Kommentar
07:49 Uhr, 29.06.2018

Die EZB und ihr schlechtes Timing: Ist das Absicht?

Es ist beschlossene Sache. Die EZB wird ihr QE Programm Ende 2018 beenden. Das Timing dafür könnte jedoch nicht schlechter sein.

Es muss wohl sehr viel passieren, damit die EZB von ihrem Kurs noch Abstand nimmt. Das letzte Statement zur Geldpolitik war ziemlich eindeutig. Demnach läuft das Programm bis September wie gehabt weiter. Darauf folgt eine Halbierung der Käufe in den verbleibenden Monaten des Jahres (Grafik 1). 2019 werden dann keine Staatsschulden mehr gekauft.

Das Programm wird am Ende fast vier Jahre lang gelaufen sein. In dieser Zeit hat die Notenbank einen erheblichen Teil der Staatsschulden übernommen (Grafik 2). Bis Ende 2018 wird die EZB fast 2,2 Billionen Euro an Schulden vom Markt genommen haben. Allein auf Deutschland entfallen gut 500 Mrd. Das entspricht knapp 25 % aller ausstehenden Schulden der Bundesrepublik.

Nur Slowenien und die Slowakei haben noch mehr profitiert. Hier gehören der Notenbank dann 28,4 % bzw. 26,5 % der Schulden. Länder mit überdurchschnittlich hoher Verschuldung, z.B. Italien, profitieren weniger. Hier hält die Notenbank am Ende „nur“ 15 % der Schulden.

Länder wie Deutschland werden bei dem Programm begünstigt, weil sie einen hohen Anteil am Kapital der Notenbank haben. Nach dem Kapitalschlüssel entscheidet sich wie viel gekauft werden muss. Gleichzeitig ist die Verschuldung unterdurchschnittlich. Dadurch wird von der Notenbank ein überproportional hoher Anteil an den Schulden gehalten.

Für hochverschuldete Länder hilft das QE Programm, ist aber am Ende nur ein Tropfen auf den heißen Stein (Grafik 3). Portugal ist mit 130 % seiner Wirtschaftsleistung verschuldet. 19 Prozentpunkte hält die Notenbank. Das lässt für Privatinvestoren immer noch über 110 %. Es ändert das Gesamtbild kaum.

Trotzdem ist es beschlossene Sache, dass QE enden wird. Die Zinsen werden frühestens im zweiten Halbjahr 2019 steigen. Das ist für die hochverschuldeten Staaten ein Lichtblick, aber vermutlich nicht genug. Die Wirtschaft beginnt sich gerade abzuschwächen.

Robustes Wachstum hat im vergangenen Jahr die Verschuldung fast überall sinken oder stagnieren lassen. Langsameres Wachstum wird das erschweren. Im schlimmsten Fall schlittern wir in eine Rezession. Dann steigt die Verschuldung schnell wieder um 10 Prozentpunkte.

Die geldpolitische Wende kommt in einer kritischen Phase. Sie fällt in den Abschwung hinein. Das ist so ziemlich das dümmste, was man sich ausdenken kann. Eine Katastrophe muss das deswegen nicht automatisch sein. Solange Staaten an einer vernünftigen Haushaltspolitik festhalten, ist keine Wiederholung der Eurokrise zu befürchten.

Wollen Staaten hingegen die Schleusen öffnen – wie unlängst in Italien gesehen – reagiert der Markt prompt. Ohne QE und einem Abschwung ist das Risiko eines Zinsschocks für einzelne Euroländer sehr groß. Das Timing der EZB ist wirklich schlecht. Dafür ist die EZB inzwischen jedoch bekannt. 2011 wurden die Zinsen angehoben – vollkommen fehlplatziert. QE wurde dann 2015 aufgelegt, als die Eurokrise praktisch vorüber war. Jetzt wird die Geldpolitik in den Abschwung hinein gestrafft. Wenigstens bleibt sich die EZB beim Timing treu.

Lesen Sie dazu auch: Droht jetzt der totale Crash?

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7 Kommentare

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  • wolp
    wolp

    Ja, ist bekannt.

    11:29 Uhr, 29.06.2018
  • kingmidas
    kingmidas

    Wie viel Gehalt kassiert der Versager Draghi eigentlich? Ist das bekannt?

    10:45 Uhr, 29.06.2018
  • Austrochris
    Austrochris

    Aber mit über 21 000 Milliarden Schulden im Rücken sollte sich die Fed auch nicht entzücken !

    08:26 Uhr, 29.06.2018
  • Austrochris
    Austrochris

    Wobei die Fed bereits zu weit ist . Die Zinsfalle für die hochverschuldeten Privat Haushalte der Amis wird voll zuschlagen ! Die Fed kann dann wenigstens die Zinsen senken . Draghi kann maximal den Kopf senken und wird nicht wissen was er machen soll .

    08:24 Uhr, 29.06.2018
  • Daniel Kühn
    Daniel Kühn Freier Finanzjournalist

    Man muss natürlich dazu sagen dass die geldpolitische "Straffung" auf einem sehr sehr sehr niedrigen Niveau erfolgt und die Fed schon ein paar Jahre weiter ist. Die ZInsen hätten von vornherein am besten nie auf null gesenkt werden dürfen.

    08:21 Uhr, 29.06.2018
  • Austrochris
    Austrochris

    Der Euro fährt auch Achterbahn . Rauf und runter , dass einem schwindlig wird .

    Vielleicht macht ja heute einen Looping ! 😂

    08:13 Uhr, 29.06.2018
  • Austrochris
    Austrochris

    Stimme da voll zu ! Draghi spielt modernes Monopoly ! Die Würfel sind gefallen und 2019 wird spannend . Abschwung und steigende Zinsen sind ein sehr interessanter Cocktail für 2019 !

    Dazu noch über dem Teich Trumpmania mit America First . Kann drüben wie herüben " dragisch " enden !!!

    08:11 Uhr, 29.06.2018

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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