Kommentar
12:50 Uhr, 30.05.2017

Die USA brauchen den Rest der Welt mehr denn je

Trump ist von seiner einwöchigen Auslandsreise zurück. Diese Reise war aus seiner Perspektive sensationell erfolgreich. Wenn es nur so wäre...

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Angela Merkel war für ihre Verhältnisse nach dem G7 Gipfel ungewöhnlich deutlich im Ausdruck ihrer Enttäuschung. Inzwischen geht ihr Fazit (die EU ist auf sich allein gestellt) durch die Welt und sorgt für Aufregung. Es ist wohl das bisher deutlichste Zeichen, dass sich die Zeiten endgültig geändert haben.

Trump sah das anders und schwärmte von der Reise. Über Twitter meldete er, dass die Europareise ein großer Erfolg für Amerika gewesen sei. Wie er zu dieser Überzeugung kommt, ist wohl allen bis auf ihn selbst schleierhaft, denn er hat gleich mehrere Brücken eingerissen. Seine Diplomatie wird in einem Video besonders gut zum Ausdruck gebracht (edition.cnn.com/videos/politics/2017/05/25/trump-shove-prime-minister-montenegro-nato-orig-vstop-dlewis.cnn ).

Aus Europa hat Trump jedenfalls nichts, aber auch gar nichts mitgenommen, schon gar keine großen Erfolge für Amerika. Wenn überhaupt etwas aus dieser Reise wird, dann ein düsteres Szenario, indem die USA bald vollkommen isoliert dastehen. Es kommen bereits Forderungen, auf Trumps Beharren auf die Steigerung der Militärausgaben zu reagieren, indem man sie ignoriert und zukünftig nicht mehr auf die NATO, sondern auf eine militärische Kooperation in Europa setzen sollte.

In den USA selbst sorgt das Verhalten auch für Irritationen. Keiner weiß mehr, was nun gilt. Ist Europa noch unser Freund oder wird es bald zum Feind? Werden zukünftig die Scheiche aus Saudi-Arabien unsere engsten Verbündeten?

Zu allem Überfluss ist die Trump-Administration immer noch durch die Russland Affäre gelähmt. Im Normalfall beginnen Skandale von Regierungsparteien einige Jahre nachdem sie an die Macht gekommen sind. Macht korrumpiert halt. Hier ging es schon vor den Wahlen los... Was für eine Leistung.

Wie dem auch sei, die USA brauchen den Rest der Welt und nicht zuletzt Europa. Das zeigt sich nicht zuletzt bei den amerikanischen Unternehmen. Grafik 1 zeigt die Gewinnentwicklung aller US-Unternehmen. Die Zahlen sind aufgeteilt in Gewinne, die die Finanz- und Nicht-Finanzindustrie im Inland und wie viel im Ausland erwirtschaftet wird.

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Die Gewinne im Inland sind auf dem Rückzug. Da die Skala logarithmisch ist, sieht der Rückgang seit 2014 nicht sonderlich spektakulär aus. Tatsächlich aber verdienen US-Unternehmen im Inland heute 160 Mrd. weniger als noch Ende 2014. Die Gewinn im Ausland sind hingegen um 55 Mrd. gestiegen.

Die Gewinnrezession von US-Unternehmen geht im Inland weiter. Das Ganze fällt nicht so stark auf, weil ein Teil durch das Ausland kompensiert wird. Das Ausland trägt ohnehin schon fast ein Viertel zu sämtlichen Gewinnen bei. In Relation zur Wirtschaftsleistung (Grafik 2) sieht man, dass das Ausland an Bedeutung gewinnt. Der Anteil der Gewinne bleibt in Relation zum BIP seit über 10 Jahren konstant. Die Gewinne wachsen also ungefähr so schnell wie die Wirtschaft.

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Die Gewinne im Inland bei Nicht-Finanzinstituten hingegen verlieren seit 2005 an Bedeutung. Sie lagen einmal bei knapp 8 % des BIPs. Heute sind es nur noch 6 %. Die Gewinne der Finanzindustrie können weiter an Bedeutung gewinnen.

Grafik 3 zeigt wie viel die Industrien und das Ausland zu den Gewinnen beitragen. Kurzzeitig (2008) lag der Anteil durch den Sondereffekt der Finanzkrise einmal bei 30 %. Aktuell ist es etwa ein Viertel. Der Trend ist steigend.

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In den letzten Jahren schufen in den USA vor allem Großunternehmen Arbeitsplätze. Das sind genau jene Unternehmen, die international tätig sind. Wenn Trump in diesem Tempo weiter die Brücken einreißt und eine Isolationspolitik betreibt, kommt es früher oder später zu einer Spirale des Protektionismus. Wenn die Gewinne aus dem Ausland nicht mehr fließen, dann werden auch in den USA keine Arbeitsplätze mehr entstehen, sondern abgebaut werden. Die USA und ihre Wirtschaft brauchen das Ausland. In den USA selbst erzielen Unternehmen immer geringere Margen. Kann das nicht durch den Rest der Welt kompensiert werden, droht ein Jobkahlschlag.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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