Kommentar
10:20 Uhr, 04.09.2025

Digitales Gold soll Handel umkrempeln

Der World Gold Council treibt eine Initiative voran, die den physischen Goldhandel verändern könnte. Ein neu entwickeltes Konzept für "Wholesale Digital Gold" soll das Edelmetall nicht nur digital handelbar machen, sondern es Marktteilnehmern auch erstmals ermöglichen, Gold effizient als Sicherheit zu hinterlegen.

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Der World Gold Council (WGC) ist eine Lobbyorganisation der Goldminenindustrie, das muss man vorab wissen. In Zusammenarbeit mit der Anwaltskanzlei Linklaters und der Unternehmensberatung Hilltop Walk Consulting wurde eine Vision für die Digitalisierung des Goldmarktes vorgestellt. Kern des Vorhabens ist die Einführung sogenannter "Pooled Gold Interests" (PGI).

Dieses Konzept (Link zum WCG) soll die Vorteile der bisherigen Handelsstrukturen vereinen: die Sicherheit von physisch hinterlegtem Gold ("allocated gold") mit der Liquidität und den geringeren Kosten von nicht-physischen Goldansprüchen ("unallocated gold"). Anleger würden dabei einen direkten Miteigentumsanteil an einem Pool physischer Goldbarren erhalten. Gleichzeitig profitierten sie von Vorteilen wie der vereinfachten Nutzung von Gold als Sicherheit, dem Erwerb kleinster Bruchteile und einer einfachen sowie sicheren Übertragung der Anteile zwischen den Parteien.

David Tait, CEO des World Gold Council, betonte in einem Interview, dass Gold digitalisiert werden müsse, um seine Marktreichweite zu vergrößern. Obwohl das Edelmetall derzeit Rekordhochs erreicht, ist es für die meisten Banken eine ertragslose Anlage in den Bilanzen.

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Durch die Digitalisierung könnte Gold einfacher als Sicherheit für Margin Calls oder andere Geschäfte eingesetzt werden. "Für die Banken, aus der Perspektive der Besicherung, werden sie eine Menge Geld verdienen, da sie die Möglichkeit erhalten, das Gold in ihrer Bilanz als Sicherheit zu verwenden", so Tait.

Stärkung des Finanzplatzes London

Der Londoner "Loco London"-Markt ist der weltweit größte Handelsplatz für physisches Gold. Im Durchschnitt werden dort täglich 20 Millionen Unzen abgewickelt. Die Initiative zielt auch darauf ab, die führende Rolle Londons im globalen Goldhandel weiter zu festigen.

Der WGC, der sich als Förderer eines verantwortungsvollen und zugänglichen Goldmarktes versteht, will mit der Initiative eine technologisch neutrale Infrastruktur schaffen. Diese soll auch an bestehende Projekte wie das "Gold Bar Integrity"-Programm anknüpfen, eine Blockchain-Datenbank zur Nachverfolgung der Herkunft von Goldbarren.

Um die notwendige Rechtssicherheit für diese Innovation zu schaffen, hat die Kanzlei Linklaters einen neuen rechtlichen Rahmen entwickelt. Dieser regelt die Ausgabe und Übertragung von Anteilen an einem Pool von eingelagerten Goldbarren und stellt das wirtschaftliche Eigentum am physisch hinterlegten Gold sicher. Die Kernteilnehmer des Systems würden gemeinschaftlich Eigentümer des zugrunde liegenden Goldpools sein und digitale Bruchteilsanteile ausgeben, was Transparenz und Vertrauen gewährleisten soll.

Konkurrenz durch Kryptowährungen und verhaltene Reaktionen

Branchenbeobachter sehen den Vorstoß auch als Reaktion auf die wachsende Konkurrenz durch digitale Vermögenswerte wie Kryptowährungen und Stablecoins. Bisherige Versuche, goldgedeckte Stablecoins zu etablieren, hatten nur mäßigen Erfolg.

Die beiden größten Vertreter, Tether Gold und Pax Gold, verwalten zusammen nur einen Bruchteil des Kapitals, das beispielsweise in goldgedeckten ETFs steckt. Tether Gold zum Beispiel kommt auf eine sehr bescheidene Marketcap von derzeit 1,33 Mrd. USD.

Das neue Projekt des WCG stößt nicht nur auf Zustimmung. Der Goldmarkt gilt als von etablierten und eher risikoscheuen Akteuren dominiert.

Adrian Ash, Forschungsdirektor bei der Handelsplattform BullionVault, äußerte sich skeptisch, ob der Londoner Großhandelsmarkt die Neuerung annehmen werde. "Gold ist bereits die Anlageklasse mit der besten Wertentwicklung", so Ash. "Das fühlt sich an wie eine Lösung auf der Suche nach einem Problem." Zudem wird auf die bisher langsame Akzeptanz des im Januar gestarteten "Gold Bar Integrity"-Programms verwiesen.

Fazit

Der World Gold Council als Lobbyorganisation der Goldindustrie will natürlich Gold generell "promoten", das ist so klar wie verständlich.

Gold irgendwie "digitaler" zu machen, ist jedenfalls begrüßenswert. Indem Gold von einem reinen Wertaufbewahrungsmittel zu einem aktiven, ertragsgenerierenden Vermögenswert weiterentwickelt wird, könnten neue Anwendungsfälle und Investorengruppen erschlossen werden. Der Erfolg hängt jedoch maßgeblich davon ab, ob die konservativen Akteure des Londoner Marktes überzeugt werden können. Ein für das erste Quartal des kommenden Jahres geplanter Pilotversuch mit großen Banken und Handelshäusern wird ein wichtiger Indikator für die Zukunft des digitalen Goldes sein.

Ein wenig überrascht hat mich, dass dieses Konzept des WCG ohne das Buzzword "Blockchain" auskommt. Aber die Goldakteure sind eben eher konservativ.

Für Privatanleger dürften die Vorteile der Neuerung überschaubar sein. Gold digital zu handeln ist z.B. mit Produkten wie Xetra Gold und Euwax Gold problemlos möglich. Für den einen oder anderen mag es aber wichtig sein, das direkte Eigentum an einem Pool von Goldbarren zu haben statt der Besicherungskonstruktionen bei Xetra und Euwax Gold.

Lesetipp: GOLD - Wie am besten über einen ETC investieren?

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2 Kommentare

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  • Juancor
    Juancor

    Grundlegende Frage: wird es eine 1:1 Abbildung des physischen Gold zum digitalen Gold geben?

    Oder könnte es sein (weil es ja ein Pool an physischen Gold ist), dass da noch ein Hebel drauf ist (z.B. 2-3 x mehr digitales Gold als tatsächlich vorhandenes Gold).

    Wenn es dann nämlich eines Tages zum Offenbarungseid kommt, sieht es nicht so toll aus.

    11:12 Uhr, 04.09.
    1 Antwort anzeigen

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