethoden für Indizes, wie z.B. das Value- oder SmallCap-Investing, gibt.

Als gleichberechtigte Alternative zur Gewichtung nach der Marktkapitalisierung hat sich die Gewichtung nach dem BIP, also dem Bruttoinlandsprodukt, etabliert. Bei dieser Auswahlmethode werden die Regionen und Unternehmen nicht nach der Größe ihres Aktienmarktes bzw. Börsenwertes gewichtet, sondern nach der Wirtschaftsleistung ihrer Länder. Auch wenn die Popularität der Marktkapitalisierungsmethode bei den Indexkonstrukteuren deutlich überwiegt, gibt es doch einige Indexfonds-Anbieter, die nach der BIP-Methode gewichten. So zum Beispiel der ETF-Dachfondsanbieter easyfolio. (4)

Die 10 größten Positionen im MSCI World Index ETF

Was sich schon anhand der regionalen Verteilung der Aktien-Allokation ableiten lässt, wird nochmals deutlich, wenn wir uns die größten Einzelaktien im iShares MSCI World UCITS ETF anschauen. Übrigens kann man sich auf der Seite des Indexfondsabieter eine Liste aller 1.624 Einzelaktien im ETF ansehen und herunterladen. (5)

Apple Inc. 2,09 %
Microsoft Corp. 1,43 %
Amazon Com Inc. 1,08 %
Facebook Class A Inc. 1,00 %
Alphabet Inc. Class C 0,79 %
Alphabet Inc. Class A 0,77 %
Johnson & Johnson 0,96 %
JPMorgan Chase & Co 0,87 %
Nestle SA 0,73 %
Exxon Mobil Corp. 0,89 %

8 der 9 größten Unternehmen im MSCI World Indexfonds sind US-Konzerne. Daraus wird bereits ersichtlich, dass Anleger in diesem Fonds verstärkt in den US-Dollar investieren.

Der Indexfondsanbieter Lyxor bietet auf der Produktinformationsseite des hauseigenen MSCI World Indexfonds (ISIN FR0010372201) (192,790 $ 0,53 %) eine Übersicht der Währungsverteilung des Index. (6)

Währungsallokation im MSCI World Index

US-Dollar (USD) 59,7 %
Euro (EUR) 11,0 %
Japanischer Yen (JPY) 8,8 %
Britisches Pfund (GBP) 7,1 %
Kanadischer Dollar (CAD) 3,5 %
Schweizer Franken (CHF) 3,3 %
Australischer Dollar (AUD) 2,7 %
Andere Währungen 3,9 %

Spätestens mit dieser Übersicht wird klar, dass sich ein MSCI World Indexfonds-Anleger ein Potpourri internationaler Wechselkurse mit Schwerpunkt US-Dollar in das Depot kauft.

International tätige Konzerne betreiben Währungshedging

Nähert man sich dem schier unlösbarem Währungswirrwar eines globalen Fondsportfolios, dann werden einige, auf den ersten Blick unkalkulierbare Risiken schnell abgemildert.

Zuerst kann man feststellen, dass nahezu alle international tätigen Unternehmen heute ein effektives Risikomanagement betreiben, das die Kursschwankungen an den Währungsmärkten im Auge behält. Die sich täglich ändernden Wechselkurse beeinflussen nämlich teils erheblich die Einkaufs- und Absatzpreise der Konzerne. Spezialisierte Fachabteilungen steuern mit Finanzprodukten wie Forwards und Futures die Liquidität der Unternehmen. Das derzeit niedrige Zinsniveau hilft den Unternehmen dabei sich günstig gegen Fremdwährungsrisiken abzusichern. (7)

Rebalancing des Fonds glättet Währungseffekte

Ein weiterer Pluspunkt des MSCI World Index ist seine Flexibilität.

Durch die quartalsweise Überprüfung der Indexkomponenten wird auch die Währungsallokation automatisch angepasst. Besonders gut laufende Wirtschaftsräume (und damit auch ihre Währungen) steigen in der Gunst der auf Marktkapitalisierung beruhenden Auswahlmethode, wohingegen schwächere Regionen ganz von alleine an Einfluss auf das Gesamtportfolio verlieren.

Währungsgesicherte Indexfonds als Alternative

Als Möglichkeit die schwankenden Währungseffekte komplett auszuschließen, bieten mittlerweile Indexfondsanbieter währungsgesicherte ETF-Lösungen auf den MSCI World Index an.

Der dafür zugrunde liegende, angepasste MSCI World Hedged to EUR Index friert dabei die Wechselkurse zum Zeitpunkt des Kaufs für den Anleger ein. Für den Indexanbieter, in diesem Fall MSCI, ist diese Aufgabe nicht allzu schwer, da nur umgerechnet werden muss.

Für die Indexfondsanbieter hingegen ist die Aufgabe des Währungshedgings mit zusätzlichem Aufwand und Risiko verbunden, da Derivate eingesetzt werden, die das ETF-Portfolio absichern.

Die einkalkulierten Risikomargen für den Fondsanbieter und die durch das Trading anfallenden Zusatzkosten belasten selbstverständlich die Gesamtkostenquote des Fonds. Die zur Verfügung stehenden währungsgesicherten ETFs von iShares und dbx-trackers sind damit leicht teurer als ihre ungesicherten Pendants.

Ob währungsgesicherte ETFs nun sinnvoll sind oder nicht, lässt sich leider nicht pauschal beantworten, da Währungseffekte sehr komplex wirken.

In einer globalisierten Welt sind die Wirtschaftsräume zudem immer enger vernetzt. Einerseits haben Wechselkurse Einfluss auf die Gewinne der Unternehmen, andererseits können sie positiv oder negativ auf die Aktienkurse wirken.

In der Fachliteratur zu „passivem Investieren" (Buy-and-Hold mit Indexfonds) wird von Währungsabsicherungen bei Aktienfonds grundsätzlich abgeraten.

Als Basistheorie dient dabei die Annahme, dass sich Wechselkurseffekte langfristig ausgleichen, insbesondere beim Tauschverhältnis von Währungen entwickelter Märkte. (10)

Andererseits können Währungsabsicherungen zu deutlichen Mehrerträgen führen, wie das zu Beginn angeführte Beispiel des MSCI Japan in 2013 gezeigt hat. Euro-Anleger wären ebenfalls mit einer währungsgesicherten Investition auf den MSCI World Index langfristig besser gefahren, zumindest wenn man die Betrachtung auf den Zeitraum von 2001 bis 2016 eingrenzt. Ab Beginn des neuen Jahrtausendes wertete der Dollar zum Euro tendenziell ab, auch wenn sich diese Entwicklung in den letzten Jahren umgekehrt hat.

Wer also erst ab 2006 auf eine währungsgesicherte Variante des MSCI World Index gesetzt hätte, der wäre gegenüber dem klassischen MSCI World Indexfonds deutlich schlechter gefahren, da der Euro-Dollarkurs von über 1,40 USD auf unter 1,10 USD fiel. (siehe EUR-USD Chart im Anhang).

Wie sollte man als langfristiger Aktienanleger nun agieren?

Meine Strategie, um Währungseffekte zu nutzen

Um keine allzugroßen Währungsrisiken einzugehen, handele ich nach meiner Strategie des „richtigen Augenmaßes“.

Grundsätzlich folge ich dabei der Annahme, dass sich die Währungseffekte auf sehr lange Zeiträume ausgleichen.

Sollte ich also mit meinem Einstieg, z.B. beim MSCI World Indexfonds in den Dollar, ein ungünstiges Timing haben, so kann ich mich darauf verlassen, dass dieser „Fehler“ langfristig ausgeglichen wird.

Zum Zweiten schaue ich mir den Euro-Dollar-Chart im langfristigen Bild an (siehe Grafik im Anhang) und sehe, dass sich der Euro zum US-Dollar in einem seitwärtsgerichteten Band bewegt.

Um also meinen Einstieg in den Dollar zu optimieren, schaue ich mir diese Grafik an und kann folgende Strategie ableiten.

1) Steht der EUR-USD-Wechselkurs über 1,30 USD, besser noch 1,40 USD, dann empfiehlt sich eine Investition in einen klassischen, ungesicherten, Indexfonds. In diesem Fall bin ich US-Dollar "Long".

2) Steht der EUR-USD-Wechselkurs unter 1,10 USD, besser noch 1,00 USD, dann empfiehlt sich eine Investition in einen währungsgesicherten Indexfonds (EUR-hedged). In diesem Fall bin ich US-Dollar "Short".

Diese Strategie basiert auf der historischen Kursentwicklung des Euro-Dollar und ist selbstverständlich keine Garantie für die zukünftige Entwicklung dieses Währungspaars.

Anmerkung zu 2) Wer der Konstruktion der währungsgesicherten Indexfonds aufgrund der eingesetzten Finanzderivate nicht über den Weg traut, könnte ganz einfach seine Aktienquote im Euroraum vergrößern und gleichermaßen Aktien aus US-Dollarräumen verkaufen.

Fazit

Wechselkurse spielen für international anlegende Investoren eine große Rolle und haben an Einfluss aufgrund der expansiven Notenbankenpolitik seit der Finanzkrise zugenommen. Langfristige Anleger in MSCI World Indexfonds mit einem Anlagezeitraum über 10 Jahren können darauf vertrauen, dass die Währungseinflüsse in der langfristigen Entwicklung nicht stark ins Gewicht fallen.

Um einen Einstieg mit Augenmaß zu finden, empfiehlt es sich, auf langfristige Charts der Wechselkurse zu schauen und Extremzonen in der meist seitwärtsgerichteten Schwankungsbreite der Kurse zu identifizieren.

Dann können unter Umständen auch währungsgesicherte Indexfonds einen positiven Beitrag leisten.

Viele Grüße
Jakob Penndorf

(1) What To Expect In FX In This Low Vol Environment? – HSBC. Zusammenfassung der HSBC Macro Currency Strategy vom 25.04.2014 auf efxnews.com.
(2) Anlagestrategie. Der Trick mit der Währung. Handelsblatt-Online-Artikel vom 25.09.2013.
(3) Factsheet des MSCI World Index (USD) auf MSCI.com.
(4) Länderallokation: Gewichtung nach Marktkapitalisierung oder BIP? Wissensartikel auf easyfolio.com.
(5) iShares MSCI World UCITS ETF (Dist). Produktinformationsseite auf iShares.com. Keine Kaufempfehlung des Autors. Nur zu Informationszwecken.
(6) Lyxor MSCI World UCITS ETF. Produktinformationsseite auf lyxoretf.de. Keine Kaufempfehlung des Autors. Nur zu Informationszwecken.
(7) Devisen-Hedging – Punktgenaue Absicherung für Exporteure. The Wall Street Journal – Onlineartikel vom 02.11.2013.
(8) Keine Kaufempfehlung des Autors.
(9) Keine Kaufempfehlung des Autors.
(10) Bspw. von Gerd Kommer, Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs: Wie Privatanleger das Spiel gegen die Finanzbranche gewinnen, erschienen 2011.
(11) Grafik entnommen aus dem Factsheet des MSCI World Daily Hedged to EUR Index.

Folgen Sie mir auf Guidants! Ich veröffentliche dort regelmäßig Beiträge zu allgemeinen Finanzthemen

4 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • Market Impact
    Market Impact

    Oder man Investiert in BB-Biotec da Übernimmt das Hedging die Gesellschaft :)

    15:33 Uhr, 22.07.2017
  • Juan
    Juan

    Hallo, Jakob, ein sehr informativer Artikel!!

    Wie agiert der Anleger in der Range zwischen 1.10 und 1.40?

    10:11 Uhr, 22.07.2017
    2 Antworten anzeigen