Fundamentale Nachricht
17:20 Uhr, 05.05.2021

Die Mischung macht’s – auch bei grünen Investments

Rhys Petheram, Head of Environmental Solutions und Fondsmanager, und Jon Wallace, Fondsmanager, Environment and Sustainability bei Jupiter Asset Management, legen großen Wert auf eine breite Diversifikation und durchforsten das gesamte Anlageuniversum nach Unternehmen, die den Wandel weiter vorantreiben.

Investoren legen immer größeren Wert auf eine aktive Positionierung zu Umweltthemen wie Klimawandel und Biodiversität. Die COVID-Pandemie hat diesen Trend weiter beschleunigt. Nach Angaben von Morningstar haben sich die Nettozuflüsse in nachhaltige Fonds, die europäischen Investoren zur Verfügung stehen, im vergangenen Jahr gegenüber 2019 fast verdoppelt. Das wirft die Frage auf, ob diese Anlageflüsse eine eigene Dynamik an den Kapitalmärkten anstoßen. Im E-Auto-Segment zum Beispiel erscheinen einige Aktien inzwischen sehr teuer.

Trotz der Höherbewertung von Umweltthemen gibt es unserer Ansicht nach immer noch unterbewertete Chancen. Das gilt insbesondere für Unternehmen, die Lösungen für die Kreislaufwirtschaft bereitstellen, zum Beispiel nachhaltige Materialien und Lösungen für einen verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen. Einer der jüngsten Neuzugänge in unserem Aktienportfolio ist zum Beispiel ein Anbieter von Biomaterialien. Dagegen war unser Engagement im Bereich saubere Energie – wo wir viele Überbewertungen sehen – zuletzt auf dem niedrigsten Stand seit drei Jahren.

Biodiversität – das neue grüne Thema?

Aktuell steht das Klimathema erfreulicherweise sehr stark im Fokus der Öffentlichkeit. Schon in wenigen Jahren könnte das breitere Thema Biodiversität aber genauso viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Biodiversität steht im direkten Zusammenhang mit dem Klimawandel: Wälder sind Kohlenstoffspeicher und die Erderwärmung gefährdet viele Arten. Aber Biodiversität umfasst noch viel mehr: Sie ist von grundlegender Bedeutung für unsere Ernährung und andere ‚Ökosystem-Dienstleistungen‘ wie zum Beispiel die Entwicklung neuer Arzneimittel. Die Bilanzierungs- und Finanzinfrastruktur, die derzeit für das Klimathema geschaffen wird, könnte ebenso auf das Thema Biodiversität angewendet werden.

Wenig beachtete oder unterschätzte Anbieter von Umweltlösungen zu finden, war nie wichtiger als heute. Glücklicherweise ist das ökologische Anlageuniversum riesig. Wir suchen dabei – sowohl auf der Aktien- als auch der Anleiheseite – nach attraktiven Anlagemöglichkeiten in sieben großen Themenbereichen: 1) Kreislaufwirtschaft, 2) saubere Energie, 3) Wasser, 4) Mobilität, 5) Energieeffizienz, 6) nachhaltige Landwirtschaft, Ernährung und Gesundheit sowie 7) Umweltdienstleistungen.

Diversifikation und Risikomanagement mit grünen Anleihen

Im Green-Bond-Sektor stellt die Notwendigkeit, eine ausreichende Bandbreite an Emittenten zu finden, um das Zins-, Sektor- und Kreditrisiko aktiv zu managen, Anleger vor Herausforderungen. Die steigende Anzahl an Emissionen grüner Anleihen mit unterschiedlichen Laufzeiten ermöglicht uns, das Durationsrisiko über verschiedene Währungen hinweg zu managen. Zur Steuerung des Kreditrisikos haben wir dagegen auf das Universum der „Unlabelled Green Bonds“ zurückgreifen müssen. Dank vermehrter Emissionen grüner Anleihen von weiter unten auf der Ratingskala bis hin zum High-Yield-Bereich konnten grüne Anleihen zuletzt auch beim Management des Kreditrisikos helfen. Die diesjährige Emissionsrate für grüne Hochzinsanleihen ist bislang mehr als doppelt so hoch wie 2020 und fünfmal so hoch wie 2019.

Darüber hinaus begrüßen wir das Wachstum des Marktes für Sustainability-Linked Bonds (SLBs), die sich von Green Bonds unterscheiden. Green Bonds sind Anleihen, deren Erlöse in Klima- oder Umweltprojekte fließen. Bei SLBs variieren die vertraglichen Konditionen – wie zum Beispiel die Kupons – in Abhängigkeit davon, ob das emittierende Unternehmen ökologische Leistungskennzahlen (KPIs) erreicht. Die KPIs für SLBs beziehen sich in der Regel auf das Umweltprofil eines Unternehmens (zum Beispiel seinen CO2-Fußabdruck) anstatt auf die direkten Umweltauswirkungen seiner Produkte und Dienstleistungen. Wir sind jedoch der Ansicht, dass sie in Kombination mit einem Green Bond zu einem leistungsstärkeren, zukunftsweisenden Instrument werden. Ein Beispiel dafür ist die jüngst von einem großen österreichischen Stromversorger emittierte grüne SLB-Anleihe. Auch der im März vorgelegte Haushaltsplan der britischen Regierung sieht die Emission einer grünen Staatsanleihe vor und wir liefern in enger Zusammenarbeit mit der britischen Investment Association (IA) Input für die Strukturierung dieser Anleihe, um ihre Wirkung zu maximieren.

Grüner Systemumbau – Impulse der Regierungen entscheidend

Auch die Zentralbanken werden „grüner“. So umfasst das Mandat der Bank of England (BoE) seit Neuestem auch die Unterstützung des Netto-Null-Emissionsziels der britischen Regierung. Die britische Notenbank hält allerdings nur Unternehmensanleihen im Wert von rund 20 Mrd. GBP und ist damit ein deutlich kleinerer Player an diesem Markt als die Europäische Zentralbank (EZB). Die gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte (TLTROs) der EZB, ein Programm, das den Banken günstige Mittel für eine gezieltere Kreditvergabe zur Verfügung stellt, könnten sich als wichtiger Impulsgeber für die grüne Kreditvergabe erweisen. Die US-Notenbank Fed hinkt der EZB etwas hinterher, hat aber jüngst einen Ausschuss gegründet, der sich mit der Berücksichtigung klimabezogener Risiken bei der Bewertung der Finanzstabilität befasst.

Die wichtigsten Impulse für einen Systemumbau und die Entwicklung der zur Erreichung der Klimaziele erforderlichen Lösungen und Projekte dürften aber nicht von den Zentralbanken, sondern von den Regierungen ausgehen – und ihr wichtigstes Instrument wird die Fiskalpolitik sein. Die Regierungen werden zunehmend erkennen, wie wichtig es ist, „externe Effekte“ – sprich versteckte Umweltkosten, zum Beispiel durch eine Produktionsanlage, die die Luft verschmutzt oder zum Artensterben beiträgt – zu „internalisieren“ bzw. den Unternehmen in Rechnung zu stellen.

Das Ausmaß und die Tragweite des erforderlichen Wandels wird in den nächsten Jahren enorme Investitionsmöglichkeiten eröffnen. Einige dieser Chancen sind jetzt schon klar erkennbar, andere werden sich mit der Zeit herausbilden. Die Veränderungen werden sowohl weitreichender als auch vielfältiger in ihren Auswirkungen sein als viele erwarten. Deshalb legen wir großen Wert auf eine breite Diversifikation und durchforsten das gesamte Anlageuniversum nach Unternehmen, die den Wandel weiter vorantreiben.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen