Kommentar
10:24 Uhr, 03.12.2014

E.ON - Was ist der Konzern zukünftig wert?

Die Marktreaktion auf die neue Strategie war positiv. Die Aufspaltung des Konzerns in zwei Gesellschaften wird als Befreiungsschlag gewertet. So gut wie das alles auf den ersten Blick klingt, ist es aber dann wohl doch nicht.

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Die Reaktion von Anlegern auf die Aufspaltung war schon fast wie ein Reflex. Aufspaltung wird fast immer positiv gesehen. Manche Aufspaltungen machen Sinn, andere nicht. Welchem der beiden Möglichkeiten E.ONs Aufspaltung zuzuordnen ist, ist noch nicht ganz klar. Persönlich finde ich die Aufspaltung in ein Unternehmen mit Fokus auf Dienstleistungen, Netzbetreibung und Erneuerbare Energien auf der einen und konventionelle Energie auf der anderen Seite nicht schlecht. Im Gegenteil, es macht wirklich Sinn. Das heißt aber nicht automatisch, dass dadurch der Wert des Unternehmens steigen muss.

E.ON hat einen langen Leidensweg hinter sich. Der Umsatz konnte noch bis zum Jahr 2012 gesteigert werden. Unterm Strich blieb vom Umsatz aber immer weniger Gewinn. Zudem schrumpft E.ON seit 2011 auf der Vermögensseite. E.ON hat inzwischen fast 40 Mrd. EUR weniger Vermögenswerte in der Bilanz als noch 2010/11. Fairerweise muss man sagen, dass sich gleichzeitig auch die Schulden über 40 Mrd. gesenkt haben. Netto ist E.ON mehr wert als damals. Der Buchwert ist so hoch wie schon seit Jahren nicht mehr. Die schon lang anhaltende Restrukturierung hatte positive Effekte. Dafür macht der Konzern nur mehr vergleichsweise wenig Gewinn.

E.ON hatte Jahre, in denen der Gewinn deutlich über 5 Mrd. EUR lag. Inzwischen muss man als Aktionär froh sein, wenn am Jahresende überhaupt noch ein Plus übrig bleibt. 2014 wird wahrscheinlich das schlechteste Jahr seit mindestens 15 Jahren. E.ON hat für Q4 zusätzliche Abschreibungen von 4,5 Mrd. angekündigt. Der Jahresverlust dürfte somit im Bereich von 3 Mrd. liegen, wenn der Konzern durch Veräußerungsgewinne von Unternehmensteilen das nicht irgendwie kompensieren kann.

Die hohe Abschreibung zu Jahresende ist sicherlich ein erster Schritt die Altlasten zu reduzieren, damit E.ON dann, wenn es aufgespalten ist, ohne immer neue Lasten wieder durchstarten kann. Die Frage ist nur: kann E.ON dann wirklich wieder durchstarten? Nur, weil das Geschäft auf zwei Unternehmen verteilt ist wird es ja nicht automatisch besser. Problematisch dürfte auch eine steigende Kostenquote sein. Derzeit hat E.ON viele Funktionen nur einmal (im Prinzip das ganze Back Office). In Zukunft muss die Verwaltung 2x existieren. Davon sind kaum Effizienzgewinne zu erwarten.
Viel wichtiger als die Kosten der Verwaltung ist natürlich das Kerngeschäft. Vergleicht man das Ergebnis der Geschäftstätigkeit vor Steuern und Zinsen (EBIT) der einzelnen Geschäftszweige, dann bekommt man gewisse Zweifel daran, dass E.ON ab 2016 wieder zum Goldesel wird. Der Teil, der abgespalten werden soll (konventionelle Energie, Rohstoffe, Exploration & Produktion), trägt momentan die Hälfte des EBIT bei. Im Vergleich zu 2013 ist der Beitrag sogar gestiegen. Der Teil, der künftig E.ON sein soll (Erneuerbare, Deutschland, EU), schrumpft gerade. Erneuerbare Energien wachsen mit ca. 10% pro Jahr, dafür hat das Deutschlandgeschäft (vor allem Netbetreibung) einen enormen Rückgang zu verzeichnen. Sind 2013 und 2014 ein Zeichen dafür, wie es in diesem Segment weitergeht, dann ist das bedenklich. Mehr als eine Milliarde Reingewinn dürfte dabei nicht herumkommen. Für ein Unternehmen, welches aktuell mit allen Geschäftsteilen zusammen 30 Mrd. wert ist, ist das nicht viel.

Die Hälfte des Gewinns kommt aus den Unternehmensteilen, die abgespalten werden sollen. E.ON als Kernunternehmen würde nur mehr ca. eine Milliarde Gewinn erwirtschaften. Zugegeben, die Zeiten sind schlecht. Werden sie wieder besser, dann können es auch 2 Milliarden sein. Dafür hat E.ON sämtliche Schulden bei sich auf der Bilanz, während das neue Unternehmen ohne Schulden durchstarten kann. Ein Großteil der Assets geht an das neue Unternehmen. E.ON werden also noch Schuldenlasten plagen, aber weniger Gewinn zur Verfügung haben den Schuldenberg abzutragen.

Das neue Unternehmen wiederum hat eine saubere Bilanz, kann 1 bis 1,5 Mrd. Gewinn schreiben, hat dafür aber ein hohes Zukunftsrisiko. Der Rückbau der Kernenergie könnte wesentlich mehr kosten als gedacht. Dann wird aus einem Milliardengewinn auch sehr schnell ein hoher Milliardenverlust. Immerhin sollten nicht mehr allzu hohe Abschreibungen notwendig sein. E.ON sollte Ende 2015 damit wirklich durch sein.

Für das neue Unternehmen sähe die Bilanz und der Gewinn wahrscheinlich erst einmal nicht schlecht aus. Was bleibt, das sind hohe Risiken, die in der Bilanz schlummern, aber keine abschätzen kann. Ebenso stellt E.ON erneuerbare Energie als Rettung und Zukunftsmarkt dar. Was ist dann der Rest? Ein Auslaufmodell? Wie viel ist ein Unternehmen wert, dessen Geschäftsmodell eigentlich obsolet ist?

Gewisse Zweifel habe ich, dass E.ON heute oder in zwei Jahren wirklich mehr wert sein wird als die aktuellen 30 Mrd. Eines kann man allerdings sagen: Versorger braucht es. Das ist und bleibt ein gutes Geschäftsmodell. E.ON investiert stark in intelligente Stromnetze und den Trend zur Dezentralisierung der Stromerzeugung. Das ist die Zukunft, nur weiß noch niemand so genau, wie viel Geld sich damit eigentlich am Ende wirklich verdienen lässt.

Was die Börse nun aus all diesen Erwägungen macht steht auf einem anderen Blatt. So lange der Kurs über 14,30 notiert ist E.ON ein Kauf.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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