Diesmal kein Weltkrieg...
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Es gibt tatsächlich noch gute Nachrichten. Man muss sie nur finden. Was uns in dieser Woche besonders gefreut hat: Selbst auf nicht gerade unabhängigen Internetseiten wie www.bloomberg.com wird der „Fracking-Boom“ jetzt zumindest ansatzweise kritisch hinterfragt.
Das ist ein gutes Zeichen, weil damit deutlich wird, dass der unfassbare Unfug, Erdgas mit maschinellem Hochdruck und unter Zuhilfenahme eines Giftcocktails aus dem Gestein zu „sprengen“, nicht mehr allzu lange Bestand haben wird. Im folgenden englischsprachigen Bloomberg-Artikel werden dazu einige Punkte aufgeführt.
Schon die Überschrift ist vielsagend:
„Der Traum von der Energie-Unabhängigkeit zerplatzt an den Kosten“
Im Text selbst hält man sich nicht mit langen Vorreden auf. Gleich zu Beginn lassen die Autoren die Katze aus dem Sack: „Für jeden Dollar, den die unabhängigen Ölförderer mit dem Schiefergas verdienen, geben sie 1,50 US-Dollar für Bohrungen aus“. Alles klar? So sieht Kapitalvernichtung aus.
Leider wird jedoch nicht ökologische Einsicht sondern der simple Geldbeutel den Fracking-Boom beenden. Denn weiter unten im Text werden ernüchternde Geschäftszahlen einiger Energiekonzerne aufgeführt, bei denen das „grandiose Geschäft mit dem Schiefergas“ ganz anders zu Buche schlägt als ursprünglich erhofft:
Chesapeake Energy (CHK), Range Resources (RRC) und QEP Resources (QEP) haben die Analystenschätzungen zuletzt allesamt mehr oder weniger deutlich verfehlt. Bei Range Resources halbierte sich der Gewinn im vierten Quartal mal eben.
Das sieht nach einer beginnenden Trendwende aus: Chesapeake Energy verfehlte die Analystenschätzungen zuletzt deutlich. Auch hier macht sich der „Fracking-Boom“ bemerkbar – allerdings ganz anders als ursprünglich erwartet..
Die größte Problem scheinen aber die rapide sinkenden Erträge der Schiefergasbohrlöcher zu sein, bei gleichzeitig ausufernden Kosten: Immer öfter muss weitaus tiefer gebohrt werden ursprünglich angenommen. Leider scheint dies nicht die Ausnahme zu sein, sondern die Regel.
Doch natürlich dürfen bei Bloomberg einige verblendete Befürworter des Fracking-Unsinns nicht fehlen. So wird etwa gegen Ende des Artikels Andy Lipow zitiert. Der Präsident einer Energieberatungsgesellschaft in Houston, Texas, ist überzeugt: „Ich sehe noch kein Ende des Schiefergasbooms“.
Tatsächlich wird es wohl noch eine Weile dauern, bis auch der letzte Befürworter dieser Technologie für ewig Gestrige erkennt, dass der seit dem Jahr 2006 laufende „Schiefergasboom“ in den USA bislang nicht in der Lage war, das Wachstum der US-Wirtschaft nachhaltig zu beleben. Trotz niedrigster Zinsen tut sich da nämlich weiterhin überraschend wenig. Zuletzt hatten die Umsätze des Einzelhandels enttäuscht. Auch die Hypothekenanträge verharren weiterhin auf einem Rekordtief. Die folgende Grafik zeigt das:
Trotz rekordtiefer Zinsen und historisch einmaliger Geldschwemme verharren die Hypothekenanträge in den USA auf tiefem Krisenniveau...
Wenig erbaulich ist die Lage auch in der Ukraine. Das Land steuert auf eine Staatspleite zu. Zum Weglachen war in diesem Zusammenhang ein Beitrag im heute journal des ZDF vom Montag dieser Woche: Dort wurde uns erzählt, das Land hätte seine Währung längst abwerten müssen. Nur so könne ein Staatsbankrott verhindert werden und die Ukraine ihre Wettbewerbsfähigkeit wiedererlangen.
Ach ja? Und was ist mit Griechenland, Spanien oder Portugal? Wenn es um die Wettbewerbsfähigkeit der Eurokrisenländer geht, dann wollen die Kollegen aus den Mainstream-Medien von solchen Thesen plötzlich nichts mehr wissen.
Dreh- und Angelpunkt für die weitere Entwicklung in der Ukraine ist aber Russland. Bei nüchterner Betrachtung der Faktenlage ist klar, dass das Land seine Interessen bedroht sieht, sollte sich die Ukraine dem Westen und der Europäischen Union (EU) anschließen. Der Zugang zu Energie könnte dabei eine Schlüsselrolle spielen: Eine wichtige Erdgas-Pipeline, die eine zentrale Rolle für die Lieferungen von russischem Erdgas nach Europa bildet, führt von der Ukraine durch die Slowakei und Tschechien bis nach Österreich und Deutschland.
http://de.wikipedia.org/wiki/Transgas-Pipeline
Den Zugriff auf diese Erdgas-Pipeline wird sich Russlands Präsident Wladimir Putin nicht von der EU oder den USA streitig machen lassen. Gleiches gilt für die Karpaten, die im Westen der Ukraine eine aus russischer Sicht natürliche Barriere gegen mögliche Übergriffe der NATO bilden.
Die Großmanöver des russischen Militärs an der ukrainischen Grenze, die in dieser Woche begonnen haben, sollte man daher nicht auf die leichte Schulter nehmen. An der Übung nehmen 150.000 Soldaten teil, 880 Panzerfahrzeuge sind aufgefahren, 90 Kampfflugzeuge und 80 Schiffe. Zum Vergleich: Die Bundeswehr verfügt über 175.000 Soldaten, 755 Kampfpanzer und 167 Kampfjets.
http://de.euronews.com/2014/02/27/putin-rasselt-mit-dem-saebel-grossmanoever-an-ukrainischer-grenze/
Aber auch wenn der Erste Weltkrieg aus einem weit nichtigeren Anlass vom Zaun gebrochen wurde, sind wir zuversichtlich, dass sich die Wogen wieder glätten werden.
Denn wenn sogar den Kollegen bei Bloomberg ein Licht aufgeht, dann zeigt dies, dass die Leute allmählich aufwachen.
Das wird allerdings auch Zeit...
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Zum Autor:
Andreas Hoose ist Chefredakteur des Antizyklischen Börsenbriefs, einem Service der BörseGo AG, und Geschäftsführer des Antizyklischen Aktienclubs. Börsenbrief und Aktienclub, das komplette Servicepaket für die Freunde antizyklischer Anlagestrategien! Informationen finden Sie unter www.antizyklischer-boersenbrief.de und www.antizyklischer-aktienclub.de
Ihr Wort in Gottes Ohr... Wiewohl ich Ihren Ausführungen bzgl. Fracking absolut folge, vermag ich Ihren Rundschlag von Bloomberg-Babble über Fracking zum neo-imperialistischen Russland und der (kindlichen) Hoffnung einer "friedlichen" (haha) Lösung des aktuellen Ukraine-Konflikts nicht nachzuvolziehen.
Putin weiß, dass er sich angesichts der sich massiv verschiebenden globalen Interessen beeilen muss, seinen Fuss noch in die Tür zu bekommen, deshalb wird er keinen Zentimeter von seiner neo-imperialistischen Politik abweichen.
Andreas, auch die Befürworter von Windkraft wollen in der Regel kein Windrad in der Nähe :) Da hört die Begeisterung meist rasch auf.
Selbiges gilt für Freunde der Kernkraft und Kohle
Die folgende aktuelle Nachricht passt da ganz hervorragend:
Exxon Chef Rex Tillerson ist glühender Befürworter des Fracking-Schwachsinns – es sei denn es geht dabei um sein eigenes Grundstück. Dann will er davon ganz schnell nichts mehr wissen:
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/03/02/exxon-chef-will-fracking-vor-seinem-grundstueck-verbieten/