Kommentar
12:00 Uhr, 02.11.2007

Euphorie an den Rohstoffmärkten steht auf wackligen Beinen

Erwähnte Instrumente

  • Gold
    ISIN: XC0009655157Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (JFD Brokers)
  • WTI Öl
    ISIN: XC0007924514Kopiert
    Aktueller Kursstand:   (JFD Brokers)

Der Oktober brachte kräftige Preisanstiege für Energiewerte, Edelmetalle und Agrarrohstoffe. Nachgegeben haben die Preise für einige Industriemetalle und Lebendtiere. Noch immer ist es der wiedererlangte Optimismus der Marktteilnehmer aufgrund der sich aufhellenden Konjunkturaussichten, der in Verbindung mit dem schwachen US-Dollar die Rohstoffmärkte treibt. Aber auch der spekulative Einfluss nimmt zu. Vor Übertreibungen sind die Rohstoffmärkte derzeit nicht gefeit. Die Industriemetalle befinden sich bereits in einer Konsolidierungsphase, die auf die zu schnellen Preisanstiege bis Mai dieses Jahres folgte.

Energie: Der starke Ölpreisanstieg zieht die Benzin-, Gasöl- und Heizölpreise mit nach oben. Erdgas profitiert von dem bevorstehenden Winter, vor allem weil in den USA die Mehrzahl der Haushalte mit Gas heizt.

Edelmetalle: Die anhaltende Abwertung des US-Dollars treibt die Edelmetallpreise in immer neue Höhen. Zuletzt konnte Silber gegenüber Gold etwas aufholen. Platin erreichte still und leise ein Allzeithoch.

Grundmetalle: Die Entwicklung der Grundmetalle ist äußerst uneinheitlich. Kupfer ist weitgehend in der Seitwärtsbewegung, während Nickel und Aluminium nach einem Sturzflug wieder an Boden gewinnen. Blei, dessen Preis sich auf Rekordniveaus befindet, dürfte eine Abwärtskorrektur bevorstehen.

Was kann den Ölpreisanstieg noch stoppen?

1. Aktuelles: Der Ölpreis erreicht ungeahnte Höhen. Die Notierung für WTI überschritt am 19. Oktober die 90 US-Dollar-Marke, nachdem der Ölpreis erst 5 Wochen vorher erstmals über 80 US-Dollar pro Barrel gestiegen war. Ein Preisanstieg in diesem Tempo und auf solche Niveaus ist durch Fundamentaldaten nicht zu erklären. Zum Teil liefert die Ausweitung der Netto-Long-Positionierung der Spekulanten eine Erklärung. Es sind aber vor allem die übertriebenen Erwartungen der Investoren an die Ölnachfrage im Zuge der sich aufhellenden Konjunkturerwartungen, der schwache US-Dollar und das gestiegene geopolitische Risiko, die den Ölpreis treiben. Der reale Ölpreis erreicht in USD gerechnet bereits fast die Rekordniveaus aus dem Jahr 1980. In Euro gerechnet wird der Ölpreisanstieg jedoch durch die Stärke des Euro abgefedert.

2. Fundamentale Faktoren: Angesichts des damals schon hohen Preisniveaus beschlossen die OPECLänder bei ihrem letzten Treffen eine Anhebung der offiziellen OPEC-Förderquoten mit Wirkung zum 1. November um 500.000 Barrels pro Tag. Seit Mai kam es bereits zu einer schleichenden Ausweitung der OPEC-Rohölfördermengen, die sich auch im September fortsetzte. Das Nicht-OPEC-Ölangebot ist im September ebenfalls ausgeweitet worden, sodass das weltweite Gesamtangebot in den Sommermonaten zwar weitgehend stagnierte, im September aber um knapp ein Prozent zulegen konnte. Nach dem Ende der Sommerreisezeit wird sich die Rohölnachfrage weltweit etwas abgeschwächt haben, der Heizbedarf dürfte dies unter normalen Winterbedingungen nicht vollständig ausgleichen. In der Tendenz sollte sich der Rohölmarkt von der fundamentalen Seite im vierten Quartal entspannen.

3. Unsere Prognose: Der Ölmarkt neigt weiterhin zur Übertreibung. Preisniveaus im Bereich von 90 US-Dollar liegen bis zu 20 Prozent über dem fundamental gerechtfertigten Niveau. Wenn sich die geopolitische Lage beruhigt, das Hurrikanrisiko aus dem Markt entweicht und eine realistischere Konjunktureinschätzung der Ölinvestoren an den Tag gelegt wird, dürfte der Ölpreis auf Sicht von 3 Monaten kräftig sinken, danach moderat ansteigen.

Platinpreis auf Rekordhoch – Grund: Umweltauflagen, LCD-Bildschirme und Brautleute

1. Aktuelles: Wer sich derzeit für die kostbarsten aller Eheringe – nämlich aus Platin – entscheidet, muss tief in die Tasche greifen. Das Edelmetall erreichte im Oktober ein Allzeithoch von 1460 USDollar pro Feinunze. Im Vorjahresvergleich kostet Platin gut 30 % mehr, im Vergleich zu anderen Edelmetallen wie Gold oder Silber hat Platin in den letzten zwölf Monaten überproportional zugelegt. Die Spekulanten weiten seit September ihre Netto- Long-Positionen aus und tragen somit zum Preisanstieg bei. Die Volatilität des Platinpreises ist hingegen seit dem Frühjahr schon mit ca. 15 % im Vergleich zu anderen Rohstoffen eher unterdurchschnittlich.

2. Fundamentale Faktoren: Seit einigen Jahren bereits übertrifft die weltweite Nachfrage absolut gesehen das weltweite Angebot. Zurzeit hat das mit Abstand bedeutendste Produzentenland Südafrika mit nennenswerten Produktionsausfällen aufgrund von Unfällen in Minen zu kämpfen, sodass angebotsseitig Belastungen auf dem Weltmarkt zu spüren sind. Nachgefragt wird das Edelmetall zu über 50 % von der Automobilindustrie, die Platin für Katalysatoren verwendet. Hier kann zu einem begrenzten Teil Substitution mit dem günstigeren Palladium erfolgen. Vermehrt wird Platin für Partikelfilter in Dieselfahrzeugen verwendet. Diese Nachfragekomponente nimmt durch den verstärkten Einsatz von Katalysatoren im Zuge der strengeren Auflagen bezüglich Kraftfahrzeugemissionen tendenziell zu. Zu knapp einem Fünftel wird Platin zudem in anderen Industriezweigen wie der Elektronikindustrie verwendet: Nachfragetendenz steigend. Die Schmucknachfragekomponente, die ein Viertel ausmacht, ist robuster als bei Gold, da es sich hierbei vor allem um das obere, weniger preissensible Segment des Heiratsmarktes handelt.

3. Unsere Prognose: Aufgrund der starken industriellen Verwendung von Platin ist zu erwarten, dass die Nachfrage – unser Konjunkturszenario vorausgesetzt – weiterhin robust bleibt. Die Einschränkungen auf der Angebotsseite und die zunehmende Bedeutung von Umweltauflagen bei Kraftfahrzeugen sorgen dafür, dass der Platinmarkt im Defizit bleibt. Somit dürften weitere Preisanstiege folgen.

Bleipreis vor einer Korrektur?

1. Aktuelles: Durch die starken Preisanstiege der letzten Monate ist Blei im Vorjahresvergleich derzeit der absolute Gewinner. Eine Tonne Blei kostet heute fast 130 % mehr als noch vor einem Jahr. Die Volatilität des Bleipreises hat in den letzten Wochen zwar abgenommen, sie liegt jedoch weiterhin deutlich über dem langjährigen Durchschnitt von anderen Metallen wie z.B. Aluminium oder Kupfer.

2. Fundamentale Faktoren: Blei ist ein typisches Industriemetall, das zu 70 % in Batterien verwendet wird. Die Minenproduktion aus Bleierzen betrug im Jahr 2006 rund 3,4 Mio. Tonnen. Wichtigster Anbieter ist China, dessen Weltmarktanteil über 35 % beträgt. Ein gewichtiger Grund für die starken Preisanstiege bei Blei seit Jahresanfang ist die Verknappung der chinesischen Nettoexporte. Zwischen Dezember 2006 und September 2007 verringerten sich die Nettoausfuhren aus China von 53 Tausend Tonnen auf 5 Tausend Tonnen, was einem Rückgang um 90 % entspricht. Für eine Angebotsausweitung kann der erhöhte Einsatz von recyceltem Blei sorgen. Die Recycling-Quote ist mit über 40 % zwar vergleichsweise hoch, hat aber noch Potenzial nach oben. Zugleich ist die Nachfrage nach Blei kurz- bis mittelfristig eher preisunelastisch, weil der Bleigehalt in Batterien kaum reduzierbar und die Substitution von Blei fast nicht möglich ist. Auch auf der Nachfrageseite ist China mit 30 % weltweit das bedeutendste Land. Seit 2004 kann das Angebot kann die Nachfrage nicht decken, d.h. der Bleimarkt ist defizitär. Nach Angaben von ILZSG dürften im Jahr 2007 mehr als 50 Tausend Tonnen Blei fehlen. Die Lagerbestände an der LME betragen derzeit gut 39 Tausend Tonnen und zeigen insbesondere im Vergleich zu den mehr als 360 Tausend Tonnen Ende 2004, dass der Bleimarkt derzeit eng ist.

3. Unsere Meinung:. Auch wenn der Trend für den Bleipreis nach oben deutet, dürfte zunächst eine Abwärtskorrektur bevorstehen. Denn die robusten Bleilagerbestände an der LME deuten an, dass der Preisanstieg in jüngster Zeit stärker ausgeprägt war als dies durch die fundamentale Verknappung am Weltbleimarkt zu erklären wäre.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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