Fundamentale Nachricht
15:09 Uhr, 12.12.2019

Die Nerven behalten: Investieren in einem spätzyklischen Umfeld

Die Experten von Jupiter Asset Management ziehen ein Resümee aus den vergangenen zwölf Monaten und wagen einen Ausblick auf das Investmentjahr 2020. Im sechsten und letzten Teil der Serie geben Alastair Irvine, Alastair Gunn und Rhys Petheram einen Ausblick auf die US-Wahlen, die Geldpolitik und das Value-Investing.

Noch ein Jahr – dann sind schon wieder Wahlen in den USA! Sollte Donald Trump das Amtsenthebungsverfahren überleben, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass die Republikanische Partei (GOP) ihn gegen einen alternativen Kandidaten austauschen wird. Die Demokraten müssen dagegen ihren Kandidaten noch küren, aber im Grunde zeichnet sich ein Duell zwischen dem moderaten Joe Biden und der progressiven Sozialistin Elizabeth Warren ab. Während 2016 weithin angenommen und von vielen sogar erhofft wurde, dass Trump nicht für eine zweite Amtszeit kandidiert, geschweige denn wiedergewählt wird, sollte man derzeit lieber keine Wette darauf eingehen.

Lässt man einmal Trumps „Liebt mich oder hasst mich” Personalität außen vor, besagt eine alte Weisheit, dass der Erfolg bei US-Wahlen seit jeher mit der Wirtschaftslage steigt und fällt. Nachdem er seinen Handelskrieg hauptsächlich mit China begonnen hat – aber eigentlich so ziemlich mit jedem Land, das einen erheblichen Handelsüberschuss mit den USA vorweist und mit dem er zusätzliche geopolitische Streitereien hat – muss Trump einen Weg finden, um die Handelsgespräche zu einem zügigen Abschluss zu bringen, der seiner Strategie entspricht oder er sollte zumindest nachweisen, dass er noch Herr der Lage ist.

Eine Lösung muss her, da die Spannungen, verursacht durch seine Strafzölle sowie die Gegenreaktion aus Peking, unmittelbar zu einer Verlangsamung nicht nur der Weltwirtschaft, sondern auch der US-Wirtschaft beitragen. Das US-Wirtschaftswachstum soll sich im Jahr 2020 auf geschätzte 1,7 Prozent abschwächen, gegenüber 2,2 Prozent in diesem Jahr und 2,9 Prozent im Jahr 2018, und dieser Trend könnte sich durchaus zu einem harten politischen Gegenwind für Trumps Wiederwahl entwickeln. In der Tat könnte es im Interesse des chinesischen Präsidenten Xi liegen, die Pattsituation hinauszuzögern, um Trumps Hoffnungen auf einen Wahlsieg zu zerstören und eine demokratische Regierung an die Macht zu bringen, die gezwungen wäre, aus einer schwachen Position heraus ein Entgegenkommen mit Peking einzuleiten. Xi kann sich auf einem weit größeren wirtschaftlichen Polster ausruhen als Trump – Chinas Wirtschaft verlangsamt sich zwar ebenfalls, weist aber immer noch die dreifache Wachstumsrate der USA auf – und er hat nicht die Last zu tragen, feste Termine mit seiner Wählerschaft einhalten zu müssen.

Trump übt erheblichen Druck auf die US-Notenbank aus, um die Wirtschaft mit niedrigeren Zinssätzen anzukurbeln. Aber obwohl die Fed mehr Spielraum hat als die meisten anderen Notenbanken, ist ihre Feuerkraft begrenzt, und die Zinssätze liegen bereits unter 2 Prozent. Die Aktionen der Fed im Jahr 2019 waren bemerkenswert schwerfällig – ständig war sie quasi auf Aufholjagd mit den Anlegern in festverzinsliche Werte, die die Warnsignale für eine beginnende Abschwächung viel früher erkannten als die Zentralbank.

Es wäre töricht, Anlageentscheidungen zu treffen, indem man versucht, den Ausgang der Präsidentschaftswahlen vorherzusehen – ein Ereignis mit einer Entweder-oder Entscheidung, das noch Monate entfernt ist. Ebenso sollte man nicht voreilig den Ausgang der Handelskrise mutmaßen: Trotz der jüngsten besänftigenden Worte seitens des Weißen Hauses haben sich seit Einführung der Zölle viele Versprechen als trügerisch erwiesen – der Konflikt hat sich eher verschärft! Die beste Strategie ist, den gegenwärtigen Zustand des Handelskonflikts in Kauf zu nehmen, bis ein Abkommen beschlossen wurde und die Tinte auf dem Papier trocken ist – und erst dann Bilanz zu ziehen.

Präsidentschaftswahlen bewegen sich von Natur aus auf einer sehr persönlichen Ebene und sind voll auf Konfrontation gerichtet. Angesichts des Charakters von Donald Trump traf genau dies bei den Wahlen 2016 mehr als sonst irgendwann zu. Eine todsichere Vorhersage gibt es dennoch: Auch bei den Wahlen 2020 wird wieder ein gleichermaßen erbitterter Kampf ausgetragen.

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