Kommentar
19:00 Uhr, 24.08.2016

Der neuste Anlagehit: Vorzugsaktien

Vorzugsaktie ist nicht gleich Vorzugsaktie. Es gibt derzeit einen wahren Run auf diese, doch Anleger sollten vorsichtig sein, vor allem beim amerikanischen Modell.

In Deutschland versteht man unter einer Vorzugsaktie die Aktie eines Unternehmens, die im Gegensatz zur Stammaktie kein Stimmrecht hat. Dafür erhalten Anleger im Normalfall eine höhere Dividende. In anderen Ländern funktionieren Vorzugsaktien ganz anders. Sie sind im Prinzip Anleihen.

Der neueste Anlagehit sind US-Vorzugsaktien. Es handelt sich bei diesen Aktien jedoch nicht wirklich um Aktien. Sie werden wie Anleihen mit einem Nominalwert ausgegeben und werden zum Nominalwert von Unternehmen zurückgekauft, wenn dieses vorgesehen ist.

Im Gegensatz zu Anleihen haben Besitzer von Vorzugsaktien einen Anteil am Eigenkapital des Unternehmens. Das hilft im Ernstfall wenig. Geht ein Unternehmen in den Bankrott und ist das Eigenkapital nichts mehr wert, dann hilft das natürlich nicht. Immerhin, Vorzugsaktien sind höher gestellt als normale Aktien. Sofern nach Abzug aller Schulden noch Werte vorhanden sind, werden Besitzer von Vorzugsaktien noch bedient.

Wie in Deutschland erhalten Halter von US-Vorzugsaktien eine höhere Dividende. Die Dividende ist nicht nur höher als die der Stammaktien, sondern auch höher als die Rendite von Anleihen desselben Unternehmens. Das liegt daran, dass Vorzugsaktien ein höheres Ausfallsrisiko haben.

Lesen Sie dazu auch: Börsenanomalie - Die aktuellen Vorzüge der Stammaktien

US-Vorzugsaktien (Preferred Stock) werden wie Anleihen ausgegeben und zurückgezahlt. Anleger erhalten Zinszahlungen wie bei Anleihen, allerdings sind diese höher. Dafür ist auch das Ausfallrisiko höher und Vorzugsaktien haben kein Stimmrecht. Für die einen klingt das wie das beste aus zwei Welten (Aktien und Anleihen) für die anderen wie das schlechteste der beiden Welten.

Der Markt scheint überwiegend das Positive zu sehen. Seit 2010 bewegen sich US Vorzugsaktien stabil seitwärts (Grafik 1). Die Dividendenrendite kann sich durchaus sehen lassen. Sie liegt derzeit bei 5,6 %. Das ist viel weniger als kurz nach der Finanzkrise, doch das lag allein daran, dass die Kurse stark einbrachen. Die Dividenden selbst waren ziemlich stabil.

Grafik 2 zeigt eines der großen Probleme von US-Vorzugsaktien. In Krisenzeiten wie 2008/09 verlieren die Kurse deutlich. In guten Zeiten wie jetzt bleiben die Kurse jedoch stabil. Anleger haben also das gesamte Risiko eines Bärenmarktes, aber verpassen einen Bullenmarkt. Der S&P Preferred Stock Index hat seit Ausgabe im Jahr 2006 ungefähr 16 % verloren. Der Total Return Index, der die Dividenden berücksichtigt, konnte 74 % zulegen.


Im Vergleich zum Aktienmarkt ist die Performance gar nicht schlecht. Die US-Leitindizes haben zwischen 2006 und 2016 etwas weniger an Wert gewonnen. So steht der S&P 500 mit gut 60 % im Plus. Das schließt allerdings Dividenden aus. Inklusive Dividenden hat sich der S&P 500 verdoppelt.

Während der Finanzkrise verloren Vorzugsaktien 60 %. Der S&P 500 Total Return Index verlor lediglich 50 %. Da fragt man sich schon, worin der Vorteil der US-Vorzugsaktien liegt. Die Volatilität ist in schlechten Jahren genauso hoch wie bei herkömmlichen Aktien. Das Aufwärtspotential im Bullenmarkt ist dafür stark begrenzt.

Nun kommt noch ein weiterer Faktor hinzu. In der Suche nach regelmäßigen Einkommen haben Anleger bereits andere dividendenstarke Sektoren hochgekauft (z.B. Versorger, die so hoch bewertet sind wie seit Jahrzehnten nicht mehr). Nun verleiben sich Anleger Preferred Stocks ein, sodass die Rendite hier einerseits sinkt und das Kursrisiko andererseits wieder deutlich steigt. Mit Vernunft hat das nicht mehr viel zu tun. Das ist schon eine gewisse Blindheit für die extrem hohen Risiken, die letztlich hinter diesen Konstrukten stecken. Das zeigt, dass die Notenbankpolitik Anleger in die Verzweiflung treibt und sie blind für Risiken macht.

Clemens Schmale

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5 Kommentare

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  • Chronos
    Chronos

    Ich verstehe oft den POV von Clemens nicht.

    Immer der Versuch Dinge fundamental zu erleuchten, immer mit amerikanischen Daten

    und Zahlenmaterial. Gut, US ist ein riesiger Markt und historisch einer der ältesten.

    Nur warum sind die Artikel nicht gleich in englisch für den US-Markt geschrieben?

    Es ging nicht generell um Risiko und es ging auch nicht um pauschale Aussagen.

    Die Pauschalität hat eben etwas mit dem Land und der Währung zu tun, aus dem agiert wird.

    Nicht nur homebias, sondern auch Tax-Bias.

    Für Anleger aus D-A-CH

    Ein Yankee wird kaum aus Währungsangst fremd in € anlegen, eher in CAN. BPb oder gleich einer vollen Währungsspeku...

    Eine Berkshire wird oft zitiert, macht nur kaum Sinn. Alternative blackrock.

    Eine AIG wurde "verdammt" aufgrund bankrott, bietet aber wesentlich weniger risk und mehr Dividende als eine DeuBa (Trump-Risk). Beide sind systemrelevant.

    Eine Lindt&Sprüngli, GIN sind elementar, aber eben ein ganz schöner Brocken in der Stückelung, das war mal bei Roche nicht anders.

    Ein kleines Tröpfchen (Damla) bietet für Europäer gar keine wirkliche Alternative zwischen Heimatmarkt und ADR. TUL war und ist Vorzeige in der US-Bilanzierung.

    Invest in türkischer Lira wäre vllt. zeitweise noch einen Gedanken wert, aber selbst charting brauche ich bei den dünnen Umsätzen in Vergleich zur US-Börse gar nicht anfangen.

    Die Türken sind über die NATO, wie bei den Saudis derzeit noch US-Vasallen, daher sind Anfragen über Handel Istanbul mehr akademisch.

    Warum wird nicht logisch und eigentlich einfach angefangen und dann wirklich fundamental

    aufgearbeitet?

    A-Muscheln und B-Muscheln, mit ihren unterschiedlichen Lagerländern und Differnzierung der Quellensteuer; Allianz mit dem amerikanischen Teiler-ADR (1:10) Unilever usw.

    10:40 Uhr, 25.08. 2016

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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