Fundamentale Nachricht
17:15 Uhr, 31.01.2014

Emerging-Markets-Währungen im Ausverkauf

Nachdem einige Emerging-Markets-Währungen, wie die türkische Lira und der südafrikanische Rand bereits seit Wochen und Monaten in den Abwärtsstrudel geraten sind, wurden im Zuge der dieswöchigen Turbulenzen auch osteuropäische Währungen, wie der ungarische Forint, in Sippenhaft genommen

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Während die Währungen zahlreicher Schwellenländer, wie die türkische Lira oder der südafrikanische Rand bereits seit Wochen massiv abwerten, sind in dieser Woche auch einige osteuropäische Währungen mit den Abwärtsstrudel geraten – allen voran der ungarische Forint. Die Valuta befindet sich seit Mittwoch im Sturzflug und USD/HUF ist zum Wochenschluss mit einem zwischenzeitlichen Gewinn von fast zwei Prozent erneut der größte Tagesgewinner am Devisenmarkt. In der Spitze notierte das Währungspaar bislang bei 232,52 – ein frisches Neunmonatshoch. EUR/HUF erreichte bei 314,07 gar ein Zweijahreshoch.

Ein Grund hierfür dürfte sein, dass die ungarische Notenbank beharrlich versucht, weiterhin gegen den Strom zu schwimmen. So erklärte der ungarische Notenbankgouverneur Gyorgy Matolcsy, man werde trotz der Forint-Abwertung an der Ausrichtung auf weitere Zinssenkungen festhalten. Es gebe angesichts der geringen Inflation noch Spielraum für weitere moderate Zinssenkungen. Ausschlaggebend für die Höhe des Leitzinses sei nicht der Wechselkurs, sondern die mittelfristige Inflationsprognose, hieß es.

Die Notenbanken anderer Schwellenländer sehen sich hingegen unter Zugzwang und stemmen sich mit aggressiven Zinserhöhungen den massiven Kursverlusten ihrer Währungen entgegen: So beschloss die türkische Notenbank (CBRT) am Dienstagabend auf einer Krisensitzung, ihren Leitzins (Benchmark Repo Rate) von 4,50 Prozent um satte 550 Basispunkte auf 10,00 Prozent zu erhöhen. Dabei will die türkische Notenbank mit dem höheren Leitzins auch die Inflation bekämpfen. In ihren jüngsten Ausblick hatte die CBRT ihre Inflationsprognose für 2014 erst von 5,3 Prozent auf 6,6 Prozent angehoben. Geholfen hat die deutliche Zinsanhebung jedoch nur temporär: Zwar fiel USD/TRY vom Allzeithoch bei 2,3880 bis zutiefst 2,1643 zurück, doch hat das Währungspaar mit aktuell 2,2617 bereits wieder rund die Hälfte der Verluste wieder wettgemacht.

Auch die Notenbanken Indiens und Südafrikas sahen sich in dieser Woche zu Zinsanhebungen gezwungen. So erhöhte die indische Notenbank ihren Leitzins trotz eines nach wie vor schleppenden Wirtschaftswachstums überraschend um 25 Basispunkte auf 8,00 Prozent. Ziel ist dabei allerdings ebenfalls auch die Bekämpfung der hohen Inflation. Die Teuerungsrate werde kurzfristig weiterhin über der Neun-Prozent-Marke liegen und auch das Inflationsziel von acht Prozent binnen zwölf Monaten werde nur schwerlich zu erreichen sein, sagte Notenbankgouverneur Raghuram Rajan. Für das vierte Quartal des Fiskaljahres 2014/15 (bis Ende März 2015) prognostiziert die indische Notenbank nun einen Rückgang der Inflation auf 7,5 bis 8,5 Prozent.

Als bislang letzte Emerging-Markets-Notenbank hob die South African Reserve Bank (SARB) am Mittwoch ihren Ausleihesatz um 50 Basispunkte auf 5,50 Prozent an. Notenbankgouverneurin Gill Marcus bestritt jedoch, dass die Zinsanhebungen der anderen Notenbanken für diesen Entscheid ausschlaggebend gewesen seien. Man habe das schwache Wirtschaftswachstum gegen die hohen Inflationsrisiken und die Abwertung des Rand abgewogen, hieß es stattdessen. Den südafrikanischen Rand konnte die Zinsanhebung jedoch nicht vor dem freien Fall bewahren: USD/ZAR erklomm schon am Donnerstag ein frisches Fünfjahreshoch bei 11,3890.

Grund für die Abwärtsspirale der Emerging-Markets-Währungen sind die massiven Kapitalabflüsse aus Schwellenländern seit die US-Notenbank den Anfang vom Ende ihrer ultralockeren Geldpolitik verkündet hat. Im Zuge der Geldschwemme, mit der die Federal Reserve Bank (Fed) seit der Finanzkrise die Märkte geflutet hatte, war auf der Jagd nach höher Renditen viel Geld in die Schwellenländer geflossen, die in den vergangenen Jahren deutlich höhere Wachstumsraten aufgewiesen haben als die großen Industrienationen. Im Dezember gab die Fed dann den Startschuss zur Reduzierung ihrer monatlichen Anleihenkäufe. In dieser Woche verkündete sie die zweite Reduzierung um weitere zehn Milliarden US-Dollar auf nun 65 Milliarden US-Dollar monatlich. Von Bloomberg befragte Analysten erwarten weitere Senkungen, bevor dann zum Jahresende das Programm gänzlich beendet sein soll.

Im Zuge der Rückführung der geldpolitischen Lockerungen und der sich erholenden US-Konjunktur fließt das Kapital nun wieder eher in die Industrieländer. Hinzu kommt die Abkühlung der Konjunktur in China, was zu einer geringeren Rohstoffnachfrage des weltgrößten Rohstoffverbrauchers führt und rohstoffgetriebene Schwellenmärkte unter Druck bringt.

Zudem haben viele Schwellenländer auch mit hauseigenen Problemen zu kämpfen. So haben es viele Schwellenmärkte in den letzten Jahren versäumt, strukturelle Reformen voranzutreiben, um ihre wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Und so bekommen denn auch die Währungen mit den größten Leistungsbilanzdefiziten, wie die türkische Lira und der südafrikanische Rand, den Abwertungsdruck am stärksten zu spüren. Gleichzeitig ist auch die politische Unsicherheit in der Türkei und Südafrika derzeit besonders groß.

Während einige Emerging-Markets-Währungen, wie der ungarische Forint, im Zuge der dieswöchigen Turbulenzen in Sippenhaft genommen wurden, sollte der Markt jedoch früher oder später wieder anfangen stärker zu differenzieren. Ungarn verfügt im Gegensatz zur Türkei, Südafrika, Brasilien, Indien und Indonesien über einen Leistungsbilanzüberschuss und auch die Inflation gibt wenig Anlass zur Sorge. Tatsächlich befindet sich die Teuerungsrate mit derzeit 0,4 Prozent im Jahresvergleich auf dem niedrigsten Niveau seit mehr als 40 Jahren – was auch einen rekordtiefen Leitzins von derzeit 2,85 Prozent rechtfertigt.

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  • manuelperez
    manuelperez

    Wir kennen die fundamentalen Probleme der Schwellen-Währungen. Eigentlich wäre es für die Godmode-Leser nützlicher, kurze zusammenfassende Updates zu den täglichen Entwicklungen der Rates zu bekommen, solange sie im Fokus der Aktienmärkte stehen. Sich das alles selbst täglich zusammenzusuchen, kostet so viel Zeit.

    23:08 Uhr, 31.01.2014

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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