Kommentar
12:30 Uhr, 22.03.2025

Die Sicherheit von ETFs (und anderen Fonds)

ETFs sind langweilig? Kann man so sehen. Aber nur die wenigsten Investoren und Trader schaffen es, eine Outperformance zu erzielen. In der fünften Folge meiner ETF-Serie gehen wir der Sicherheit von ETFs auf den Grund.

Risiken gibt es bei der Geldanlage immer. Aber auch wenn ein Unternehmen pleitegehen und die Aktie wertlos werden kann oder ein Anleiheschuldner Zinsen oder Kapital nicht zahlt: Wir möchten uns natürlich keine zusätzlichen Risiken durch die Wertpapiere selbst ins Depot holen (Stichwort: Lehman-Zertifikate in der Finanzkrise).

Eine Frage, bei der sich viele bedeckt halten

Wie ist also die Sicherung unseres Vermögens, das einem ETF im Fall des Falles genau geregelt? Wer dazu im Internet recherchiert, bekommt schnell den Eindruck, dass man da mit Allgemeinplätzen abgespeist werden sollen. So wird meist nur lapidar auf das Sondervermögen verwiesen, dass auch im Insolvenzfall sicher sei. Aber wie diese Sicherung konkret gestaltet ist und wie im Ernstfall den Anlegern der Zugriff auf dieses Sondervermögen ermöglicht wird, bleibt im Dunkeln.

Dieser Eindruck verstärkte sich leider bei meiner weiteren Recherche. Der deutsche Bankenverband wollte dazu überhaupt keine Auskunft geben. Der BVI, der unter anderem die Fondsgesellschaften vertritt, war zwar hilfsbereit, konnte die Frage aber auch nicht abschließend beantworten. Selbst bei der BaFin als zuständiger Aufsichtsbehörde waren mehrere Anläufe nötig, um jemanden mit wirklicher Kompetenz zu diesem Thema zu finden.

Fonds und ETFs sind seit Langem stark reglementiert

Der Grund für dieses Hin und Her wird klarer, wenn wir uns die insgesamt recht komplizierten Vorgänge veranschaulichen, die für Fonds-Investments (und damit auch für ETFs) gelten. Grundlage ist die sogenannte OGAW-Richtlinie der EU von 1985, die spezielle Anforderungen an Fonds und ihre Verwaltungsgesellschaften festlegt und insbesondere Regelungen enthält, in welche Vermögensgegenstände ein OGAW-Fonds investieren darf.

OGAW heißt "Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren", eine recht sperrige Formulierung für Investmentfonds. Die englische Abkürzung UCITS (Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities) findet man dagegen inzwischen in fast allen (offiziellen) Namen von Fonds und ETFs. Das ist das Zeichen dafür, dass der betreffende Fonds bzw. ETF dieser Richtlinie entspricht. Nicht-OGAW-Fonds sind sogenannte "Alternative Investmentfonds" (AIF), worunter vor allem geschlossene Fonds, Hedgefonds und andere Spezialfonds fallen, die weniger reguliert sind und in die Privatanleger zum Teil auch gar nicht investieren können. (aber auch die altehrwürdigen Offenen Immobilienfonds, OIFs, gehören dazu.) Diese AIF interessieren uns hier aber nicht.

Die OGAW-Richtlinie von 1985 wurde mittlerweile natürlich mehrfach angepasst. Als Anleger merkt man das hauptsächlich an dem zusätzlichen "Papierkram", dem man ausgesetzt ist, wenn man in einen Fonds investieren willst. In Deutschland ging die OGAW-Richtlinie in das Investmentgesetz ein, das inzwischen vom Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) abgelöst wurde.

Der Anleger im Investmentdreieck

Darin sind die Beziehungen zwischen Anleger und Fonds einerseits und dem Sondervermögen andererseits festgelegt. Am einfachsten wird dieses relativ komplizierte Geflecht am sogenannten Investmentdreieck klar:

Quelle: eigene Darstellung nach BVI

Das Investmentdreieck besteht aus den Anlegern, der Fondsgesellschaft (offiziell: Kapitalver­waltungsgesellschaft, KVG) und der Verwahrstelle (die früher De­potbank hieß). Die entscheidende Instanz für die Sicherheit des Fonds-(Sonder-)Vermö­gens ist dabei die Verwahrstelle.

Sie verwaltet das Sondervermö­gen des Fonds, das sich auch tatsächlich in ihrer Obhut befindet und damit dem direkten Zugriff der KVG entzogen ist. Sie ist zudem für die Kontrolle der Anlagebedingungen des Fonds verantwortlich. Wenn al­so z.B. die Fondsstrategie fest­legt, dass keine Derivate (z.B. Optionen und Futures) vom Fonds gehalten werden dürfen und Wertpapiere nicht auf Kredit zu kaufen sind, dann muss die Verwahrstelle die Einhaltung dieser Regeln bei jeder Transaktion überprüfen. Das erfordert zwar einen relativ komplizierten Ablauf bei jeder Transaktion, da natürlich die KVG Art, Zeitpunkt und Menge der zu kaufenden/verkaufenden Wertpapiere bestimmt und meist auch (externe) Broker zwischengeschaltet sind. In der Praxis sind diese Abläufe aber weitgehend standardisiert.

Darüber hinaus übernimmt die Verwahrstelle eine Reihe von anderen Aufgaben, die man landläufig direkt bei der KVG vermutet hätte. So gibt sie Fondsanteile an die Anleger aus bzw. nimmt sie von ihnen zurück, zahlt Ausschüttungsbeträge bzw. Verkaufserlöse an die Anleger aus und bucht sämtliche Kosten (z.B. Transaktions- und Managementgebühren) für das Fondsvermögen. Damit kann also nur die Verwahrstelle auf das Fondsvermögen zugreifen. Selbst wenn das Fondsmanagement Geld aus dem Fonds­ver­mögen bei anderen Banken anlegen möchte, ist das nur mit Zustimmung der Verwahrstelle möglich.

Die Verwahrstelle, der Dreh- und Angelpunkt für die Sicherheit

Damit ist die Verwahrstelle der Dreh- und Angelpunkt im Sicherheitskonzept für Fonds, und zwar auch aus Sicht der Anleger. Entsprechend stark werden die Verwahrstellen reguliert und ihre Aufgaben und Arbeitsweise sind zudem genauestens gesetzlich festgelegt. So muss die Verwahrstelle eines deutschen Fonds (bei dem die ISIN mit "DE" beginnt) z.B. ihren Sitz in Deutschland haben (wobei allerdings eine Zweigstelle einer ausländischen Bank ausreicht, wenn sie nach deutschem Recht firmiert).

Der Ausfall der KVG bzw. Fondsgesellschaft ist also aus Anlegersicht völlig unkritisch, denn das entscheidende operative Geschäft wird von der Verwahrstelle vorgenommen. Sofern keine Fortführung des Fonds möglich ist (z.B. durch Übernahme durch eine andere KVG), könnte der Fonds unter Aufsicht der BaFin einfach liquidiert und die Anlegergelder ausgezahlt werden. Aber auch der Ausfall der Verwahrstelle ist trotz ihrer vielfältigen und bedeutsamen Aufgaben relativ unkritisch. Denn es handelt sich dabei im Wesentlichen um rein banktypische, formale Aufgaben, die aufgrund der geltenden Gesetze und Vorschriften quasi standardisiert sind. Damit sind die Verwahrstellen in der Praxis schnell "austauschbar".

Falls eine ausfällt, springt die nächste ein

So sieht das KAGB ausdrücklich vor, dass eine KVG unverzüglich eine neue Verwahrstelle beauftragt, sofern die BaFin gegen die bisherige Verwahrstelle Maßnahmen verhängt, die es dieser unmöglich machen, ihre Aufgaben im Investmentdreieck weiter wahrzunehmen (z.B. im Fall einer Insolvenz oder anderer erheblicher Probleme). Hierzu gibt es entsprechende Erlasse der BaFin an die KVGs, im Rahmen ihres Risikomanagements entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Dazu gehört z.B., dass alternative Verwahrstellen nicht nur vorab festgelegt, sondern auch dokumentiert werden.

Verwahrstellen sind in der Regel große, länderübergreifend tätige Dienstleister, die genau auf solche Dienste spezialisiert sind und keine anderen banktypischen Geschäfte durchführen, die mit entsprechen­den Risiken verbunden sind. Der deutsche Fondsverband BVI listet halbjährlich die wichtigsten Verwahr­stellen in Deutschland auf. Der Sitz der Verwahrstelle richtet sich nach dem Fondsdomizil. Viele Fonds/ETFs sind zwar in Luxemburg oder Irland aufgelegt (und damit auch die jeweiligen Verwahrstellen), aber da die genannten Regeln EU-weit gelten, ändert sich an den genannten Abläufen nichts.

Sieht man also von dem Risiko ab, dass ein Fonds bei Ausfall der KVG (zu ungünstigen Kursen) zwangs­liquidiert wird (das ich bei Standard-ETFssiehe Folge 2 dieser Serie – für sehr gering halte), können wir als Langfristanleger den Ausfall von KVG und Verwahrstelle einfach aussitzen.

Warum auch die Restrisiken eher theoretisch sind

Ein Restrisiko besteht theoretisch allerdings hinsichtlich des Barvermögens eines Fonds: Dieses ist – auch wenn es sich unter Obhut der Verwahrstelle des Fonds und auf einem sogenannten Sperrkonto befindet – nicht Teil des Fonds-Sondervermögens. Im Ernstfall gehen diese Barmittel also in die Insolvenzmasse der Verwahrstelle, sind also unter Umständen verloren. Um dieses Risiko zu begrenzen, dürfen OGAW-Fonds nicht mehr als 20 % ihres Fondsvermögens in bar bei einem Geldinstitut (auch nicht bei der eigenen Verwahrstelle) platzieren. In der Regel halten aber die meisten Fonds nur wenig Barmittel (typisch: weniger als 5 %), da dieses nicht investierte Vermögen die Rendite verwässert.

Bei (Standard-)ETFs ist dieses Risiko de facto ohnehin nicht vorhanden, denn diese bilden passiv einen Index nach und müssen dazu grundsätzlich voll investiert sein. Barmittel kommen bei ETFs also nur in geringem Umfang (z.B. durch Dividendenzahlungen) und zeitweilig vor. Bei vielen Standard-ETFs liegt der Barmittelbestand in der Regel deutlich unter 1 %.

Fazit

Fonds – und damit auch ETFs – sind aus Anlegersicht von ihrer Konstruktion her eine sehr sichere Sache. Die Fondsbranche ist seit Jahrzehnten durch EU-weite einheitliche Regeln stark reglementiert. Das sorgt für ein dichtes Netz von Überwachungs- und Kontrollmechanismen, die bisher jede Krise überstanden haben. Das gilt folglich auch für ETFs. Insbesondere bei passiven ETFs sind sogar die verbleibenden Restrisiken nur theoretischer Natur.

Im stockstreet Geldanlage-Brief, dem Börsendienst für Vermögen und Wohlstand, nehme ich ebenfalls ETFs ins Depot. Über die Sicherheit der ETFs musst du dir dabei keine Sorge machen, um die Rendite kümmere ich mich. Überzeuge dich selbst – mit dem 30-tägigen kostenlosen Probeabo, inklusive vollem Zugriff auf das Online-Archiv ab 2018, auch während der Testphase!

Und hier die Links zu den bisherigen Folgen dieser Serie:

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