Kommentar
14:42 Uhr, 09.06.2017

Es ist hoffnungslos…

Bei den Deutschen scheint die Angst vor Veränderung so groß zu sein, dass erst die totale Katastrophe ein Umdenken bewirkt. Oder besser: Erzwingt...

Vor vielen Jahren, noch zu Schulzeiten, habe ich mir von einem Geschichtslehrer einmal das Pamphlet „Mein Kampf“ ausgeliehen und es mit einiger Mühsal „durchgeackert“.

Ich kann mich gut erinnern, wie anstrengend und ermüdend es war, die verworrenen, teilweise aber auch sehr unzweideutigen Gedanken nachzuvollziehen, die der spätere Reichskanzler Adolf Hitler bereits im Jahr 1924 während seiner Festungshaft in Landsberg am Lech niedergeschrieben hatte. Wen es interessiert: Auf der Internetseite der Technischen Universität Berlin findet sich eine ungekürzte Fassung dieses Machwerks aus dem Jahr 1943.

Schon auf den einführenden Seiten des ersten Kapitels erfahren wir:

„Erst wenn des Reiches Grenze auch den letzten Deutschen umschließt, ohne mehr die Sicherheit seiner Ernährung bieten zu können, ersteht aus der Not des eigenen Volkes das moralische Recht zur Erwerbung fremden Grund und Bodens. Der Pflug ist dann das Schwert, und aus den Tränen des Krieges erwächst für die Nachwelt das tägliche Brot“.

Vor dem Hintergrund solcher Äußerungen hat mich die Frage beschäftigt, wie es sein konnte, dass ein gescheiterte Postkartenmaler aus Braunau am Inn ein ganzes Volk sehenden Auges in den Untergang führen konnte.

Die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre mit der horrenden Arbeitslosigkeit in ganz Europa spielte beim Aufstieg der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) Adolf Hitlers sicherlich eine ganz zentrale Rolle. Ebenso der unselige Vertrag von Versailles, unter dessen Einfluss Deutschland wegen der dort vereinbarten Reparationszahlungen ganz massiv zu leiden hatte.

Doch das ist nicht die ganze Wahrheit. Denn wer einmal der Frage nachgeht, wie um Himmels Willen ausgerechnet ein Adolf Hitler Kanzler der Deutschen werden konnte, der wird am Ende des Tages auch zu der ernüchternden Erkenntnis kommen, dass dessen Aufstieg zum Diktator mit der daraus resultierenden Zerstörung ganz Europas nur die logische Konsequenz bewusster Entscheidungen eines ganzen Volkes war.

Denn jeder, der seinerzeit die „Bibel des Führers" gelesen und den Hitlerputsch vom November 1923  in München miterlebt hatte, der konnte wissen, oder zumindest ahnen, was auf Deutschland zukommen würde, sollte dieser Mann eines Tages die Regierungsgeschäfte übernehmen. Trotzdem erhielt die NSDAP im März 1933 eine komfortable Mehrheit von 43,9 (!) Prozent der abgegebenen Stimmen.

Historiker würden später einmal festhalten, dass bei den Wahlen vom 5. März jenes Jahres so genannte „Andersdenkende“, etwa die Kommunisten, bereits unter Beschuss gestanden hatten - man denke in diesem Zusammenhang auch einmal an das „Zensurgesetz“ eines gewissen Heiko Maas.

Am Ergebnis der Reichstagwahl 1933 änderten die Repressionen gegen abweichende Meinungen freilich nichts: Die Deutschen hatten zum vorerst letzten Mal in freien Wahlen über ihr eigenes Schicksal abgestimmt. Und das Votum war eindeutig.

Mit anderen Worten: Adolf Hitler war kein „Betriebsunfall“, der quasi „aus Versehen“ an die Macht gekommen war. Dieser Mann hatte sich auch nicht gewaltsam ins Kanzleramt geputscht.

Es ist viel schlimmer:

Der spätere Diktator wurde schlicht und ergreifend von einer Mehrheit der Deutschen in demokratischen Wahlen legitimiert. Und jeder hätte wissen können, was das für Folgen haben würde…

Und was sehen wir heute?

Wir erleben eine Kanzlerin, die bestehende Gesetze und Verordnungen bei jeder sich bietenden Gelegenheit glatt ignoriert. Artikel 16a Absatz 2 Grundgesetz interessiert die Regierungschefin genauso wenig, wie die Verträge von Maastricht, oder die Abkommen von Schengen oder Dublin.

Ranghöchste Verfassungsjuristen haben der Bundesregierung in der Flüchtlingsfrage daher längst mehrfache und vorsätzliche Rechtsbrüche attestiert, so etwa der frühere Richter am Bundesverfassungsgericht, Udo di Fabio. Dazu ein erhellendes Zitat aus dem folgenden Artikel:

„Nun ist Udo di Fabio ein besonders behutsamer und respektierter Jurist, so etwas wie der Bundespräsident unter den Verfassungsrichtern. Er galt bislang als ein Staatsrechtler, dem sogar eine gewisse Nähe zu Angela Merkel nachgesagt wurde. Auch weil di Fabio selber eine Gastarbeiterfamilie entstammt, gilt er in der Migrationsfrage zudem als völlig unbefangen und liberal. Umso schwerer wiegt das Gutachten, zumal er auch die expansive Interpretation des Asylrechts in der derzeitigen Lage anprangert: „Das Grundgesetz garantiert nicht den Schutz aller Menschen weltweit durch faktische oder rechtliche Einreiseerlaubnis. Eine solche unbegrenzte Rechtspflicht besteht auch weder europarechtlich noch völkerrechtlich.“

Nüchtern betrachtet muss man daher festhalten: Angela Merkel ist eine Rechtsbrecherin.

Ein ganz ähnliches Desaster hat die Bundesregierung unter der Führung der „schlechtesten Kanzlerin aller Zeiten“ in der völlig verkorksten Energiewende zu verantworten. Unter anderem kam das Bundesverfassungsgericht erst in dieser Woche zu dem Ergebnis, dass die den Energieversorgern RWE und E.ON auferlegte Brennelemente-Steuer verfassungswidrig ist.

Was die Aktionäre dieser Unternehmen freut, nämlich die Aussicht auf milliardenschwere Steuerrückerstattungen, die Rede ist von rund 6,0 Milliarden Euro, ist politisch betrachtet ein weiterer donnernder Beweis für die Inkompetenz einer Regierung, die sich nicht scheut, Recht und Gesetz nach Gutsherrenart auszulegen.

ESM: Das Beweisstück…

Längst legendär sind auch die Entscheidungen der Bundesregierung in der Eurokrise: Hier hat das Bundesfinanzministerium federführend daran mitgewirkt, ein vollkommen undemokratisches Instrument wie den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu installieren.

Die Folgen dieser Weichenstellung werden dann sichtbar werden, wenn es darum geht, Banken in ganz Europa vor dem Untergang zu „retten“. Einstweilen können wir in Spanien den Auftakt zu solchen Rettungsorgien erleben. Dort ist mit der Banco Popular gerade das sechstgrößte Finanzhaus des Landes gekippt…

Die Aufstellung massiver politischer Inkompetenzen und bewusster Rechtsbeugungen der aktuellen Bundesregierung ist noch längst nicht vollständig. Und was machen die Deutschen aus all dem? Einer aktuellen Umfrage zufolge würden 53 Prozent der Wähler Angela Merkel direkt wieder zur Bundeskanzlerin wählen, vier Prozent mehr als im Vormonat.

53 Prozent!

Fazit:

Die Masse hat vor 80 Jahren nichts begriffen, und sie begreift heute nichts. Konsequenterweise hat eine willfährige und unkritische Bevölkerungsmehrheit ebensolche Nachkommen hervorgebracht. Denn obwohl bei sachgerechter und nüchterner Analyse des Status Quo auch heute jeder wissen kann, welche Konsequenzen eine Fortsetzung der aktuellen Politik haben wird, sind die Deutschen ganz ähnlich wie in den 1930er Jahren schon wieder bereit, jeden Mist mit ihrer Stimme abzusegnen, den die Politiker einrühren.

Wie heißt es so schön: Jedes Volk bekommt die Regierung, die es verdient. Für die Bundestagswahl am 24. September dieses Jahres sind das denkbar schlechte Aussichten. Denn bei den Deutschen scheint die Angst vor Veränderung so groß zu sein, dass erst die totale Katastrophe ein Umdenken bewirkt. Oder besser: Erzwingt.

Den Leuten ist offenbar nicht zu helfen…

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Zum Autor:

Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG. Weitere Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de