Kommentar
07:00 Uhr, 08.02.2025

ETF-Auswahl: Mit drei einfachen Schritten zum Erfolg

ETFs sind langweilig? Kann man so sehen. Aber nur die wenigsten Investoren und Trader schaffen es, eine Outperformance zu erzielen. Da wäre es doch gut, den Großteil des Vermögens in einer soliden und renditeträchtigen Anlage zu haben. In der zweiten Folge der ETF-Serie geht es darum, wie man ETFs sinnvoll auswählt.

Wegen der offensichtlichen Vorteile von ETFs (siehe Folge 1 dieser Serie), aber vor allem den horrenden Gebühren klassischer Fonds bei mauen Renditen finden ETFs immer mehr Anhänger. Dieser Boom führt dazu, dass ständig neue Produkte emittiert werden.

Mehr ist nicht gleich besser

Als wir 2008 eine erste Sonderausgabe zu ETFs herausbrachten, war die Zahl der Anbieter ebenso überschaubar wie die Zahl der Produktkategorien. Beide sind seitdem stark angestiegen. Umso wichtiger wird also eine genaue Auswahl der passenden ETFs. Die gute Nachricht ist aber, dass die damaligen Kriterien weiterhin uneingeschränkte Gültigkeit haben.

Und durch das Vorgehen, das ich hier empfehle, werden zudem eine Menge "unnützer" ETFs, die es inzwischen leider auch gibt, automatisch aussortiert. Dadurch lichtet sich der Produkt-Dschungel bereits erheblich. Und mit den folgenden, leicht nachzuvollziehenden und einfach umzusetzenden Schritten, hast Du im Handumdrehen den oder die richtigen ETF(s) fürs Depot gefunden!

Am Anfang stehen ein paar "Grundsatzfragen"

Der erste Schritt ist so einfach wie logisch: Lege zunächst fest, auf welchen Märkten Du investieren willst. Parameter sind zunächst die infrage kommenden Vermögensklassen, also Aktien, Anleihen, Rohstoffe usw., dann die verschiedenen Regionen bzw. Länder und gegebenenfalls einzelne Branchen. Allerdings gilt auch hier: Weniger ist mehr! Mehr als die drei oben genannten Vermögensklassen solltest du mit ETFs nicht abzudecken versuchen. Der Grund: Bei allen anderen Vermögensklassen (z.B. Immobilien) landest Du am Ende doch wieder bei Aktien und damit dem entsprechenden Marktrisiko. Eine Ausnahme sind Edelmetalle: Sofern es um den Sicherheitsaspekt geht, ist der physische Besitz vorteilhafter; wenn Flexibilität im Vordergrund steht, eignet sich ein ETF besser.

Auch bei der Streuung nach Regionen oder Ländern solltest Du zurückhaltend bleiben und nur wenige, dafür aber umfassende Gebiete auswählen. Statt eines DAX-ETFs nimm lieber einen Europa-ETF, und dann auch keinen auf den Euro STOXX 50, sondern besser den STOXX 600 oder den MSCI Europe. Mit einem solchen ETF und je einem weiteren auf den breiten US-Markt (z.B. S&P 500 oder MSCI USA) und die Emerging Markets bist Du mit nur drei Investments bei Aktien schon breit genug aufgestellt!

Für alle, die noch mehr reduzieren wollen und daher mit dem MSCI World liebäugeln, ein wichtiger Hinweis: Der MSCI World Index ist – wie die meisten modernen Indizes – nach Marktkapitalisierung gewichtet. Und weil die USA weltweit der größte Aktienmarkt sind, haben US-Aktien im MSCI World den größten Anteil (aktuell 74 %!). Ein MSCI-World-ETF enthält also zu drei Vierteln USA und von allem anderen ein bisschen (zweigrößtes Land ist Japan mit nur 5,4 %). Für ein ausgewogenes Aktien-Portfolio musst Du also fast zwangsläufig noch die genannten anderen Regionen berücksichtigen. Dann kannst Du aber doch gleich einen reinrassigen US-ETF statt des MSCI World nehmen – und hast zudem einen besseren Überblick, was tatsächlich in deinem Depot steckt.

Zurückhaltung bei Branchen-ETFs

Bei Branchen-ETFs rate ich hingegen grundsätzlich zur Zurückhaltung. Der Grund: Meist sind nur relativ wenige Aktien in den Branchenindizes und damit den entsprechenden ETFs vertreten. Je weniger Aktien aber in einem ETF sind, desto höher ist seine Volatilität und damit auch sein Risiko. So weisen z.B. sowohl in den USA als auch in Europa fast alle Branchenindizes (und damit auch die jeweiligen ETFs) eine höhere Volatilität auf als der Gesamtmarkt bzw. Leitindex. Nur ausgesprochen defensive Branchen erreichen ähnliche Werte wie der S&P 500 und der STOXX 600.

Und je kleiner der regionale Fokus wird, umso gravierender wird das Problem der geringen Aktienanzahl. Das gilt insbesondere, wenn es eigentlich keine "richtigen" Branchen-ETFs, sondern so genannte Themen-ETFs, sind. Das gilt zum Teil schon für ETFs auf "Erneuerbare Energien", "Wasser" oder "Infrastruktur".

Aber keine Regel ohne Ausnahme! So habe ich selbst eine Branchen- bzw. Sektor-ETF-Strategie entworfen. Aber das ist nun wirklich nichts, was man unbedarft nachmachen soll. Abgesehen davon, dass jede Strategie irgendwann auch versagen kann…

Jetzt lichtet sich der Dschungel!

Im zweiten Schritt suchst Du für den von dir ausgewählten Markt bzw. Index die entsprechenden vergleichbaren ETFs heraus. Auch das ist einfacher, als es angesichts des "Dschungels" an ETFs zu erwarten ist. Eine Internetrecherche unter dem Stichwort "ETF-Suche" listet dir eine Reihe von Webseiten auf, wo du die Auswahl nach diversen Kriterien (z.B. Index, Region, Land) komfortabel eingrenzen kannst.

Ich empfehle, dass du dich mit zwei bis drei Seiten vertraut machen, weil mitunter hier und da einzelne Punkte fehlen, die interessant sind, oder diese auch nur übersichtlicher präsentiert werden. Zudem wird gelegentlich auch das Design dieser Seiten geändert und nicht immer empfinden das alle als Verbesserung. Ich persönlich arbeite z.B. meist mit extraETF und justETF, wobei aktuell letztere mein Favorit ist. Das war aber auch schon einmal anders. Auch auf stock3 ist selbstverständlich eine ETF-Suche verbaut.

Wenn Du nach Aktien-ETFs suchst und den passenden, von dir favorisierten Index kennst, kannst Du theoretisch gleich im Auswahlfeld "Index" danach suchen (z.B. S&P 500). Dann erhältst Du zwar wirklich nur die relevanten ETFs – aber inzwischen ist die Zahl der Indizes so groß und unüberschaubar, dass ich persönlich in der Praxis diesen Weg kaum noch gehe.

Wie bei anderen Anlageklassen – z.B. bei Anleihen oder Rohstoffen –, für die Du keinen Index-Favoriten hast, kannst Du auch bei Aktien den Einstieg über "Anlageklasse" und z.B. "Region"/ "Land" wählen, um die Auswahl einzugrenzen. So kommst Du mindestens genauso schnell ans Ziel.

Die konkrete Wahl eines ETFs

Im dritten und letzten Schritt geht es an die konkrete Auswahl: Auf den einschlägigen Webseiten findest Du eine ganze Palette von Kriterien, die für die ETFs angegeben werden. Bedeutsam sind aus meiner Sicht aber lediglich zwei: die Fondsgröße und die Kosten. Es gilt die Regel, dass Du nur einen der größten ETFs wählen solltest. (Hinweis: Sofern nicht explizit die "Fondsgröße" oder das "Fondsvolumen" als Kriterium angegeben ist, schau nach "Assets under Management" bzw. "AuM". Das bedeutet dasselbe.) Meist hat der größte auch die geringsten Kosten oder zumindest nur geringfügig höhere als der günstigste ETF.

Es gibt noch zwei weitere Kriterien, die unter Umständen Einfluss auf die Auswahl haben. Das eine ist die Ausschüttung. Wie bei klassischen Fonds gibt es ausschüttende ETFs und solche, welche die Erträge wiederanlegen ("thesaurierend"). Für die Langfristanlage sind wegen des Zinseszinseffekts thesaurierende Fonds zu bevorzugen, auch wenn in Deutschland seit der jüngsten Steueränderung Ende 2017 für thesaurierende Fonds fiktive Ausschüttungen zu versteuern sind. Wenn Du die eine oder andere Ausschüttungsmethode bevorzugst, kannst Du im zweiten Schritt (siehe oben) zusätzlich zur Auswahl von Index, Anlageklasse usw. auch die Ausschüttungsart wählen und erhaltst dann nur die jeweilig passenden ETFs angezeigt. "Deinen" konkreten ETF wählst Du dann erneut nach Größe und Kosten (siehe oben).

Was sonst noch zu beachten ist

Das andere zusätzliche Auswahlkriterium ist die sogenannte Replikationsmethode, die "physisch" oder "synthetisch" sein kann. Bei der physischen Abbildung des Index werden die Wertpapiere des Index tatsächlich gekauft (und landen dann im ETF-Sondervermögen; siehe Folge 1), bei der synthetischen Methode wird ein Teil des ETFs (maximal bis zu 10 %) durch Derivate (sogenannte Swaps) gebildet, wobei der Rest des ETF-Vermögens zwar aus Wertpapieren besteht, diese aber nicht unbedingt den Werten des Index entsprechen müssen. Der Swap sorgt dann dafür, dass der ETF doch dem zugrundeliegenden Index folgt.

So enthielten anfangs z.B. manche DAX-ETFs japanische Aktien plus Swap, was natürlich zu erheblicher Verwirrung bei den Anlegern geführt hat und daher bald geändert wurde. Eine solche Swap-Kon­struktion ist nicht per se risikoreicher als die physische Methode (diese unterliegt ebenfalls einigen speziellen Risiken; siehe Folge 3), aber zumindest bei Aktien dürfte es den meisten Anlegern "sympathischer" sein zu wissen, dass tatsächlich die "richtigen" Aktien in ihrem ETF sind und nicht ein doch sehr undurchschaubares Derivate-Konstrukt. Bei manchen ETFs (z.B. auf Rohstoffe) geht das aber vielfach nicht anders, weil hier eine physische Abbildung zu den üblichen ETF-Kosten nicht praktikabel wäre. Ei­ne Ausnahme sind einige Edelmetall-ETFs.

Ein weiteres Vorsichtsprinzip kann nicht schaden

Wenn Du mehrere ETFs ins Depot nimmst, kann es sein, dass dabei nach der Größe/Kosten-Auswahl­methode nur Produkte von einer oder zwei Fondsgesellschaften durch das Filter rutschen, z.B. iShares/ Blackrock. Aus Gründen der Vorsicht solltest Du dann lieber hier und da eine andere Fondsgesellschaft wählen, auch wenn deren ETF "nur" der zweit- oder drittbeste ist. "Im Prinzip" sollte zwar aufgrund des ETF-Sondervermögens auch im schlimmsten Fall "nichts" passieren. Aber Vorsicht ist bekanntlich die Mutter der Porzellankiste.

Zum Abschluss noch ein Tipp: Wenn du Genaueres über "Deinen" ETF wissen willst, dann sind die ETF-Auswahlwebseiten nicht immer erste Wahl. In diesem Fall empfiehlt sich immer ein Blick auf die Webseiten der Fondsgesellschaft selbst, denn diese halten ihre Informationen stets aktuell(er). Und wenn Du dort nicht fündig wer­den solltest oder weitere Fragen hast, dann ruf da ruhig an. (Die Telefonnummern findest Du auf den Webseiten.) Die Kollegen dort helfen dir meist besser und freundlicher als jeder Bankberater.

Fazit

Die Auswahl passender ETFs erledigst Du trotz einer scheinbar unüberschaubaren Fülle von Angeboten schnell und einfach mit drei leichten Schritten und einigen wenigen, klar definierten Auswahlkriterien.

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