EU/China-Investitionsabkommen: Meilenstein oder "promise fatigue"?
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Peking/ Brüssel (Godmode-Trader.de) - China und die EU haben sich auf ein zukunftsweisendes Investitionsabkommen verständigt - nach sieben Jahren Verhandlungen. Der Durchbruch erfolgte Mitte vergangener Woche nach einem Gespräch per Video zwischen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping.
Die Übereinkunft enthält drei Haupt-Bestandteile: Das Abkommen soll den beiderseitigen Marktzugang für Unternehmen verbessern, für faire Wettbewerbsbedingungen sorgen (Level Playing Field) sowie neue Standards für eine „nachhaltige Entwicklung“ setzen. In Brüssel werden diese Punkte als Erfolg für die europäische Seite erachtet, weil derzeit die europäischen Märkte erheblich offener sind als die chinesischen. Allerdings kommt das Abkommen auch China entgegen. Zum einen hat Peking an ausländischen Investitionen großes Interesse. Zum anderen können sich chinesische Investoren so einen vertraglich garantierten Zugang zum europäischen Markt sichern.
Das Abkommen ist der bislang umfassendste Versuch der EU, dem wirtschaftlichen Verhältnis mit der zweitgrößten Volkswirtschaft eine Struktur zu verleihen. Es handle sich um das ambitionierteste Abkommen, das China mit einem Drittstaat je abgeschlossen habe, hieß es in deutschen Regierungskreisen. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sprach von einem „Meilenstein für unsere auf Werten gegründete Handelsagenda“. Das bisher unausgewogene Handels- und Investitionsverhältnis der EU mit China komme nun ins Gleichgewicht.
Kritiker zweifeln an der Ernsthaftigkeit Chinas, sollte es zu ungeplanten Friktionen kommen. Beispiel: China hat im November einen Freihandelspakt mit Australien vereinbart, dennoch hat die Führung in Peking einen Handelskrieg gegen australische Unternehmen angefangen, weil die Regierung in Canberra eine unabhängige Kommission zum Ursprung der Covid-19-Krise forderte. Die Tagesschau kommentierte: Chinas Führung schere sich nicht um internationale Verträge, wenn die Politik eines anderen Staates ihren eigenen Interessen widerspreche. Peking habe schon viele Versprechen nicht eingehalten, Stichwort „promise fatigue“. Man sei von den nicht eingehaltenen Zusagen, die Chinas Spitzenpolitiker regelmäßig abgeben, ermüdet: in Sachen Öffnung, internationaler Zusammenarbeit, fairem Austausch und freiem Handel.
Dennoch freuen sich nun auch die Wirtschaftsvertreter, die mit China nicht nur rundherum positive Erfahrungen gemacht haben. Der Präsident des Außenhandelsverbands BGA, Anton Börner, erwartet größere Rechtssicherheit und bessere Wettbewerbsbedingungen für europäische Unternehmen, die in China investieren. Er habe begründete Hoffnung, dass sich „problematische Situationen“ wie der Zwang zum Technologietransfer oder die Diskriminierung von EU-Unternehmen durch chinesische Staatsbetriebe verbessern würden, sagte er laut der FAZ. Der Maschinenbauverband VDMA hofft, dass die Zusage Chinas „ernst gemeint und überprüfbar ist“. Besonders die Einklagbarkeit der Zusagen und gegebenenfalls Sanktionen seien wichtig, so VDMA-Abteilungsleiter Ulrich Ackermann.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.