Kommentar
15:50 Uhr, 12.02.2015

Die Pensionärsbubble und die Todesderivative

Die Leute leben länger – gut, aber gleichzeitig arbeiten sie im Vergleich zur ihrer Lebenszeit immer kürzer – schlecht.

Auf Dauer, das weiß jeder, ist der Zustand unhaltbar, aber da die Politik nicht in der Lage scheint die offensichtliche Problematik zu adressieren, muss es mal wieder die Wall Street richten – die Katastrophe scheint also vorprogrammiert.

Das Dilemma stellt sich wie folgt dar:

1) Unternehmen können ihre Pensionsobligationen nicht mehr zahlen und wälzen sie auf Versicherer ab.
2) Die Versicherer müssen sich nun ganz logischerweise gegen das Risiko hedgen, dass die Leute „zu lange leben“.
3) Die Kapazität der Versicherer ist aber zu klein, und deshalb wird nun von der Wall Street erwartet, dass sie dieses Risiko verbrieft und verkauft. Das Wort von "Todesderivativen" macht die Runde.

Vorreiter ist übrigens die Deutsche Bank.

Das Thema ist ein dankbarer Schlagzeilenerzeuger, aber bevor man zum beliebten Wall Street Bashing-Knüppel greift sollte man bedenken, dass es auch hier die Politik ist, die versagt.

Die Subprime-Krise zum Beispiel war ja im tiefsten Grunde nicht vom bösen Finanzmarkt, sondern durch die Politik erzeugt, welche die Banken explizit dazu zwang Kredite in ihr Portfolio aufzunehmen, welche nicht tragbar waren. Die Verbriefung durch die Wall Street war mehr oder weniger ein Akt der Verzweiflung (an dem man nebenbei gut verdienen konnte) um diese Risiken abzuschieben.

2 Kommentare

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  • Simon Hauser
    Simon Hauser Redakteur

    Guter Punkt. Das Niedrigzinsumfeldes ist höchstwahrscheinlich das größte Risiko überhaupt. Wie will man 6% ROA produzieren, wenn die Zinsen immer weiter abdriften?

    13:19 Uhr, 13.02.2015
  • Investor
    Investor

    @Simon Hauser,

    ist der Effekt niedriger Zinsen nicht dominanter als das Altersrisiko?

    Sind die Zinsen niedrig, dann müssen höhere Rücklagen gebildet werden. Der Großteil der Rücklagen wird als EK im Unternehmen gehalten. Jetzt wird der Anteil der Rentner zusätzlich prozentual größer, was letztlich bedeutet, daß ein größerer Anteil der Gewinne für die Renten benötigt werden.

    In meinem Verständnis arbeiten die Versicherungen mit Sterbetafeln, die das Risiko für die Versicherung selbst minimierten. Was nach meinem Verständnis die Firmen jetzt tun, ist die Rücklagen und die Zinsrisiken an die Versicherungen auszulagern und aus ihrer Bilanz zu nehmen und die Risiken für die künftigen Gewinne zu minimieren und die Pensionen zu laufenden Kosten zu transformieren. Dadurch steigt die Eigenkapitalrendite der Firmen, da sie Teile ihres bisherigen EK an die Versicherungen transferiert haben.

    Die Versicherungen müssen jetzt das Risiko fallender Zinsen absichern. Die längerlebensrisiken sind primär über die Sterbetafeln abgedeckt und nur die darübergehenden Risiken sind abzudecken. Die Zinsrisiken sind aber deutlich größer. Absicherung von Zinsen ist core Geschäft von Banken.

    Dies ist einmal mein Verständnis. Aber vielleicht habe ich dies auch nur falsch verstanden dann würde ich mich über Aufklärung freuen ....

    20:12 Uhr, 12.02.2015

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Über den Experten

Simon Hauser
Simon Hauser
Redakteur

Simon Hauser hält für Guidants News die Stellung in North Carolina und sendet aus sicherer Entfernung zur Wall Street Echtzeitnachrichten in die Welt. Leider spielen die Kennzahlen der Wirtschaftsteilnehmer oft nur eine untergeordnete Rolle und werden dominiert von einem hysterischen Medienzirkus, punktundkommalosem Zentralbank-Blubber, und mysteriösen Algo-Kreaturen. Simon Hauser hat über die Jahre als aktiver Börsenteilnehmer ein krudes Interesse für diese Dinge, welche in einer perfekten Welt eigentlich keine Rolle spielen sollten entwickelt, und versucht (mit wechselndem Erfolg) zu ergründen was die Kurse wirklich treibt.

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