Kommentar
11:57 Uhr, 13.09.2007

Die "Commercials" im Silberhandel - Das Wissen der Insider nutzen

Seit Ende Februar hatten die Silberbullen nicht mehr viel zu lachen, denn an diesem Punkt etablierte das Edelmetall einen mittelfristigen Abwärtstrend, der sich über die Hochpunkte am 26. Februar, 5. Juni und 6. August definiert. Auch in der letzten Aufwärtsbewegung vollzieht Silber den dynamischen Anstieg von Gold nur unterproportional nach. Um das Chartbild mittelfristig aufzuhellen, ist es daher erforderlich, den bei etwa 12,80 USD je Feinunze laufenden Abwärtstrend nachhaltig zu überwinden. Aktuell notiert das Edelmetall bei etwa 12,60 USD.

Die Commercials

Die Chancen stehen trotz der zuletzt enttäuschenden Entwicklung infolge des jüngsten „Commitment of Traders“ (CoT)-Reports nicht so schlecht, wie es der Chart auf den ersten Blick suggeriert. Denn die „Commercials“ haben den jüngsten Ausverkauf genutzt, um ihre Shortpositionen in Silber weiter zu reduzieren, was bullisch zu werten ist. Die Commercials sind eine Gruppe von Marktteilnehmern, die so groß und einflussreich sind, dass sie durch US-Bundesgesetze verpflichtet wurden, ihre Käufe und Verkäufe von Silber- und anderen Kontrakten wie Rohöl oder Weizen wöchentlich bekanntzugeben. Auf der Webseite (www.cftc.gov) der „Commodity Futures Trading Commission“ (CFTC) kann das Verhalten dieser Anleger am Futures-Markt jeden Freitag kostenfrei abgerufen werden. Commercials sind Unternehmen wie Nabisco oder General Motors, die Rohstoffe benötigen und Gewinn aus den daraus hergestellten Produkten erzielen. Sie wollen den Bezug der Rohstoffe als Grundlage ihrer eigentlichen Geschäftstätigkeit preislich absichern. An Preisspekulationen beteiligen sie sich hingegen nicht. Die Commercials sind für etwa 60% des Marktvolumens verantwortlich. Kein Rohstoffhändler der Welt ist mächtiger, klüger oder besser informiert als diese „Supermächte der Finanzwelt“. Als Anleger sollte man deshalb keine Position eingehen ohne zu schauen, was die Commercials machen. Deren Verhalten ist zumeist ein hervorragender Indikator für zukünftige Preisentwicklungen.

Anwendungsregeln bei Silber

  1. Die Commercials haben im Silber seit 24 Jahren keine Longposition mehr eingenommen. Dies ist für ein bullisches Sentiment auch nicht erforderlich. Denn es gibt Rohstoffe, in denen die Commercials noch nie „long“ positioniert waren.
  2. Sollten die Commercials im Silber jemals wieder eine Longposition einnehmen, muss mit einer großen Hausse gerechnet werden.
  3. Immer wenn die Commercials große Shortpositionen eingegangen sind, ist der Preis gefallen.
  4. Manchmal kaufen die Commercials zu früh, doch nur sehr selten verkaufen sie zu spät!
  5. Weichen die Positionierungen erheblich von den Normalwerten ab, kann dies ein Zeichen für bullische oder bärische Markthaltung sein.
  6. Sind Shortpositionen der Commercials gemessen an der Aktivität der jüngeren Vergangenheit relativ klein, spricht dies für einen steigenden Preis.

Aktuelle Situation

Das Verhalten der Commercials ist insbesondere dann von Interesse, wenn sie für ihre Verhältnisse eine ungewöhnliche Marktpositionierung eingenommen haben, was derzeit der Fall ist. Inzwischen sind die Commercials „netto“ so wenig short positioniert wie seit April 2003 nicht mehr. Der aktuelle Report vom 7. September zeigt, dass die Commercials 24.833 Silber-Kontrakte verkauft haben. Das ist das niedrigste Niveau im laufenden Jahr. Noch bis Mitte August waren sie immer mehr als 40.000 Silber-Kontrakte „short“. Die Commercials haben damit den Ausverkauf bei dem Edelmetall im Rahmen des Abwärtstrends seit dem Jahreshoch genutzt, um ihre Shortpositionen zu reduzieren. Vor gut viereinhalb Jahren lag der Silberpreis noch bei unter 5,00 USD. Auf eine damals vergleichbare Positionierung der Supermächte der Finanzmärkte hin, folgte dann eine neue Hausse.

Was sagt die Charttechnik?

Silber notiert derzeit bei rund 12,60 USD. Der MACD hat auf Tagesbasis ein Kaufsignal geliefert und dieses mit dem Schneiden der Null-Linie bestätigt. Das Edelmetall hat zwar das obere Bollinger-Band überdehnt, ist aber nicht nennenswert überkauft. Dies spricht dafür, dass die laufende Erholung kurzfristig noch bis zur übergeordneten Abwärtstrendlinie bei 12,80 USD laufen kann. Dort dürfte die Schlacht Silber-Bullen gegen -Bären zum fünften Mal seit Ende Februar geschlagen werden. An dem Widerstand wird sich dann entscheiden, ob der jüngste Anstieg in eine nachhaltige Aufwärtsbewegung mündet oder es sich nur um einen Pullback im Abwärtstrend handelt. Der Goldpreis ist mittlerweile durch die Decke gegangen und kann nach dem zwischenzeitlich höchsten Stand seit Mitte Mai 2006 mittelfristig bis in den Bereich von 730,00 USD (Jahreshoch 2006) laufen. Für Silber in Korrelation zu Gold deutet dies gleichfalls auf weitere Kursgewinne hin. Mittelfristig könnte Silber durch den Bruch des Abwärtstrends über verschiedene Widerstandsbereiche hinaus einen neuen Anlauf in Richtung des Jahreshochs von 14,74 USD nehmen. Für den Fall bietet es sich an, oberhalb des Abwärtstrends einen Stopp-Kauf zu platzieren. Die Commercials stehen der Entwicklung jedenfalls nicht im Weg.

Christian Pohl - Head of Research bei der FX Direkt Bank

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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